Die Grenzboten. Jg. 30, 1871, II. Semester. I. Band.Arbeitererhebung benutzt worden wäre, wenn er nicht ein so schnelles Ende Aus Schwaben. Am Schlüsse der ersten Session des deutschen Reichstags dürste nicht Grenzbotm II. 1871. 4
Arbeitererhebung benutzt worden wäre, wenn er nicht ein so schnelles Ende Aus Schwaben. Am Schlüsse der ersten Session des deutschen Reichstags dürste nicht Grenzbotm II. 1871. 4
<TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0033" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/126349"/> <p xml:id="ID_61" prev="#ID_60"> Arbeitererhebung benutzt worden wäre, wenn er nicht ein so schnelles Ende<lb/> genommen hätte. Noch sicherer ist, daß Marx den deutsch-französischen Krieg<lb/> vorausgesehen und im größten Umfang hat benutzen wollen. Auch hier ist<lb/> die Rechnung durch die unaufhaltsam schnellen Siege des preußisch-deutschen<lb/> Heeres durchkreuzt worden. In Folge dieser Siege überwog in Deutschland<lb/> das befriedigte, in Frankreich das durch Niederlagen erregte Nationalgefühl.<lb/> Die Atmosphäre war der Verbreitung socialer Leidenschaften nicht günstig.<lb/> Erst die Vertheidigung von Paris mit ihrer Bewaffnung des Kernes der, inter¬<lb/> nationalen Liga gab im verspäteten und ungünstigen Augenblick den Anlaß<lb/> zu einem Actionsversuch des Bundes. Man wollte in Frankreich der Liga<lb/> die Herrschaft gewinnen, den Frieden mit Deutschland so lange wie möglich<lb/> halten, mit der deutschen Regierung so lange wie möglich im Einvernehmen<lb/> bleiben. Man hoffte, wenn die Nachwirkung der Siege vorüber, das deutsche<lb/> Staatsgebäude von Innen sprengen zu können. So mögen die Ideen der<lb/> geheimen und obersten Leiter beschaffen gewesen sein. Und man kann nicht<lb/> einmal sagen, daß die unmittelbare Action, in der uneingeweihte Elemente<lb/> betheiligt gewesen sein müssen, dem eigentlichen Programm widersprochen habe.<lb/> Als die Regierung zu Versailles weder durch Diplomatie, noch durch Gewalt<lb/> für dies mal besiegbar erschien, griff die Liga zu der Brandlegung von Paris,<lb/> um dem dies mal noch siegreichen Gegner die Furcht zu hinterlassen, welchen<lb/> Feind er vor sich hat, einen Feind, der hier und da besiegt, aber nicht ver¬<lb/> nichtet ist, der sich immer wieder allenthalben erneut.</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </div> <div n="1"> <head> Aus Schwaben.</head><lb/> <p xml:id="ID_62" next="#ID_63"> Am Schlüsse der ersten Session des deutschen Reichstags dürste nicht<lb/> ohne Interesse sein, den Eindruck näher zu betrachten, welchen seine erste drei¬<lb/> monatliche Thätigkeit auf unsere schwäbische Bevölkerung gemacht hat. Die<lb/> Theilnahme war, das läßt sich nicht leugnen, eine weit geringere als diejenige,<lb/> welcher sich das Frankfurter Parlament s. Z. zu erfreuen hatte. Aus den<lb/> Stürmen einer Revolution hervorgegangen und selbst mit revolutionärer Ge¬<lb/> walt ausgestattet, vermochte das Letztere die Grundlagen aller socialen und<lb/> staatlichen Ordnung, die Lebensinteressen aller gesellschaftlichen Classen in<lb/> Frage zu stellen. Der erste deutsche Reichstag des Jahres 1871 dagegen be-</p><lb/> <fw type="sig" place="bottom"> Grenzbotm II. 1871. 4</fw><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0033]
Arbeitererhebung benutzt worden wäre, wenn er nicht ein so schnelles Ende
genommen hätte. Noch sicherer ist, daß Marx den deutsch-französischen Krieg
vorausgesehen und im größten Umfang hat benutzen wollen. Auch hier ist
die Rechnung durch die unaufhaltsam schnellen Siege des preußisch-deutschen
Heeres durchkreuzt worden. In Folge dieser Siege überwog in Deutschland
das befriedigte, in Frankreich das durch Niederlagen erregte Nationalgefühl.
Die Atmosphäre war der Verbreitung socialer Leidenschaften nicht günstig.
Erst die Vertheidigung von Paris mit ihrer Bewaffnung des Kernes der, inter¬
nationalen Liga gab im verspäteten und ungünstigen Augenblick den Anlaß
zu einem Actionsversuch des Bundes. Man wollte in Frankreich der Liga
die Herrschaft gewinnen, den Frieden mit Deutschland so lange wie möglich
halten, mit der deutschen Regierung so lange wie möglich im Einvernehmen
bleiben. Man hoffte, wenn die Nachwirkung der Siege vorüber, das deutsche
Staatsgebäude von Innen sprengen zu können. So mögen die Ideen der
geheimen und obersten Leiter beschaffen gewesen sein. Und man kann nicht
einmal sagen, daß die unmittelbare Action, in der uneingeweihte Elemente
betheiligt gewesen sein müssen, dem eigentlichen Programm widersprochen habe.
Als die Regierung zu Versailles weder durch Diplomatie, noch durch Gewalt
für dies mal besiegbar erschien, griff die Liga zu der Brandlegung von Paris,
um dem dies mal noch siegreichen Gegner die Furcht zu hinterlassen, welchen
Feind er vor sich hat, einen Feind, der hier und da besiegt, aber nicht ver¬
nichtet ist, der sich immer wieder allenthalben erneut.
Aus Schwaben.
Am Schlüsse der ersten Session des deutschen Reichstags dürste nicht
ohne Interesse sein, den Eindruck näher zu betrachten, welchen seine erste drei¬
monatliche Thätigkeit auf unsere schwäbische Bevölkerung gemacht hat. Die
Theilnahme war, das läßt sich nicht leugnen, eine weit geringere als diejenige,
welcher sich das Frankfurter Parlament s. Z. zu erfreuen hatte. Aus den
Stürmen einer Revolution hervorgegangen und selbst mit revolutionärer Ge¬
walt ausgestattet, vermochte das Letztere die Grundlagen aller socialen und
staatlichen Ordnung, die Lebensinteressen aller gesellschaftlichen Classen in
Frage zu stellen. Der erste deutsche Reichstag des Jahres 1871 dagegen be-
Grenzbotm II. 1871. 4
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