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Die Grenzboten. Jg. 30, 1871, I. Semester. II. Band.

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of Commerce" seeundirte ihr. Ja, es verstieg sich soweit die Abschaffung
der Kaperei gradezu für einen "unamerikanischen Gedanken" zu erklären.

Im Widerspruch hiermit steht freilich ein höchst bedeutungsvoller Act der
amerikanischen Regierung. Dieselbe hat im Laufe des Kriegs mit Italien
einen Handels- und Schifffcchrts-Vertrag abgeschlossen, welcher am 14. März
1871 in Florenz den Kammern vorgelegt worden und dadurch zur öffentlichen
Kenntniß gelangt ist. Derselbe enthält.in Art. XII. folgende Vorschrift:
-- "Die hohen contrahirenden Mächte verpflichten sich, daß im Fall des
Ausbruchs eines Krieges zwischen ihnen das Privateigenthum
ihrer resp. Angehörigen und Unterthanen mit Ausnahme der Kriegscontre-
bande sowohl auf hohem Meere wie an irgend einem anderen Orte frei
sein soll von Wegnahme oder Confiscation seitens der Seemacht oder
des Militärs des einen oder des anderen Theils; diese Ausnahme erstreckt sich
indessen nicht auf die Schiffe und deren Ladung, welche die Einfahrt in einen
durch den einen oder anderen Theil blockirten Hafen unternehmen. -- Außer
dieser wichtigen Bestimmung enthält der Tractat eine genaue Definition von
Kriegscontrebande, sowie, was wohl zu beachten ist, eine neue Erklärung des
Begriffs "Blockade", indem er mit der Pariser Declaration die Bestimmungen
des Vertrags über die bewaffnete Neutralität verschmilzt. Diese Bestimmungen
des neusten Vertrags werden, sobald derselbe zur definitiven Genehmigung
gelangt sein wird, auch trotz einiger Gegenströmungen in den Uaukee-Staaten,
für das fernere Verhalten der amerikanischen Regierung als maßgebend zu
betrachten sein. Amerika wird also in Abschaffung der Kaperei willigen, so¬
bald man einen Schritt weiter über die Pariser Declaration hinausgeht
und die absolute Freiheit des Privateigenthums zur See während der
Kriegszeiten, mit inbegriffen den Schutz gegen die feindliche Marine, durch
Vertrag zwischen den europäischen Mächten völkerrechtlich feststellt. Ob sich
England einer solchen Feststellung entziehen und sich in eine Jsolirung be¬
geben wird, welche es geradezu ausstößt aus der Gemeinschaft aller civilisirten
Staaten und Völker, wäre dann abzuwarten. Griffe es aber auch zu
einer solchen Rolle, so würde dieselbe ihm auf die Dauer schwerlich gut be¬
kommen und daher nicht allzulange fortgeführt werden.

Thatsächlich sind seit der Declaration von 1886 verschiedene Mächte, und
Deutschland an der Spitze, im Sinne der absoluten Sicherung des Privat¬
eigenthums über den Inhalt jener Declaration bereits hinausgegangen. Im
Jahre 1866 waren Preußen und Italien auf der einen, Oestreich auf der
anderen Seite dahin miteinander übereingekommen, daß in dem damaligen
Kriege die Handelsschiffe der kriegführenden Mächte wie neutrale behandelt,
d. h. daß sie nur dann aufgebracht werden sollten, wenn sie Kriegscontrebande
führten, oder wenn sie versuchten, eine effective Blockade zu brechen. Dieses


of Commerce" seeundirte ihr. Ja, es verstieg sich soweit die Abschaffung
der Kaperei gradezu für einen „unamerikanischen Gedanken" zu erklären.

Im Widerspruch hiermit steht freilich ein höchst bedeutungsvoller Act der
amerikanischen Regierung. Dieselbe hat im Laufe des Kriegs mit Italien
einen Handels- und Schifffcchrts-Vertrag abgeschlossen, welcher am 14. März
1871 in Florenz den Kammern vorgelegt worden und dadurch zur öffentlichen
Kenntniß gelangt ist. Derselbe enthält.in Art. XII. folgende Vorschrift:
— „Die hohen contrahirenden Mächte verpflichten sich, daß im Fall des
Ausbruchs eines Krieges zwischen ihnen das Privateigenthum
ihrer resp. Angehörigen und Unterthanen mit Ausnahme der Kriegscontre-
bande sowohl auf hohem Meere wie an irgend einem anderen Orte frei
sein soll von Wegnahme oder Confiscation seitens der Seemacht oder
des Militärs des einen oder des anderen Theils; diese Ausnahme erstreckt sich
indessen nicht auf die Schiffe und deren Ladung, welche die Einfahrt in einen
durch den einen oder anderen Theil blockirten Hafen unternehmen. — Außer
dieser wichtigen Bestimmung enthält der Tractat eine genaue Definition von
Kriegscontrebande, sowie, was wohl zu beachten ist, eine neue Erklärung des
Begriffs „Blockade", indem er mit der Pariser Declaration die Bestimmungen
des Vertrags über die bewaffnete Neutralität verschmilzt. Diese Bestimmungen
des neusten Vertrags werden, sobald derselbe zur definitiven Genehmigung
gelangt sein wird, auch trotz einiger Gegenströmungen in den Uaukee-Staaten,
für das fernere Verhalten der amerikanischen Regierung als maßgebend zu
betrachten sein. Amerika wird also in Abschaffung der Kaperei willigen, so¬
bald man einen Schritt weiter über die Pariser Declaration hinausgeht
und die absolute Freiheit des Privateigenthums zur See während der
Kriegszeiten, mit inbegriffen den Schutz gegen die feindliche Marine, durch
Vertrag zwischen den europäischen Mächten völkerrechtlich feststellt. Ob sich
England einer solchen Feststellung entziehen und sich in eine Jsolirung be¬
geben wird, welche es geradezu ausstößt aus der Gemeinschaft aller civilisirten
Staaten und Völker, wäre dann abzuwarten. Griffe es aber auch zu
einer solchen Rolle, so würde dieselbe ihm auf die Dauer schwerlich gut be¬
kommen und daher nicht allzulange fortgeführt werden.

Thatsächlich sind seit der Declaration von 1886 verschiedene Mächte, und
Deutschland an der Spitze, im Sinne der absoluten Sicherung des Privat¬
eigenthums über den Inhalt jener Declaration bereits hinausgegangen. Im
Jahre 1866 waren Preußen und Italien auf der einen, Oestreich auf der
anderen Seite dahin miteinander übereingekommen, daß in dem damaligen
Kriege die Handelsschiffe der kriegführenden Mächte wie neutrale behandelt,
d. h. daß sie nur dann aufgebracht werden sollten, wenn sie Kriegscontrebande
führten, oder wenn sie versuchten, eine effective Blockade zu brechen. Dieses


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 30, 1871, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341813_125781/310>, abgerufen am 29.09.2024.