Die Grenzboten. Jg. 30, 1871, II. Semester. I. Band.überseeischen und localen Neuigkeiten aufgenommen und mit Sorgfalt gesichtet. überseeischen und localen Neuigkeiten aufgenommen und mit Sorgfalt gesichtet. <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0500" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/126776"/> <p xml:id="ID_1521" prev="#ID_1520" next="#ID_1522"> überseeischen und localen Neuigkeiten aufgenommen und mit Sorgfalt gesichtet.<lb/> Es war das erste amerikanische Journal, das sich bemühte, die Geburten und<lb/> Sterbefälle regelmäßig zu verzeichnen und dadurch der Statistik ermöglichte,<lb/> den Bewegungen der Bevölkerung zu folgen. Neben den bereits genannten<lb/> Zeitungen begegnen wir noch dem Weekly Rehearsal, dessen erste Nummer<lb/> am 27. September 1731 erschien. Dieses Journal wurde ganz allein von<lb/> einem Mann gegründet und redigirt, der eine bedeutende Rolle in Neu-<lb/> England spielte, nämlichJeremias Gridely, einem vorzüglichen Rechtsgelehrten und<lb/> hervorragenden Schriftsteller von liberalen, aber sehr royalistischen Ansichten,<lb/> der nebenbei das eigenthümliche Glück hatte, mehrere hervorragende Mitglie¬<lb/> der der amerikanischen Unabhängigkeit für das Barreau auszubilden. General-<lb/> procurator von Massachusetts, Abgeordneter für die Legislative, Oberst der<lb/> Miliz, Präsident der maritimen Gesellschaft, Großmeister der Freimaurerlogen,<lb/> konnte Jeremias Gridely nicht lange allen diesen Aemtern mit der Redaction<lb/> des Weekly Rehearsal zusammen vorstehen, weßhalb er dieselbe noch in dem¬<lb/> selben Jahre seinem Drucker Thomas Fleck übergab. Dieser, ein englischer<lb/> Radicaler, der seine Vaterstadt London verlassen hatte, um den Verfolgungen<lb/> des Clerus und der Tories zu entgehen, mit denen er als Demokrat reinsten<lb/> Wassers sehr häufig in Händel gerathen war, hatte sich in Boston angesiedelt,<lb/> wo noch heute Nachkommen von ihm eristiren. Fleck, der die Presse seines<lb/> Vaterlandes am Werk gesehen hatte, beeilte sich, sobald er in Besitz des<lb/> Blattes gelangt war, dasselbe vollständig umzuformen. Er änderte den Na¬<lb/> men in den von Evening Post und führte bei demselben das Format, die<lb/> Ausstattung und die Vertheilung der Londoner Journale ein. Die Evening<lb/> Post lebte 23 Jahre in den Händen Fleck's und seiner Söhne; die Unpar¬<lb/> teilichkeit ihrer Redaction, das Verdienst ihrer politischen Artikel, die Mannig¬<lb/> faltigkeit ihrer Berichte, die Wahl ihrer Neuigkeiten sicherten ihr den ersten<lb/> Rang unter den politischen Blättern von Neu-England. Sie würde an der<lb/> Spitze der gesammten amerikanischen Presse gestanden haben, wenn Benjamin<lb/> Franklin nicht wieder in seine Lebenslaufbahn zurückgekehrt wäre. Wir haben<lb/> ihn 1723 Boston verlassen sehen; man muß die Memoiren des großen Mannes<lb/> zur Hand nehmen, wenn man sich von der interessanten und lehrreichen Ge¬<lb/> schichte seiner Prüfungen unterrichten will, die er zu Philadelphia und später<lb/> in England zu bestehen hatte. Fünf Jahre später finden wir ihn wieder in<lb/> Philadelphia, wo er sich als Buchhändler, Drucker und Schreibmaterialien¬<lb/> händler am Marktplatz etablirt hat. Kaum sah sich Franklin an der Spitze<lb/> einer Buchdruckerei, so tauchte schon in ihm wieder der Wunsch auf, eine<lb/> Zeitung zu gründen. Es gab zwar schon eine solche zu Philadelphia, den<lb/> American Mercury, seit 1720 durch Andreas Bradford in's Leben gerufen;<lb/> doch dieser Umstand entmuthigte Franklin nicht. „Ich gründete", so</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0500]
überseeischen und localen Neuigkeiten aufgenommen und mit Sorgfalt gesichtet.
Es war das erste amerikanische Journal, das sich bemühte, die Geburten und
Sterbefälle regelmäßig zu verzeichnen und dadurch der Statistik ermöglichte,
den Bewegungen der Bevölkerung zu folgen. Neben den bereits genannten
Zeitungen begegnen wir noch dem Weekly Rehearsal, dessen erste Nummer
am 27. September 1731 erschien. Dieses Journal wurde ganz allein von
einem Mann gegründet und redigirt, der eine bedeutende Rolle in Neu-
England spielte, nämlichJeremias Gridely, einem vorzüglichen Rechtsgelehrten und
hervorragenden Schriftsteller von liberalen, aber sehr royalistischen Ansichten,
der nebenbei das eigenthümliche Glück hatte, mehrere hervorragende Mitglie¬
der der amerikanischen Unabhängigkeit für das Barreau auszubilden. General-
procurator von Massachusetts, Abgeordneter für die Legislative, Oberst der
Miliz, Präsident der maritimen Gesellschaft, Großmeister der Freimaurerlogen,
konnte Jeremias Gridely nicht lange allen diesen Aemtern mit der Redaction
des Weekly Rehearsal zusammen vorstehen, weßhalb er dieselbe noch in dem¬
selben Jahre seinem Drucker Thomas Fleck übergab. Dieser, ein englischer
Radicaler, der seine Vaterstadt London verlassen hatte, um den Verfolgungen
des Clerus und der Tories zu entgehen, mit denen er als Demokrat reinsten
Wassers sehr häufig in Händel gerathen war, hatte sich in Boston angesiedelt,
wo noch heute Nachkommen von ihm eristiren. Fleck, der die Presse seines
Vaterlandes am Werk gesehen hatte, beeilte sich, sobald er in Besitz des
Blattes gelangt war, dasselbe vollständig umzuformen. Er änderte den Na¬
men in den von Evening Post und führte bei demselben das Format, die
Ausstattung und die Vertheilung der Londoner Journale ein. Die Evening
Post lebte 23 Jahre in den Händen Fleck's und seiner Söhne; die Unpar¬
teilichkeit ihrer Redaction, das Verdienst ihrer politischen Artikel, die Mannig¬
faltigkeit ihrer Berichte, die Wahl ihrer Neuigkeiten sicherten ihr den ersten
Rang unter den politischen Blättern von Neu-England. Sie würde an der
Spitze der gesammten amerikanischen Presse gestanden haben, wenn Benjamin
Franklin nicht wieder in seine Lebenslaufbahn zurückgekehrt wäre. Wir haben
ihn 1723 Boston verlassen sehen; man muß die Memoiren des großen Mannes
zur Hand nehmen, wenn man sich von der interessanten und lehrreichen Ge¬
schichte seiner Prüfungen unterrichten will, die er zu Philadelphia und später
in England zu bestehen hatte. Fünf Jahre später finden wir ihn wieder in
Philadelphia, wo er sich als Buchhändler, Drucker und Schreibmaterialien¬
händler am Marktplatz etablirt hat. Kaum sah sich Franklin an der Spitze
einer Buchdruckerei, so tauchte schon in ihm wieder der Wunsch auf, eine
Zeitung zu gründen. Es gab zwar schon eine solche zu Philadelphia, den
American Mercury, seit 1720 durch Andreas Bradford in's Leben gerufen;
doch dieser Umstand entmuthigte Franklin nicht. „Ich gründete", so
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