Die Grenzboten. Jg. 30, 1871, II. Semester. II. Band.ßigen Händen längst verstorbener Herzoginnen mit Gold- und Silberfäden Es ist auch eine für damalige Zeit gar wichtige Begebenheit: zwei junge Da stehn sie, schmuck angethan mit den neuen derben Wämsern von Leise winkt der hochmögende Kanzler von Wolgast, Herr Valentin von ßigen Händen längst verstorbener Herzoginnen mit Gold- und Silberfäden Es ist auch eine für damalige Zeit gar wichtige Begebenheit: zwei junge Da stehn sie, schmuck angethan mit den neuen derben Wämsern von Leise winkt der hochmögende Kanzler von Wolgast, Herr Valentin von <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0013" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/192313"/> <p xml:id="ID_19" prev="#ID_18"> ßigen Händen längst verstorbener Herzoginnen mit Gold- und Silberfäden<lb/> kunstvoll gestickt, sitzen die Herzogin Witwe Maria und ihre Töchter Amalia,<lb/> Margaretha und Anna nebst Fräulein Georgia, der Stiefschwester Herzog<lb/> Philipp's — alle mit ihren besten seidenen und sammtenen, reich mit kost¬<lb/> barem Pelz verbrämten Gewändern und blitzenden Goldhauben angethan.<lb/> An ihren Stühlen lehnen die jungen Herzöge: der 21jährige Johann Friedrich —<lb/> dem Namen nach regierender Fürst, der in der That aber die Lasten und<lb/> Sorgen des Regiments bei seiner Jugend noch herzlich gern seinem kundigen<lb/> Kanzler und den Räthen überläßt; — der l 9jährige Bogislaw und der kleine<lb/> Kasimir. Auch die jungen Herzöge sind mit kostbaren Wämsern, blitzenden<lb/> Wehrgehenken und güldenen Kettlein geschmückt. Eine feierliche Staatsaction<lb/> muß vor sich gehen, denn sonst geht Herzogin Maria mit ihren Töchtern be¬<lb/> scheiden in selbst gewebten linnenen und wollenen Gewändern einher und die<lb/> Herzöge in Kollets von Hirschleder.</p><lb/> <p xml:id="ID_20"> Es ist auch eine für damalige Zeit gar wichtige Begebenheit: zwei junge<lb/> Söhne des Herzoglichen Hauses sollen heut aus der Heimat scheiden — auf<lb/> mehrere Jahre, um in dem fernen Wittenberg den Studien obzuliegen. Und<lb/> in dieser Stunde sollen sie feierlich entlassen werden.</p><lb/> <p xml:id="ID_21"> Da stehn sie, schmuck angethan mit den neuen derben Wämsern von<lb/> jagdgrünem Tuch und den sauberen hirschledernen Hosen, eine weiße gestickte<lb/> Linnenkrause um den entblößten Hals, am oberen Ende der Halle, bescheiden<lb/> vor dem regierenden jungen Bruder, der edlen Mutter, dem Kanzler und den<lb/> Räthen--der 18jährige hochgewachsene Ernst Ludwig mit den edlen<lb/> milden Zügen und der brave frohsinnige Barnim im ganzen Glück seiner<lb/> sorglosen vierzehn Jahre. Ihre Augen leuchten von Jugendlust und frohesten<lb/> Hoffnungen. . . draußen lacht ja die wunderschöne Frühlingswelt im Son¬<lb/> nenglanz — die Lerchen jubiliren und die Obstbäume stehen in voller weißer<lb/> Blüte und aus allen Kelchen strömt ein süßer weicher Frühlingsduft und in<lb/> diese wunderschöne weite Welt dürfen sie jetzt hinausziehn — in weite unbe¬<lb/> kannte traumhafte Fernen — sorglos und frei.</p><lb/> <p xml:id="ID_22"> Leise winkt der hochmögende Kanzler von Wolgast, Herr Valentin von<lb/> Eickstedt, der schon unter Herzog Philipp zum Segen des Landes dies wich¬<lb/> tige Amt inne gehabt. — und aus dem Gefolge der beiden reiselustigen Her¬<lb/> zöge tritt, eine gewaltige Pergamentrolle in Händen, bedächtig und etwas<lb/> zaghaft ein älterer Mann vor. Es ist der Hofmeister von Küssow. Mit 10<lb/> Edelknaben, denen auf „unterthänige Bitten ihrer Eltern diese Gnade erzeigt<lb/> ist", nebst einem Magister, Küchenmeister, Koch. Barbier und mehreren<lb/> Dienern soll er Ihre Fürstliche Gnaden auf die Universität begleiten, obgleich<lb/> er selber Weib und Kind, Haus und Hof in Pommern zurückläßt.</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0013]
ßigen Händen längst verstorbener Herzoginnen mit Gold- und Silberfäden
kunstvoll gestickt, sitzen die Herzogin Witwe Maria und ihre Töchter Amalia,
Margaretha und Anna nebst Fräulein Georgia, der Stiefschwester Herzog
Philipp's — alle mit ihren besten seidenen und sammtenen, reich mit kost¬
barem Pelz verbrämten Gewändern und blitzenden Goldhauben angethan.
An ihren Stühlen lehnen die jungen Herzöge: der 21jährige Johann Friedrich —
dem Namen nach regierender Fürst, der in der That aber die Lasten und
Sorgen des Regiments bei seiner Jugend noch herzlich gern seinem kundigen
Kanzler und den Räthen überläßt; — der l 9jährige Bogislaw und der kleine
Kasimir. Auch die jungen Herzöge sind mit kostbaren Wämsern, blitzenden
Wehrgehenken und güldenen Kettlein geschmückt. Eine feierliche Staatsaction
muß vor sich gehen, denn sonst geht Herzogin Maria mit ihren Töchtern be¬
scheiden in selbst gewebten linnenen und wollenen Gewändern einher und die
Herzöge in Kollets von Hirschleder.
Es ist auch eine für damalige Zeit gar wichtige Begebenheit: zwei junge
Söhne des Herzoglichen Hauses sollen heut aus der Heimat scheiden — auf
mehrere Jahre, um in dem fernen Wittenberg den Studien obzuliegen. Und
in dieser Stunde sollen sie feierlich entlassen werden.
Da stehn sie, schmuck angethan mit den neuen derben Wämsern von
jagdgrünem Tuch und den sauberen hirschledernen Hosen, eine weiße gestickte
Linnenkrause um den entblößten Hals, am oberen Ende der Halle, bescheiden
vor dem regierenden jungen Bruder, der edlen Mutter, dem Kanzler und den
Räthen--der 18jährige hochgewachsene Ernst Ludwig mit den edlen
milden Zügen und der brave frohsinnige Barnim im ganzen Glück seiner
sorglosen vierzehn Jahre. Ihre Augen leuchten von Jugendlust und frohesten
Hoffnungen. . . draußen lacht ja die wunderschöne Frühlingswelt im Son¬
nenglanz — die Lerchen jubiliren und die Obstbäume stehen in voller weißer
Blüte und aus allen Kelchen strömt ein süßer weicher Frühlingsduft und in
diese wunderschöne weite Welt dürfen sie jetzt hinausziehn — in weite unbe¬
kannte traumhafte Fernen — sorglos und frei.
Leise winkt der hochmögende Kanzler von Wolgast, Herr Valentin von
Eickstedt, der schon unter Herzog Philipp zum Segen des Landes dies wich¬
tige Amt inne gehabt. — und aus dem Gefolge der beiden reiselustigen Her¬
zöge tritt, eine gewaltige Pergamentrolle in Händen, bedächtig und etwas
zaghaft ein älterer Mann vor. Es ist der Hofmeister von Küssow. Mit 10
Edelknaben, denen auf „unterthänige Bitten ihrer Eltern diese Gnade erzeigt
ist", nebst einem Magister, Küchenmeister, Koch. Barbier und mehreren
Dienern soll er Ihre Fürstliche Gnaden auf die Universität begleiten, obgleich
er selber Weib und Kind, Haus und Hof in Pommern zurückläßt.
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