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Die Grenzboten. Jg. 30, 1871, II. Semester. I. Band.

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sagte er, "meine Hoffnung darauf, daß das einzige Journal, welches eristirte,
ganz und gar unbedeutend, schlecht verwaltet und aller Anziehung baar war,
aber dennoch seinem Unternehmer Bradford Geld einbrachte." Franklin ver¬
stand aber nicht, seine Absicht so lange geheim zu halten, bis er alle zur
Ausführung seines Unternehmens nöthigen Mittel zur Hand hatte, und Kei¬
ner, ein ihm befreundeter Drucker, durch eine Indiscretion von seinem Bor¬
haben unterrichtet, beeilte sich, dem jungen Journalisten zuvorzukommen. Er
vertheilte ungesäumt in Philadelphia einen Prospectus mit den schönsten Ver¬
sprechungen und ließ in den ersten Tagen von 1729 ein Journal erscheinen,
das den gewaltigen Titel trug, "Me universal Instruetor an all arts s,na
"eieuevs", oder Pennsylvania Gazette. Ein weniger mit Hülfsmitteln ausge¬
statteter Mensch, als Franklin, würde sicherlich ängstlich geworden sein, aber
als geborner Journalist hatte er seine Revanche gleich zur Hand. Er machte
sich zum freiwilligen Mitarbeiter Bradford's, um dessen Blatt aufzuhelfen
und den Aufschwung der Rivalin zu verhindern. Der American Mercury
veröffentlichte unter dem Titel "IKs Lusv-Laäv" eine Serie von Artikeln
über die Sitten, Gebräuche und Lächerlichkeiten des Landes, eine wahre Galerie
von moralischen Satiren, in denen sowohl Addison's Stil wie Ideen nach¬
geahmt sind. Keiner konnte einen solchen Kampf nicht lange bestehen: schon
vor Ablauf des dritten Semesters machte er Franklin das Anerbieten, sein
Journal mit dessen 90 Abonnenten für einen Spottpreis zu übernehmen, auf
welches Anerbieten der junge, unternehmende Drucker auch ohne Zögern ein¬
ging. Die erste Nummer der Pennsylvania Gazette, die unter der Presse
Franklin's hervorging, ist die vierzigste, veröffentlicht am 26. Septbr. 1729.
Der neue Besitzer wandelte das, Blatt ganz und gar um, indem er demselben
ein gewähltes Aeußere und correcten, reinlichen Druck gab. Etwas Aehnliches
hatte man in der Typographie der Provinz, wo die öffentlichen Verordnungen
auf grauem, schmutzigem Papier gedruckt wurden, noch nicht gesehen. Aber
nicht nur in der äußeren Ausstattung, sondern auch in der Politik that sich
die Pennsylvania Gazette hervor. Gleich vom ersten Tage an trat sie mit
einem bestimmten, klaren Programm auf. In dem großen Kampf zwischen
dem Gouverneur Burnet und dem gesetzgebenden Körper, ein Kampf, der
unter allen nachfolgenden Gouverneuren fortdauern sollte, stritt Franklin mit
offenem Visir für die Versammlung. Er veröffentlichte am 2. October 1729,
d. h. in der zweiten von ihm ausgegebenen Nummer einen Artikel voller Sa¬
tire gegen das Mutterland und dessen Gouverneur, in welchem er muthig die
Principien der Unabhängigkeit, der Bolksrechte und des Selfgovernment ver¬
focht. Dieses muthige Bekenntniß, diese Deklaration freiheitlicher Principien,
brachte Franklin mit einem Schlag alle Mitglieder der Legislative zu Abon¬
nenten ein und wandte ihm, neben manchen anderen Vortheilen, auch das


sagte er, „meine Hoffnung darauf, daß das einzige Journal, welches eristirte,
ganz und gar unbedeutend, schlecht verwaltet und aller Anziehung baar war,
aber dennoch seinem Unternehmer Bradford Geld einbrachte." Franklin ver¬
stand aber nicht, seine Absicht so lange geheim zu halten, bis er alle zur
Ausführung seines Unternehmens nöthigen Mittel zur Hand hatte, und Kei¬
ner, ein ihm befreundeter Drucker, durch eine Indiscretion von seinem Bor¬
haben unterrichtet, beeilte sich, dem jungen Journalisten zuvorzukommen. Er
vertheilte ungesäumt in Philadelphia einen Prospectus mit den schönsten Ver¬
sprechungen und ließ in den ersten Tagen von 1729 ein Journal erscheinen,
das den gewaltigen Titel trug, „Me universal Instruetor an all arts s,na
»eieuevs", oder Pennsylvania Gazette. Ein weniger mit Hülfsmitteln ausge¬
statteter Mensch, als Franklin, würde sicherlich ängstlich geworden sein, aber
als geborner Journalist hatte er seine Revanche gleich zur Hand. Er machte
sich zum freiwilligen Mitarbeiter Bradford's, um dessen Blatt aufzuhelfen
und den Aufschwung der Rivalin zu verhindern. Der American Mercury
veröffentlichte unter dem Titel „IKs Lusv-Laäv" eine Serie von Artikeln
über die Sitten, Gebräuche und Lächerlichkeiten des Landes, eine wahre Galerie
von moralischen Satiren, in denen sowohl Addison's Stil wie Ideen nach¬
geahmt sind. Keiner konnte einen solchen Kampf nicht lange bestehen: schon
vor Ablauf des dritten Semesters machte er Franklin das Anerbieten, sein
Journal mit dessen 90 Abonnenten für einen Spottpreis zu übernehmen, auf
welches Anerbieten der junge, unternehmende Drucker auch ohne Zögern ein¬
ging. Die erste Nummer der Pennsylvania Gazette, die unter der Presse
Franklin's hervorging, ist die vierzigste, veröffentlicht am 26. Septbr. 1729.
Der neue Besitzer wandelte das, Blatt ganz und gar um, indem er demselben
ein gewähltes Aeußere und correcten, reinlichen Druck gab. Etwas Aehnliches
hatte man in der Typographie der Provinz, wo die öffentlichen Verordnungen
auf grauem, schmutzigem Papier gedruckt wurden, noch nicht gesehen. Aber
nicht nur in der äußeren Ausstattung, sondern auch in der Politik that sich
die Pennsylvania Gazette hervor. Gleich vom ersten Tage an trat sie mit
einem bestimmten, klaren Programm auf. In dem großen Kampf zwischen
dem Gouverneur Burnet und dem gesetzgebenden Körper, ein Kampf, der
unter allen nachfolgenden Gouverneuren fortdauern sollte, stritt Franklin mit
offenem Visir für die Versammlung. Er veröffentlichte am 2. October 1729,
d. h. in der zweiten von ihm ausgegebenen Nummer einen Artikel voller Sa¬
tire gegen das Mutterland und dessen Gouverneur, in welchem er muthig die
Principien der Unabhängigkeit, der Bolksrechte und des Selfgovernment ver¬
focht. Dieses muthige Bekenntniß, diese Deklaration freiheitlicher Principien,
brachte Franklin mit einem Schlag alle Mitglieder der Legislative zu Abon¬
nenten ein und wandte ihm, neben manchen anderen Vortheilen, auch das


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 30, 1871, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341813_126315/501>, abgerufen am 24.07.2024.