Die Grenzboten. Jg. 30, 1871, I. Semester. II. Band.Club*) werden konnte, dessen Absicht war, alle gebildeten Elemente Weimars Ueber den Hof und das Hofleben jener Zeit können wir uns um so Mit Amalias Ankunft war das Hofleben glänzender geworden als früher; Für das äußere Hofleben ist zunächst das Schloßtheater bemerkenswerth, ") Der Club hielt zwei deutsche und eine französische Zeitung. -) Als 1760 von der Hofverwaltung ein Etat von S7,253Thlr. gefordert wurde, äußerte
der Geh. Rath Nonne actlich: Die armen Unterthanen werden bis auf den letzten Blutstropfen ausgesaugt und an dem Hofe der besten Fürstin, einer wahren Mutter der Unterthanen, soll zu der Zeit Pracht und Ueberfluß herrschen? Club*) werden konnte, dessen Absicht war, alle gebildeten Elemente Weimars Ueber den Hof und das Hofleben jener Zeit können wir uns um so Mit Amalias Ankunft war das Hofleben glänzender geworden als früher; Für das äußere Hofleben ist zunächst das Schloßtheater bemerkenswerth, ") Der Club hielt zwei deutsche und eine französische Zeitung. -) Als 1760 von der Hofverwaltung ein Etat von S7,253Thlr. gefordert wurde, äußerte
der Geh. Rath Nonne actlich: Die armen Unterthanen werden bis auf den letzten Blutstropfen ausgesaugt und an dem Hofe der besten Fürstin, einer wahren Mutter der Unterthanen, soll zu der Zeit Pracht und Ueberfluß herrschen? <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0134" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/125916"/> <p xml:id="ID_435" prev="#ID_434"> Club*) werden konnte, dessen Absicht war, alle gebildeten Elemente Weimars<lb/> in sich zu vereinigen?</p><lb/> <p xml:id="ID_436"> Ueber den Hof und das Hofleben jener Zeit können wir uns um so<lb/> kürzer fassen, als in der Literatur dieses Thema, namentlich in so weit es<lb/> mit dem Leben Goethe's in irgend einem Zusammenhang steht, hin¬<lb/> reichend abgehandelt ist. Die Forschung entdeckt natürlich immer neue<lb/> interessante und pikante Seiten des Hoflebens; aber man streift leider auch<lb/> leicht über die feine Grenze des Mittheilbaren hinüber. Wir beschränken uns<lb/> daher zur Ergänzung des schon Bekannten, Einiges aus dem äußeren Hof¬<lb/> leben und der Stellung des Hofes zur Zeit Amalias beizubringen.</p><lb/> <p xml:id="ID_437"> Mit Amalias Ankunft war das Hofleben glänzender geworden als früher;<lb/> das Leben am reichen Braunschweiger Hofe hatte sich zum Theil hierher<lb/> übergesiedelt; doch überstieg der Hofetat die Summe von S7,000 Thlr. nicht,<lb/> während Carl August mit einem jährlichen Etat**) von 40,000 Thlr. wirth¬<lb/> schaftete, bei dem neben zeitweisen Ueberfliegen noch kleine Ersparnisse ge¬<lb/> macht wurden.</p><lb/> <p xml:id="ID_438" next="#ID_439"> Für das äußere Hofleben ist zunächst das Schloßtheater bemerkenswerth,<lb/> in welchem zulässige Klassen freien Eintritt hatten. Das Applaudiren ging<lb/> nur von der Herrschaftsloge aus und wurde von den Acteurs mit verschämt<lb/> niedergeschlagenen Augen und einer unmerklichen Verbeugung entgegengenom¬<lb/> men. — Bei Hofhallen, deren Beschreibung wir nirgends vertreten finden,<lb/> waren, der Mode entsprechend, Dominoanzüge gebräuchlich. Man sah nur<lb/> Schuhe mit hohen rothen Absätzen und runden Steinschnallen. Auf den<lb/> Schultern der Tänzer lagen breite Haarbeutel, welche auf der Brust am<lb/> Jabot befestigt waren und die xvstillons ü'amour hießen. Die Damen trugen<lb/> Reifröcke und buntseidene Kleider, die Armbekleidung bestand in offenen, lang<lb/> herabhängenden Aermeln. Die Vorbereitungen zu einem Hofball — um aus<lb/> den Geheimnissen der Toilette zu plaudern — waren mit viel Schwierigkeiten<lb/> verbunden, namentlich verursachte diese die Haarfrisur, die übrigens in sehr<lb/> practischer Weise von adligen Dienern besorgt wurde, welche in der Regel<lb/> Friseure und Schneider zugleich waren. Bei dem allmähligen Schwinden der<lb/> Perrücken baute man das Haar hoch auf, und da scharfe Haarecken sehr be¬<lb/> liebt waren, so pflegte man mit mathematischer Genauigkeit das Haar durch<lb/> Ausraufen mit der Wurzel zu entfernen. Auch soll man ein kleines Pech-<lb/> pflästerchen nicht ganz verschmäht haben. Eine besonders große Rolle spielte</p><lb/> <note xml:id="FID_56" place="foot"> ") Der Club hielt zwei deutsche und eine französische Zeitung.</note><lb/> <note xml:id="FID_57" place="foot"> -) Als 1760 von der Hofverwaltung ein Etat von S7,253Thlr. gefordert wurde, äußerte<lb/> der Geh. Rath Nonne actlich: Die armen Unterthanen werden bis auf den letzten Blutstropfen<lb/> ausgesaugt und an dem Hofe der besten Fürstin, einer wahren Mutter der Unterthanen, soll<lb/> zu der Zeit Pracht und Ueberfluß herrschen?</note><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0134]
Club*) werden konnte, dessen Absicht war, alle gebildeten Elemente Weimars
in sich zu vereinigen?
Ueber den Hof und das Hofleben jener Zeit können wir uns um so
kürzer fassen, als in der Literatur dieses Thema, namentlich in so weit es
mit dem Leben Goethe's in irgend einem Zusammenhang steht, hin¬
reichend abgehandelt ist. Die Forschung entdeckt natürlich immer neue
interessante und pikante Seiten des Hoflebens; aber man streift leider auch
leicht über die feine Grenze des Mittheilbaren hinüber. Wir beschränken uns
daher zur Ergänzung des schon Bekannten, Einiges aus dem äußeren Hof¬
leben und der Stellung des Hofes zur Zeit Amalias beizubringen.
Mit Amalias Ankunft war das Hofleben glänzender geworden als früher;
das Leben am reichen Braunschweiger Hofe hatte sich zum Theil hierher
übergesiedelt; doch überstieg der Hofetat die Summe von S7,000 Thlr. nicht,
während Carl August mit einem jährlichen Etat**) von 40,000 Thlr. wirth¬
schaftete, bei dem neben zeitweisen Ueberfliegen noch kleine Ersparnisse ge¬
macht wurden.
Für das äußere Hofleben ist zunächst das Schloßtheater bemerkenswerth,
in welchem zulässige Klassen freien Eintritt hatten. Das Applaudiren ging
nur von der Herrschaftsloge aus und wurde von den Acteurs mit verschämt
niedergeschlagenen Augen und einer unmerklichen Verbeugung entgegengenom¬
men. — Bei Hofhallen, deren Beschreibung wir nirgends vertreten finden,
waren, der Mode entsprechend, Dominoanzüge gebräuchlich. Man sah nur
Schuhe mit hohen rothen Absätzen und runden Steinschnallen. Auf den
Schultern der Tänzer lagen breite Haarbeutel, welche auf der Brust am
Jabot befestigt waren und die xvstillons ü'amour hießen. Die Damen trugen
Reifröcke und buntseidene Kleider, die Armbekleidung bestand in offenen, lang
herabhängenden Aermeln. Die Vorbereitungen zu einem Hofball — um aus
den Geheimnissen der Toilette zu plaudern — waren mit viel Schwierigkeiten
verbunden, namentlich verursachte diese die Haarfrisur, die übrigens in sehr
practischer Weise von adligen Dienern besorgt wurde, welche in der Regel
Friseure und Schneider zugleich waren. Bei dem allmähligen Schwinden der
Perrücken baute man das Haar hoch auf, und da scharfe Haarecken sehr be¬
liebt waren, so pflegte man mit mathematischer Genauigkeit das Haar durch
Ausraufen mit der Wurzel zu entfernen. Auch soll man ein kleines Pech-
pflästerchen nicht ganz verschmäht haben. Eine besonders große Rolle spielte
") Der Club hielt zwei deutsche und eine französische Zeitung.
-) Als 1760 von der Hofverwaltung ein Etat von S7,253Thlr. gefordert wurde, äußerte
der Geh. Rath Nonne actlich: Die armen Unterthanen werden bis auf den letzten Blutstropfen
ausgesaugt und an dem Hofe der besten Fürstin, einer wahren Mutter der Unterthanen, soll
zu der Zeit Pracht und Ueberfluß herrschen?
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