Die Grenzboten. Jg. 30, 1871, II. Semester. I. Band.die Aufsätze, welche nicht von dem Herausgeber selbst herrühren, auch äußer¬ Die Vertrauten Briefe sowohl als die Neuen Feuerbrände sollten die Die Hauptfehler des preußischen Regierungs- und Militärsystems vor die Aufsätze, welche nicht von dem Herausgeber selbst herrühren, auch äußer¬ Die Vertrauten Briefe sowohl als die Neuen Feuerbrände sollten die Die Hauptfehler des preußischen Regierungs- und Militärsystems vor <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <pb facs="#f0429" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/126705"/> <p xml:id="ID_1282" prev="#ID_1281"> die Aufsätze, welche nicht von dem Herausgeber selbst herrühren, auch äußer¬<lb/> lich zu unterscheiden.</p><lb/> <p xml:id="ID_1283"> Die Vertrauten Briefe sowohl als die Neuen Feuerbrände sollten die<lb/> Ursachen von Preußens Fall darstellen, alle diejenigen Personen, welche durch<lb/> ihr Benehmen dem Staate geschadet hatten, zur Strafe ziehen und dem künf¬<lb/> tigen Geschichtschreiber Materialien überliefern. So enthalten denn beide<lb/> Schriften zahlreiche und ausführliche Berichte zur Geschichte des Kriegs von<lb/> 1806 und 1807 und Beurtheilungen der hervorragendsten Personen und wich¬<lb/> tigsten Einrichtungen des preußischen Staates. Daß letzteren Beurtheilungen<lb/> von einigen Zeitgenossen Mangel an echtem Freimuth vorgeworfen wird, scheint<lb/> sich vorzüglich auf die dem Minister Hoya und dem General Köckeritz gezollte<lb/> Ehrerbietung zu begründen. Doch zog sich Cölln im Herbst 1808 von Seiten<lb/> der Regierung wegen seiner „Bertrauten Briefe" eine Verfolgung zu, haupt¬<lb/> sächlich weil er in seiner Darstellung des preußischen Finanzwesens vor dem<lb/> Frieden zu Tilsit (Vertr. Br. III., S. 19 ff.) Etatsgeheimnisse veröffentlicht<lb/> hatte. Der Minister Stein urtheilte, als er auf Befragen die Verhaftung<lb/> Collus in Gemäßheit einer früheren Cabinetsordre (vom 16. Febr. 1808) an¬<lb/> ordnete, daß „bei dem Durchlesen der Vertrauten Briefe sich sehr viele That¬<lb/> sachen zur Begründung eines Criminalverfahrens wegen verletzter Dienst- und<lb/> Unterthanentreue finden würden" (Pertz, das Leben Steins. Bd. 2, S. 142).<lb/> Cölln hatte zwar noch vor dem Kriege für die als strafbar behandelten<lb/> Aufsätze das Imprimatur von der preußischen Censur erhalten, wie ihm F. W.<lb/> Gubitz seiner Zeit vor Gericht (s. Cölln, Rechtfertigung, S. 41) und in sei¬<lb/> nen „Erlebnissen" (Bd. 1, S. 168 ff.) bezeugt hat. Trotzdem wurde die<lb/> Untersuchung gegen ihn anhängig gemacht. Er wußte sich jedoch bald nach<lb/> Uebersendung der Untersuchungsaeten an das Kammergericht bei Gelegenheit<lb/> einer ihm bewilligten Reise in die Landecker Bäder seiner Haft durch die Flucht<lb/> zu entziehen, ja er erlangte sogar etwa ein Jahr nach seiner Flucht, nachdem<lb/> durch Cabinetsordre vom 6. Febr. 1811 sein Proceß niedergeschlagen war,<lb/> eine Anstellung in dem Bureau Hardenbergs, den er sich dadurch gewonnen<lb/> hatte, daß er ihm aus Leipzig von einer gegen ihn gerichteten Schmähschrift<lb/> Kunde gab. und dieselbe noch vor Erscheinen unterdrücken half. Auch der<lb/> König ließ sich zur Nachsicht gegen Cölln bewegen, weil er unter Aufopferung<lb/> seines Gehalts den französischen Behörden den Eid verweigert hatte.</p><lb/> <p xml:id="ID_1284" next="#ID_1285"> Die Hauptfehler des preußischen Regierungs- und Militärsystems vor<lb/> der Schlacht bei Jena werden in den Cölln'schen Schriften richtig dargestellt.<lb/> Aufhebung der Erbunterthänigkeit, der die Freiheit des Güterverkehrs hin¬<lb/> dernden Beschränkungen und sonstiger auf Abschließung des Adels-, Bürger¬<lb/> und Bauernstandes hinwirkender Einrichtungen, Einführung eines unter dem<lb/> Vorsitz des Königs berathenden Staatsraths, Beseitigung der Verschiedenheit</p><lb/> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0429]
die Aufsätze, welche nicht von dem Herausgeber selbst herrühren, auch äußer¬
lich zu unterscheiden.
Die Vertrauten Briefe sowohl als die Neuen Feuerbrände sollten die
Ursachen von Preußens Fall darstellen, alle diejenigen Personen, welche durch
ihr Benehmen dem Staate geschadet hatten, zur Strafe ziehen und dem künf¬
tigen Geschichtschreiber Materialien überliefern. So enthalten denn beide
Schriften zahlreiche und ausführliche Berichte zur Geschichte des Kriegs von
1806 und 1807 und Beurtheilungen der hervorragendsten Personen und wich¬
tigsten Einrichtungen des preußischen Staates. Daß letzteren Beurtheilungen
von einigen Zeitgenossen Mangel an echtem Freimuth vorgeworfen wird, scheint
sich vorzüglich auf die dem Minister Hoya und dem General Köckeritz gezollte
Ehrerbietung zu begründen. Doch zog sich Cölln im Herbst 1808 von Seiten
der Regierung wegen seiner „Bertrauten Briefe" eine Verfolgung zu, haupt¬
sächlich weil er in seiner Darstellung des preußischen Finanzwesens vor dem
Frieden zu Tilsit (Vertr. Br. III., S. 19 ff.) Etatsgeheimnisse veröffentlicht
hatte. Der Minister Stein urtheilte, als er auf Befragen die Verhaftung
Collus in Gemäßheit einer früheren Cabinetsordre (vom 16. Febr. 1808) an¬
ordnete, daß „bei dem Durchlesen der Vertrauten Briefe sich sehr viele That¬
sachen zur Begründung eines Criminalverfahrens wegen verletzter Dienst- und
Unterthanentreue finden würden" (Pertz, das Leben Steins. Bd. 2, S. 142).
Cölln hatte zwar noch vor dem Kriege für die als strafbar behandelten
Aufsätze das Imprimatur von der preußischen Censur erhalten, wie ihm F. W.
Gubitz seiner Zeit vor Gericht (s. Cölln, Rechtfertigung, S. 41) und in sei¬
nen „Erlebnissen" (Bd. 1, S. 168 ff.) bezeugt hat. Trotzdem wurde die
Untersuchung gegen ihn anhängig gemacht. Er wußte sich jedoch bald nach
Uebersendung der Untersuchungsaeten an das Kammergericht bei Gelegenheit
einer ihm bewilligten Reise in die Landecker Bäder seiner Haft durch die Flucht
zu entziehen, ja er erlangte sogar etwa ein Jahr nach seiner Flucht, nachdem
durch Cabinetsordre vom 6. Febr. 1811 sein Proceß niedergeschlagen war,
eine Anstellung in dem Bureau Hardenbergs, den er sich dadurch gewonnen
hatte, daß er ihm aus Leipzig von einer gegen ihn gerichteten Schmähschrift
Kunde gab. und dieselbe noch vor Erscheinen unterdrücken half. Auch der
König ließ sich zur Nachsicht gegen Cölln bewegen, weil er unter Aufopferung
seines Gehalts den französischen Behörden den Eid verweigert hatte.
Die Hauptfehler des preußischen Regierungs- und Militärsystems vor
der Schlacht bei Jena werden in den Cölln'schen Schriften richtig dargestellt.
Aufhebung der Erbunterthänigkeit, der die Freiheit des Güterverkehrs hin¬
dernden Beschränkungen und sonstiger auf Abschließung des Adels-, Bürger¬
und Bauernstandes hinwirkender Einrichtungen, Einführung eines unter dem
Vorsitz des Königs berathenden Staatsraths, Beseitigung der Verschiedenheit
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