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Die Grenzboten. Jg. 30, 1871, II. Semester. I. Band.

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eum als ein Verbrechen angesehen wird, erhalten die Schwindler die einträg¬
lichsten und einflußreichsten Aemter.

Die für 1871 zum Unterhalt der deutschen Flotte ausgeworfene Summe
beträgt drei und eine halbe Million Dollars. Die im Laufe von zwei Jah¬
ren als Abschlagszahlung für gelieferte Holzarbeiten und Möbel im neuen
Gerichtsgebäude verwendeten Beträge belaufen sich fast genau eben so hoch.

Die Ausgaben für das auswärtige Amt des Norddeutschen Bundes be¬
trugen während eines Jahres nicht mehr als die im Jahre 1870 für die An¬
schaffung von Stühlen und Tischen in 10 Neuyorker Waffensäle verschleu¬
derte Summe.

Das ganze Consularwesen des Norddeutschen Bundes erforderte nur halb
so viel Kosten, als die bloßen Reparaturen an den Stuccaturarbeiter des
neuen Gerichtshauses in der Manhattan-Stadt.

Die gesammten directen Einnahmen des Norddeutschen Bundes würden,
wenn wir von den Zolleinkünften absehen, um eine Million zu kurz sein,
wenn es gälte, die Rechnungen von Jngersoll u, Comp. für das neue Ge¬
richtshaus auch nur für zwei Jahre damit auszugleichen.

"Der Gesammtertrag der Einkommensteuer des Königreichs Preußen",
so fährt unser Rechner fort, "betrug für das Jahr 1870 nicht mehr als
5,180,000 Dollars. Für Arbeiten, welche 1869 und 1870 von Jngersoll u.
Comp. angeblich für die Countygebäude und die städtischen Waffensäle von
Neuyork geleistet wurden, sind Zahlungen im Betrage von 5,663,646 Dollars
gemacht worden."

Der Ertrag der preußischen Haussteuer würde um eine volle Million
Dollars zu gering gewesen sein, wenn damit Jngersolls Rechnungen hätten
bezahlt werden sollen. Die Einkünfte aus der Schlachtsteuer würden nicht
ausgereicht haben, um die für die Waffensäle der Stadt Neuyork vorgeblich
gelieferten Stühle und Tische zu bezahlen. Die nach den Auszügen des ge¬
nannten Blattes aus den Taschen der Steuerzahler Gothams escamotirten
und unter die Mitgliedschaft Sanct Tammany's vertheilten Riesensummen
würden genügt haben, um die Zinsen für die preußische Staatsschuld während
des Jahres 1870 ungefähr zur Hälfte zu bezahlen.

Die jährliche Ausgabe, welche dem preußischen Volke für jeden Soldaten
erwächst, beläuft sich auf 225 Thaler. Der Betrag der von der "Newyork
Times" mitgetheilten betrügerischen Rechnungen würde zum Unterhalte von
43,800 preußischen Soldaten oder ungefähr zum Unterhalte der gesammten
königlich sächsischen Armee ausgereicht haben.

Das Blatt bemerkt zu Ende seiner Erörterungen: "Die Auszüge, welche
Wir aus den Büchern des Controllers gebracht haben, liefern den unumstöß-,
lichen Beweis, daß von unsern Stadtbehörden Millionen von Dollars ver-


eum als ein Verbrechen angesehen wird, erhalten die Schwindler die einträg¬
lichsten und einflußreichsten Aemter.

Die für 1871 zum Unterhalt der deutschen Flotte ausgeworfene Summe
beträgt drei und eine halbe Million Dollars. Die im Laufe von zwei Jah¬
ren als Abschlagszahlung für gelieferte Holzarbeiten und Möbel im neuen
Gerichtsgebäude verwendeten Beträge belaufen sich fast genau eben so hoch.

Die Ausgaben für das auswärtige Amt des Norddeutschen Bundes be¬
trugen während eines Jahres nicht mehr als die im Jahre 1870 für die An¬
schaffung von Stühlen und Tischen in 10 Neuyorker Waffensäle verschleu¬
derte Summe.

Das ganze Consularwesen des Norddeutschen Bundes erforderte nur halb
so viel Kosten, als die bloßen Reparaturen an den Stuccaturarbeiter des
neuen Gerichtshauses in der Manhattan-Stadt.

Die gesammten directen Einnahmen des Norddeutschen Bundes würden,
wenn wir von den Zolleinkünften absehen, um eine Million zu kurz sein,
wenn es gälte, die Rechnungen von Jngersoll u, Comp. für das neue Ge¬
richtshaus auch nur für zwei Jahre damit auszugleichen.

„Der Gesammtertrag der Einkommensteuer des Königreichs Preußen",
so fährt unser Rechner fort, „betrug für das Jahr 1870 nicht mehr als
5,180,000 Dollars. Für Arbeiten, welche 1869 und 1870 von Jngersoll u.
Comp. angeblich für die Countygebäude und die städtischen Waffensäle von
Neuyork geleistet wurden, sind Zahlungen im Betrage von 5,663,646 Dollars
gemacht worden."

Der Ertrag der preußischen Haussteuer würde um eine volle Million
Dollars zu gering gewesen sein, wenn damit Jngersolls Rechnungen hätten
bezahlt werden sollen. Die Einkünfte aus der Schlachtsteuer würden nicht
ausgereicht haben, um die für die Waffensäle der Stadt Neuyork vorgeblich
gelieferten Stühle und Tische zu bezahlen. Die nach den Auszügen des ge¬
nannten Blattes aus den Taschen der Steuerzahler Gothams escamotirten
und unter die Mitgliedschaft Sanct Tammany's vertheilten Riesensummen
würden genügt haben, um die Zinsen für die preußische Staatsschuld während
des Jahres 1870 ungefähr zur Hälfte zu bezahlen.

Die jährliche Ausgabe, welche dem preußischen Volke für jeden Soldaten
erwächst, beläuft sich auf 225 Thaler. Der Betrag der von der „Newyork
Times" mitgetheilten betrügerischen Rechnungen würde zum Unterhalte von
43,800 preußischen Soldaten oder ungefähr zum Unterhalte der gesammten
königlich sächsischen Armee ausgereicht haben.

Das Blatt bemerkt zu Ende seiner Erörterungen: „Die Auszüge, welche
Wir aus den Büchern des Controllers gebracht haben, liefern den unumstöß-,
lichen Beweis, daß von unsern Stadtbehörden Millionen von Dollars ver-


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[0480] eum als ein Verbrechen angesehen wird, erhalten die Schwindler die einträg¬ lichsten und einflußreichsten Aemter. Die für 1871 zum Unterhalt der deutschen Flotte ausgeworfene Summe beträgt drei und eine halbe Million Dollars. Die im Laufe von zwei Jah¬ ren als Abschlagszahlung für gelieferte Holzarbeiten und Möbel im neuen Gerichtsgebäude verwendeten Beträge belaufen sich fast genau eben so hoch. Die Ausgaben für das auswärtige Amt des Norddeutschen Bundes be¬ trugen während eines Jahres nicht mehr als die im Jahre 1870 für die An¬ schaffung von Stühlen und Tischen in 10 Neuyorker Waffensäle verschleu¬ derte Summe. Das ganze Consularwesen des Norddeutschen Bundes erforderte nur halb so viel Kosten, als die bloßen Reparaturen an den Stuccaturarbeiter des neuen Gerichtshauses in der Manhattan-Stadt. Die gesammten directen Einnahmen des Norddeutschen Bundes würden, wenn wir von den Zolleinkünften absehen, um eine Million zu kurz sein, wenn es gälte, die Rechnungen von Jngersoll u, Comp. für das neue Ge¬ richtshaus auch nur für zwei Jahre damit auszugleichen. „Der Gesammtertrag der Einkommensteuer des Königreichs Preußen", so fährt unser Rechner fort, „betrug für das Jahr 1870 nicht mehr als 5,180,000 Dollars. Für Arbeiten, welche 1869 und 1870 von Jngersoll u. Comp. angeblich für die Countygebäude und die städtischen Waffensäle von Neuyork geleistet wurden, sind Zahlungen im Betrage von 5,663,646 Dollars gemacht worden." Der Ertrag der preußischen Haussteuer würde um eine volle Million Dollars zu gering gewesen sein, wenn damit Jngersolls Rechnungen hätten bezahlt werden sollen. Die Einkünfte aus der Schlachtsteuer würden nicht ausgereicht haben, um die für die Waffensäle der Stadt Neuyork vorgeblich gelieferten Stühle und Tische zu bezahlen. Die nach den Auszügen des ge¬ nannten Blattes aus den Taschen der Steuerzahler Gothams escamotirten und unter die Mitgliedschaft Sanct Tammany's vertheilten Riesensummen würden genügt haben, um die Zinsen für die preußische Staatsschuld während des Jahres 1870 ungefähr zur Hälfte zu bezahlen. Die jährliche Ausgabe, welche dem preußischen Volke für jeden Soldaten erwächst, beläuft sich auf 225 Thaler. Der Betrag der von der „Newyork Times" mitgetheilten betrügerischen Rechnungen würde zum Unterhalte von 43,800 preußischen Soldaten oder ungefähr zum Unterhalte der gesammten königlich sächsischen Armee ausgereicht haben. Das Blatt bemerkt zu Ende seiner Erörterungen: „Die Auszüge, welche Wir aus den Büchern des Controllers gebracht haben, liefern den unumstöß-, lichen Beweis, daß von unsern Stadtbehörden Millionen von Dollars ver-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 30, 1871, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341813_126315/480>, abgerufen am 24.07.2024.