Die Grenzboten. Jg. 30, 1871, II. Semester. II. Band.können, wenn der Beamtenstand diesem Grundsatz jederzeit gefolgt wäre, und Erst jetzt finden die wenigen Männer ihren vollen Werth, die sich von Was seine nationalen Ueberzeugungen anlangt, so war er darin weiter Der untrennbare Zusammenhang, in welchem die klerikalen Tendenzen Beide Herren hatten ihre Demission dem König eingereicht, und da die- können, wenn der Beamtenstand diesem Grundsatz jederzeit gefolgt wäre, und Erst jetzt finden die wenigen Männer ihren vollen Werth, die sich von Was seine nationalen Ueberzeugungen anlangt, so war er darin weiter Der untrennbare Zusammenhang, in welchem die klerikalen Tendenzen Beide Herren hatten ihre Demission dem König eingereicht, und da die- <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0156" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/192457"/> <p xml:id="ID_607" prev="#ID_606"> können, wenn der Beamtenstand diesem Grundsatz jederzeit gefolgt wäre, und<lb/> der unberechenbare Schaden, den die Cultur des Landes daraus nahm, daß<lb/> das Gegentheil geschah, kommt erst jetzt allmälig zum Bewußtsein des Vol¬<lb/> kes und der Negierung.</p><lb/> <p xml:id="ID_608"> Erst jetzt finden die wenigen Männer ihren vollen Werth, die sich von<lb/> diesem bureaukratischen Marasmus frei erhalten haben, und wenn Pfeuffer,<lb/> der noch ein junger Mann ist, heute an den Ministertisch berufen ward,<lb/> so lag der Grund vor allem in dem Uebergewicht, das er nach dieser Seite<lb/> hin besitzt.</p><lb/> <p xml:id="ID_609"> Was seine nationalen Ueberzeugungen anlangt, so war er darin weiter<lb/> vorgeschritten, als der Mehrzahl seiner Collegen lieb sein mochte; hiezu<lb/> kam, daß die Pfalz, der er vorstand, fast nur durch n^tionalliberale Depu¬<lb/> tate vertreten ist, und daß man ihm nicht ohne Grund eben diesen Regie¬<lb/> rungsbezirk überwies. Im vergangenen Jahre, als der Kronprinz von Preu¬<lb/> ßen nach Frankreich zog, war sein Hauptquartier drei Tage lang im Hause<lb/> des Präsidenten.</p><lb/> <p xml:id="ID_610"> Der untrennbare Zusammenhang, in welchem die klerikalen Tendenzen<lb/> zur nationalen Frage stehn, läßt leicht errathen, welche Stellung Herr<lb/> v. Pseusfer auch in dieser Beziehung einnimmt. Die dritte der Excellenzen,<lb/> die in das neue Ministerium eintraten, ist Dr-. Fäustle, bis dahin Rath im<lb/> Ministerium der Justiz. Bekanntlich hatte derselbe auf die erste Einladung,<lb/> das Portefeuille zu übernehmen, ablehnend geantwortet und zwar nur de߬<lb/> halb, weil die damalige Constellation des neuen Cabinets nicht eben das<lb/> Beste erwarten ließ. Fäustle (der der Sohn eines Schullehrers in Augsburg<lb/> ist) hat die Carriere des Richters von der untersten Stufe an durchgemacht<lb/> und die Unabhängigkeit, die dieser Stand gerade in Baiern genießt, entsprach<lb/> ganz seinem persönlichen Charakter. Aus seinen Ueberzeugungen machte er<lb/> nie ein Hehl, denn schon vor Jahren trat er offen in die Reihen der Fort¬<lb/> schrittspartei und unterzeichnete das Programm, das diese kurz vor den Land¬<lb/> tagswahlen erließ. Auch als Redner in öffentlichen Versammlungen trat er<lb/> hervor: kurzum, man wußte was man von seiner Amtsführung erwarten<lb/> durfte. Den drei neuernannten Ministern stehen jene drei gegenüber, die in<lb/> ihrem Amte verblieben — Hr. v. Pfretzschner, v. Lutz und Frhr. v. Prankh.<lb/> Indessen soll man bei diesem Ausdrucke nicht an einen Gegensatz der Gesin¬<lb/> nung denken. Denn der erste und letztgenannte sind lediglich Fachminister<lb/> und schließen sich der Majorität des Cabinets an, und was Hrn. v. Lutz<lb/> betrifft, so hat derselbe offen erklärt, daß nur der Widerspruch mit dem Gra¬<lb/> sen Bray ihn an einem energischen Vorgehen gegen die Ultramontanen ver¬<lb/> hindert habe.</p><lb/> <p xml:id="ID_611" next="#ID_612"> Beide Herren hatten ihre Demission dem König eingereicht, und da die-</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0156]
können, wenn der Beamtenstand diesem Grundsatz jederzeit gefolgt wäre, und
der unberechenbare Schaden, den die Cultur des Landes daraus nahm, daß
das Gegentheil geschah, kommt erst jetzt allmälig zum Bewußtsein des Vol¬
kes und der Negierung.
Erst jetzt finden die wenigen Männer ihren vollen Werth, die sich von
diesem bureaukratischen Marasmus frei erhalten haben, und wenn Pfeuffer,
der noch ein junger Mann ist, heute an den Ministertisch berufen ward,
so lag der Grund vor allem in dem Uebergewicht, das er nach dieser Seite
hin besitzt.
Was seine nationalen Ueberzeugungen anlangt, so war er darin weiter
vorgeschritten, als der Mehrzahl seiner Collegen lieb sein mochte; hiezu
kam, daß die Pfalz, der er vorstand, fast nur durch n^tionalliberale Depu¬
tate vertreten ist, und daß man ihm nicht ohne Grund eben diesen Regie¬
rungsbezirk überwies. Im vergangenen Jahre, als der Kronprinz von Preu¬
ßen nach Frankreich zog, war sein Hauptquartier drei Tage lang im Hause
des Präsidenten.
Der untrennbare Zusammenhang, in welchem die klerikalen Tendenzen
zur nationalen Frage stehn, läßt leicht errathen, welche Stellung Herr
v. Pseusfer auch in dieser Beziehung einnimmt. Die dritte der Excellenzen,
die in das neue Ministerium eintraten, ist Dr-. Fäustle, bis dahin Rath im
Ministerium der Justiz. Bekanntlich hatte derselbe auf die erste Einladung,
das Portefeuille zu übernehmen, ablehnend geantwortet und zwar nur de߬
halb, weil die damalige Constellation des neuen Cabinets nicht eben das
Beste erwarten ließ. Fäustle (der der Sohn eines Schullehrers in Augsburg
ist) hat die Carriere des Richters von der untersten Stufe an durchgemacht
und die Unabhängigkeit, die dieser Stand gerade in Baiern genießt, entsprach
ganz seinem persönlichen Charakter. Aus seinen Ueberzeugungen machte er
nie ein Hehl, denn schon vor Jahren trat er offen in die Reihen der Fort¬
schrittspartei und unterzeichnete das Programm, das diese kurz vor den Land¬
tagswahlen erließ. Auch als Redner in öffentlichen Versammlungen trat er
hervor: kurzum, man wußte was man von seiner Amtsführung erwarten
durfte. Den drei neuernannten Ministern stehen jene drei gegenüber, die in
ihrem Amte verblieben — Hr. v. Pfretzschner, v. Lutz und Frhr. v. Prankh.
Indessen soll man bei diesem Ausdrucke nicht an einen Gegensatz der Gesin¬
nung denken. Denn der erste und letztgenannte sind lediglich Fachminister
und schließen sich der Majorität des Cabinets an, und was Hrn. v. Lutz
betrifft, so hat derselbe offen erklärt, daß nur der Widerspruch mit dem Gra¬
sen Bray ihn an einem energischen Vorgehen gegen die Ultramontanen ver¬
hindert habe.
Beide Herren hatten ihre Demission dem König eingereicht, und da die-
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