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Die Grenzboten. Jg. 30, 1871, I. Semester. II. Band.

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deshalb auch tief sich ein in Herz und Seele der Hörer. Er war ein Redner
von Gottes Gnaden.

Die Reisen zu den Vorträgen, deren Vorbereitung und Anordnung, die
Einladungen, welche'denselben zahlreich folgten, waren aber nicht ohne Be¬
schwerde und Anstrengung; von den beiden letzten feiner Nundzüge durch Deutsch¬
land kehrte er angegriffen und krank zurück; er erholte sich zwar in der Pflege
seines eignen Hauses, aber die frühere Fülle und Körperkraft gewann er nicht
wieder. Mit dem Plane und den Vorbereitungen zu einer letzten Vorlesungs¬
reise beschäftigt, that Goltz einen unglücklichen Fall, der eine Rippenfellent¬
zündung herbeiführte und wenigstens vorläufig die beabsichtigte Reise unmög¬
lich machte. Bald entwickelten sich auch noch andere Leiden, die wechselnd ihn
an das Krankenbett fesselten, oder ihm das Ausgehen doch erschwerten. Viel¬
fache Beweise der Liebe und der herzlichsten Fürsorge erfreuten und erfrischtem
in dieser bittern Zeit seine Seele; Freunde und Freundinnen weilten oft stun¬
denlang an seinem Krankenbette, leisteten ihm willig jede Handreichung, deren
er bedürfte, erheiterten ihn durch Erzählungen, Gespräche und Vorlesen, und
auf einem Landgute ward ihm im Sommer vorigen Jahres für einige Mo¬
nate liebevolle Aufnahme bereitet. Vermochte er das Haus zu verlassen, so
suchte er erheiternde Gesellschaft auf, und wenn auch an äußerer Beweglichkeit
wie an innerer Lebendigkeit gebeugt und geschwächt, durchleuchteten in solchen
Kreisen doch, bis auf die letzten Tage seines Lebens hin, die Blitze seines
Geistes die Nebelwolken der Krankheit.

Eine tiefe Bewegung ergriff uns und Deutschland, als am 12. Novbr.
v. I. die Kunde von seinem Tode unter uns kam. Solche Worte, wie sie an
Goltz' Sarge aus dem Munde eines Freundes*) gesprochen wurden, waren
uns Allen aus tiefbewegten, von wahrster Empfindung durchdrungenen Herzen
gesprochen in der Trauer um den Verlust eines solchen Mannes.

Welche Bedeutung unserm Todten auch fern von uns, überall, wo
seine Schriften gelesen, seine Vorträge gehört waren, zuerkannt wurde, das
zeigt deutlich die große Zahl von Aufsätzen und Erinnerungen an ihn,
welche die Zeitschriften aller größern Städte ohne Unterschied ihrer sonstigen
Richtung seinem Andenken widmeten; und wenn manche derselben nicht unter¬
ließen, Schwächen und Mängel des Mannes aufzusuchen und hervorzuheben, so
liegt auch darin eine Anerkennung; -- die Gebrechen einer Alltagsnatur
bemüht sich Niemand zu beleuchten, den schmalen, dunkeln Streifen zur Seite
eines Wegweisers läßt der vorbeigehende Wanderer unbeachtet, aber an dem



-) Dieser Freund ist der Justizrath Dr. Friedr. Meyer, Mitglied des Reichstags. Die
Rede "Worte am Sarge von B. G., gehalten am 15. November 1870 von Dr. F, M," ist in
Thorn bei E. Landeck gedruckt.

deshalb auch tief sich ein in Herz und Seele der Hörer. Er war ein Redner
von Gottes Gnaden.

Die Reisen zu den Vorträgen, deren Vorbereitung und Anordnung, die
Einladungen, welche'denselben zahlreich folgten, waren aber nicht ohne Be¬
schwerde und Anstrengung; von den beiden letzten feiner Nundzüge durch Deutsch¬
land kehrte er angegriffen und krank zurück; er erholte sich zwar in der Pflege
seines eignen Hauses, aber die frühere Fülle und Körperkraft gewann er nicht
wieder. Mit dem Plane und den Vorbereitungen zu einer letzten Vorlesungs¬
reise beschäftigt, that Goltz einen unglücklichen Fall, der eine Rippenfellent¬
zündung herbeiführte und wenigstens vorläufig die beabsichtigte Reise unmög¬
lich machte. Bald entwickelten sich auch noch andere Leiden, die wechselnd ihn
an das Krankenbett fesselten, oder ihm das Ausgehen doch erschwerten. Viel¬
fache Beweise der Liebe und der herzlichsten Fürsorge erfreuten und erfrischtem
in dieser bittern Zeit seine Seele; Freunde und Freundinnen weilten oft stun¬
denlang an seinem Krankenbette, leisteten ihm willig jede Handreichung, deren
er bedürfte, erheiterten ihn durch Erzählungen, Gespräche und Vorlesen, und
auf einem Landgute ward ihm im Sommer vorigen Jahres für einige Mo¬
nate liebevolle Aufnahme bereitet. Vermochte er das Haus zu verlassen, so
suchte er erheiternde Gesellschaft auf, und wenn auch an äußerer Beweglichkeit
wie an innerer Lebendigkeit gebeugt und geschwächt, durchleuchteten in solchen
Kreisen doch, bis auf die letzten Tage seines Lebens hin, die Blitze seines
Geistes die Nebelwolken der Krankheit.

Eine tiefe Bewegung ergriff uns und Deutschland, als am 12. Novbr.
v. I. die Kunde von seinem Tode unter uns kam. Solche Worte, wie sie an
Goltz' Sarge aus dem Munde eines Freundes*) gesprochen wurden, waren
uns Allen aus tiefbewegten, von wahrster Empfindung durchdrungenen Herzen
gesprochen in der Trauer um den Verlust eines solchen Mannes.

Welche Bedeutung unserm Todten auch fern von uns, überall, wo
seine Schriften gelesen, seine Vorträge gehört waren, zuerkannt wurde, das
zeigt deutlich die große Zahl von Aufsätzen und Erinnerungen an ihn,
welche die Zeitschriften aller größern Städte ohne Unterschied ihrer sonstigen
Richtung seinem Andenken widmeten; und wenn manche derselben nicht unter¬
ließen, Schwächen und Mängel des Mannes aufzusuchen und hervorzuheben, so
liegt auch darin eine Anerkennung; — die Gebrechen einer Alltagsnatur
bemüht sich Niemand zu beleuchten, den schmalen, dunkeln Streifen zur Seite
eines Wegweisers läßt der vorbeigehende Wanderer unbeachtet, aber an dem



-) Dieser Freund ist der Justizrath Dr. Friedr. Meyer, Mitglied des Reichstags. Die
Rede „Worte am Sarge von B. G., gehalten am 15. November 1870 von Dr. F, M," ist in
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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 30, 1871, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341813_125781/503>, abgerufen am 28.12.2024.