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Die Grenzboten. Jg. 30, 1871, II. Semester. I. Band.

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schiffe und drei Legionen dem Octavian in die Hände, der ihn dafür in den
Ritterstand erhob, an seine Tafel zog und als Befehlshaber des übergegange¬
nen Geschwaders seinem Admiral Calvisius unterordnete. Den Reclamationen
des Pompejus aber begegnete er mit der Ausrede, daß auch dieser Ueberläufer
bei sich aufnehme. Nun begannen wieder die Plünderungen der italischen
Küstenstädte von Sicilien aus und Octavian forderte von den Vestalinnen
das Friedensinstrument zurück.

Da Pompejus einen doppelten Angriff von den beiden Längenseiten Ita¬
liens zu erwarten hatte, blieb er selbst zu Messana und sendete Menekrates
dem mit Calvisius an der etrurischen Küste weilenden Menodorus entgegen.
Nordwestlich vom Kap Misenum an der Küste bei Cumä begegneten sich diese
Flottenabtheilungen und unbekümmert um alles Andere rannten die beiden
Todfeinde mit voller Nuderkrast auf einander los. Dem Schiffe des Mene¬
krates wurden beim Zusammenstoß die Nuder der einen Seite abgestreift, dem
des Menodorus das Vordertheil beschädigt. Bon jedem Schiffe aus wurde
dann das andere mit starken Enterhaken festgehalten und vermittelst Fall¬
brücken der Uebergang versucht, den man wieder mit Spießen, Steinen und
Pfeilen abzuwehren bemüht war. Des Menas Fahrzeug war im Bortheil,
weil es einen höhern Bord hatte, als das feindliche, und er selbst bekam
zwar im Getümmel einen Schuß durch den Arm; aber Menekrates wurde
durch einen mit Widerhaken versehen Speer in der Hüfte verwundet. Dennoch
hörte er nicht auf, die Seinigen zur Rache anzufeuern und erst als das Schiff
endlich genommen wurde, stürzte er sich vom Verdeck in die Tiefe und er¬
trank. Seine Flotte hatte unterdessen geringeren Verlust erlitten als die an
das Land und auf die Klippen gedrängten Feinde. Allein der Verlust des
Führers bewog den Unterbefehlshaber, Demohares, nach Sieilien zurückzu¬
steuern. Octavian war eben in Begriff, die Meerenge von Sicilien zu passi-
ren, um sich mit seiner Flotte im tyrrhenischen Meer zu vereinigen, als
Pompejus wie ein Blitz über die Nachhut herfiel. Octavian zog sich an's
Land zurück, ließ seine Schiffe vor Anker gehen und ihre eisenbewehrten Vor¬
derseiten dem Meere zukehren. Aber die sich immer wiederkehrenden Anpralle
der überlegenen Feinde brachten ihnen großen Schaden und nur die ein¬
brechende Nacht rettete sie vor dem Verderben. Es schien überhaupt, als ob
in diesem Kriege der "erderschütternde" Meergott seine schützende Hand nicht
von seinem Sohne abziehen wollte. Denn nachdem noch in der ebenerwähn¬
ten Nacht Calvisius und Menodorus zu Octavian gestoßen waren, erhob sich am
nächsten Morgen ein wüthender Scirocco, der durch die Meerenge fegte, und die
hart am Lande ankernden Schiffe Octavians auf einander und auf die Riffe
warf. Der in der darauf, folgenden Nacht noch sich steigernden Gefahr ent¬
ging kaum die Hälfte seiner Schiffe, unter ihnen die Abtheilung Menodors,


schiffe und drei Legionen dem Octavian in die Hände, der ihn dafür in den
Ritterstand erhob, an seine Tafel zog und als Befehlshaber des übergegange¬
nen Geschwaders seinem Admiral Calvisius unterordnete. Den Reclamationen
des Pompejus aber begegnete er mit der Ausrede, daß auch dieser Ueberläufer
bei sich aufnehme. Nun begannen wieder die Plünderungen der italischen
Küstenstädte von Sicilien aus und Octavian forderte von den Vestalinnen
das Friedensinstrument zurück.

Da Pompejus einen doppelten Angriff von den beiden Längenseiten Ita¬
liens zu erwarten hatte, blieb er selbst zu Messana und sendete Menekrates
dem mit Calvisius an der etrurischen Küste weilenden Menodorus entgegen.
Nordwestlich vom Kap Misenum an der Küste bei Cumä begegneten sich diese
Flottenabtheilungen und unbekümmert um alles Andere rannten die beiden
Todfeinde mit voller Nuderkrast auf einander los. Dem Schiffe des Mene¬
krates wurden beim Zusammenstoß die Nuder der einen Seite abgestreift, dem
des Menodorus das Vordertheil beschädigt. Bon jedem Schiffe aus wurde
dann das andere mit starken Enterhaken festgehalten und vermittelst Fall¬
brücken der Uebergang versucht, den man wieder mit Spießen, Steinen und
Pfeilen abzuwehren bemüht war. Des Menas Fahrzeug war im Bortheil,
weil es einen höhern Bord hatte, als das feindliche, und er selbst bekam
zwar im Getümmel einen Schuß durch den Arm; aber Menekrates wurde
durch einen mit Widerhaken versehen Speer in der Hüfte verwundet. Dennoch
hörte er nicht auf, die Seinigen zur Rache anzufeuern und erst als das Schiff
endlich genommen wurde, stürzte er sich vom Verdeck in die Tiefe und er¬
trank. Seine Flotte hatte unterdessen geringeren Verlust erlitten als die an
das Land und auf die Klippen gedrängten Feinde. Allein der Verlust des
Führers bewog den Unterbefehlshaber, Demohares, nach Sieilien zurückzu¬
steuern. Octavian war eben in Begriff, die Meerenge von Sicilien zu passi-
ren, um sich mit seiner Flotte im tyrrhenischen Meer zu vereinigen, als
Pompejus wie ein Blitz über die Nachhut herfiel. Octavian zog sich an's
Land zurück, ließ seine Schiffe vor Anker gehen und ihre eisenbewehrten Vor¬
derseiten dem Meere zukehren. Aber die sich immer wiederkehrenden Anpralle
der überlegenen Feinde brachten ihnen großen Schaden und nur die ein¬
brechende Nacht rettete sie vor dem Verderben. Es schien überhaupt, als ob
in diesem Kriege der „erderschütternde" Meergott seine schützende Hand nicht
von seinem Sohne abziehen wollte. Denn nachdem noch in der ebenerwähn¬
ten Nacht Calvisius und Menodorus zu Octavian gestoßen waren, erhob sich am
nächsten Morgen ein wüthender Scirocco, der durch die Meerenge fegte, und die
hart am Lande ankernden Schiffe Octavians auf einander und auf die Riffe
warf. Der in der darauf, folgenden Nacht noch sich steigernden Gefahr ent¬
ging kaum die Hälfte seiner Schiffe, unter ihnen die Abtheilung Menodors,


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 30, 1871, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341813_126315/22>, abgerufen am 24.07.2024.