Die Grenzboten. Jg. 30, 1871, II. Semester. II. Band.vetu, gewiß ein competenter Richter -- von einem schwachen Fürsten sich zu Wir erinnern zunächst ganz kurz an das Walten der katholischen Könige Das Nothwendigste war, daß man der Rechtsunsicherheit, der allgemeinen vetu, gewiß ein competenter Richter — von einem schwachen Fürsten sich zu Wir erinnern zunächst ganz kurz an das Walten der katholischen Könige Das Nothwendigste war, daß man der Rechtsunsicherheit, der allgemeinen <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0135" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/192436"/> <p xml:id="ID_511" prev="#ID_510"> vetu, gewiß ein competenter Richter — von einem schwachen Fürsten sich zu<lb/> dem angesehensten und berühmtesten Herrscher der Christenheit gemacht-, und<lb/> wenn wir seine mannichfachen Resultate erwägen, müssen wir gestehen, sie<lb/> alle sind großartig und einige sogar wahrhaft außerordentlich." Grade in<lb/> der auswärtigen Politik zeigt sich Ferdinands Größe: seine Ziele sind der<lb/> Natur seines Staates entsprechend gewählt; seine Mittel stehen im Verhältniß<lb/> zu seinen Kräften ; die Art und Weise seiner Action ist von dem jedesmaligen<lb/> Bedürfniß eingegeben; und die diplomatische Campagne gelangt nicht min¬<lb/> der ruhmvoll und sieggekrönt zu ihrem Ende als die militairische Entfaltung<lb/> der spanischen Volkskräfte.</p><lb/> <p xml:id="ID_512"> Wir erinnern zunächst ganz kurz an das Walten der katholischen Könige<lb/> im Innern ihrer Reiche. In verschiedenen Richtungen lag ein weites Feld<lb/> ihrer organisatorischen Thätigkeit offen: bezeichnend ist, wie sie verfahren<lb/> sind. Weit entfernt, politische Theorien, abstracte Sätze verwirklichen zu wollen,<lb/> nahmen die Könige bei jeder Maßregel von dem Bestehenden den Ausgang:<lb/> an vorhandene Institutionen sich anlehnend, war ihr Bestreben, das vorge¬<lb/> fundene politische Material in staatlichem Sinne zu entwickeln, auszubilden,<lb/> umzubiegen: selbst die staatsfeindlichen Elemente zwangen sie in den Dienst<lb/> ihrer Monarchie.</p><lb/> <p xml:id="ID_513" next="#ID_514"> Das Nothwendigste war, daß man der Rechtsunsicherheit, der allgemeinen<lb/> Verwirrung und Auflösung des geordneten Lebens ein Ende mache. Man<lb/> benutzte ein altes populäres Institut zu diesem Zwecke. Schon im Mittel¬<lb/> alter hatten die Städte Castiliens Bündnisse, „Verbrüderungen", Iioi'mumiiulW,<lb/> zu gegenseitigem Schutze wider die Uebergriffe und Bedrückungen des Landes¬<lb/> adels geschlossen; wiederholt hatten diese Bündnisse große Ausdehnung ge¬<lb/> wonnen und mit bewaffneter Hand ebensowohl gegen den König als gegen<lb/> den Adel sich behauptet. Hieran knüpften Ferdinand und Jsabella an, indem<lb/> sie zugleich in die Einrichtung wesentliche Veränderungen einschoben. Auf<lb/> den Cortes von Madrigal 1476 brachten sie eine neue Verbrüderung aller<lb/> Städte in Castilien zu Stande: diese „heilige Brüderschaft" sollte die Waffe<lb/> gegen den Adel abgeben. Die Krone selbst übernahm die Führung, sie setzte<lb/> ihre Ehre ein, daß man ihrem Walten Gehorsam schaffe. Die Königin per¬<lb/> sönlich bemühte sich in Andalusien 1477 den Widerstand einzelner Großen<lb/> zu brechen und zu strafen; scharfe Verordnungen wurden erlassen, zuletzt hießen<lb/> die Cortes von Tordelaguna 1485 den Blutcodex der Hermandad mit lautem<lb/> Beifall gut, und verkündigten ihn als Landesgesetz. Der Arm der neuen<lb/> Landesjustiz traf schnell und schneidig, und auch die Höchsten und Trotzigsten<lb/> waren bald von ihm niedergebeugt und dem ordentlichen Richter unterworfen.<lb/> Ein höchstes königliches Tribunal, aus Personen des dritten Standes besetzt,<lb/> wachte über der localen Rechtspflege. In Toledo wurde 1480 die Codifica</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0135]
vetu, gewiß ein competenter Richter — von einem schwachen Fürsten sich zu
dem angesehensten und berühmtesten Herrscher der Christenheit gemacht-, und
wenn wir seine mannichfachen Resultate erwägen, müssen wir gestehen, sie
alle sind großartig und einige sogar wahrhaft außerordentlich." Grade in
der auswärtigen Politik zeigt sich Ferdinands Größe: seine Ziele sind der
Natur seines Staates entsprechend gewählt; seine Mittel stehen im Verhältniß
zu seinen Kräften ; die Art und Weise seiner Action ist von dem jedesmaligen
Bedürfniß eingegeben; und die diplomatische Campagne gelangt nicht min¬
der ruhmvoll und sieggekrönt zu ihrem Ende als die militairische Entfaltung
der spanischen Volkskräfte.
Wir erinnern zunächst ganz kurz an das Walten der katholischen Könige
im Innern ihrer Reiche. In verschiedenen Richtungen lag ein weites Feld
ihrer organisatorischen Thätigkeit offen: bezeichnend ist, wie sie verfahren
sind. Weit entfernt, politische Theorien, abstracte Sätze verwirklichen zu wollen,
nahmen die Könige bei jeder Maßregel von dem Bestehenden den Ausgang:
an vorhandene Institutionen sich anlehnend, war ihr Bestreben, das vorge¬
fundene politische Material in staatlichem Sinne zu entwickeln, auszubilden,
umzubiegen: selbst die staatsfeindlichen Elemente zwangen sie in den Dienst
ihrer Monarchie.
Das Nothwendigste war, daß man der Rechtsunsicherheit, der allgemeinen
Verwirrung und Auflösung des geordneten Lebens ein Ende mache. Man
benutzte ein altes populäres Institut zu diesem Zwecke. Schon im Mittel¬
alter hatten die Städte Castiliens Bündnisse, „Verbrüderungen", Iioi'mumiiulW,
zu gegenseitigem Schutze wider die Uebergriffe und Bedrückungen des Landes¬
adels geschlossen; wiederholt hatten diese Bündnisse große Ausdehnung ge¬
wonnen und mit bewaffneter Hand ebensowohl gegen den König als gegen
den Adel sich behauptet. Hieran knüpften Ferdinand und Jsabella an, indem
sie zugleich in die Einrichtung wesentliche Veränderungen einschoben. Auf
den Cortes von Madrigal 1476 brachten sie eine neue Verbrüderung aller
Städte in Castilien zu Stande: diese „heilige Brüderschaft" sollte die Waffe
gegen den Adel abgeben. Die Krone selbst übernahm die Führung, sie setzte
ihre Ehre ein, daß man ihrem Walten Gehorsam schaffe. Die Königin per¬
sönlich bemühte sich in Andalusien 1477 den Widerstand einzelner Großen
zu brechen und zu strafen; scharfe Verordnungen wurden erlassen, zuletzt hießen
die Cortes von Tordelaguna 1485 den Blutcodex der Hermandad mit lautem
Beifall gut, und verkündigten ihn als Landesgesetz. Der Arm der neuen
Landesjustiz traf schnell und schneidig, und auch die Höchsten und Trotzigsten
waren bald von ihm niedergebeugt und dem ordentlichen Richter unterworfen.
Ein höchstes königliches Tribunal, aus Personen des dritten Standes besetzt,
wachte über der localen Rechtspflege. In Toledo wurde 1480 die Codifica
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