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Die Grenzboten. Jg. 30, 1871, I. Semester. I. Band.

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vom 2S. April 1870 die Vorbedingungen für den Transit der Indischen Post
bestimmte Regelung erhielten. Hiermit war ein wichtiger Fortschritt erreicht,
wenn auch die betreffenden Festsetzungen nicht sogleich praktische Konsequenzen
hatten. Die Französische Mediterranean-Compagnie, mit welcher England
wegen des Posttransits auf längere Zeit contrahirt hat (pro 1867 betrug die
Transportvergütung allein 1.330,000 Francs ohne den Waaren- :c. Verkehr),
begann in richtiger Erkenntniß der Gefahr, welche ihr von dem neuen Con-
currenzproject drohte, die Fahrten von Marseille ab zu beschleunigen; sie be¬
hielt einstweilen die Postbeförderung nach wie vor. Da änderten urplötzlich
die im Juli 1870 eingetretenen Kriegsereignisse die Sachlage zu Gunsten der
Deutschen Transit-Linie; und nachdem durch die Belagerung der Französischen
Hauptstadt und durch Occupation eines großen Theils der nördlich und
südlich um Paris belegenen Departements von Seiten der Deutschen
Armeen der Eisenbahnbetrieb zwischen Calais und Marseille unterbrochen war,
blieb für die Indische Post nur der Weg durch Deutschland offen. Das
General-Postamt des Norddeutschen Bundes in Berlin ergriff mit größter
Energie mitten unter den umfassenden Arbeiten, welche die Leitung des Post-
wesens für die gesammte operirende Armee in Frankreich verursachte, alle
Maßregeln, um den Transit der Ueberlandpost durch Deutschland über den
Brenner mit thunlichster Sicherheit und Schnelligkeit zu organisiren; es wurde
trotz der großen Erschwernisse, welche aus dem Wagenmangel auf allen Eisen¬
bahnen und aus der Umstürzung fast des ganzen Friedens-Communications-
systems in Deutschland der prompter Durchführung der Indischen Post sich
entgegenstellten, doch in Kurzem Bedeutendes erreicht, namentlich wurden zwi¬
schen Ostende und Brindisi durchlaufende Wagen eingestellt und Abschaffung
lästiger Bureau- ze. Formalitäten, sowie Freibeförderung des begleitenden
Britischen Werks erzielt. Während bereits seit dem 17. September 1870 die
sogenannte Indische Supplement-Post (aus London Sonnabends früh) den
Weg durch Deutschland genommen hatte, passirte am 20/21. October 1870
das erste Britisch-Ostindische Haupt-Mail, bestehend aus 13l Kisten mit
S600 Briefen u. f. w., den Continent auf der Route via Ostende, Cöln, Mainz,
Aschaffenburg, München, Brenner, Ala, Brindisi; und es ist seitdem die
Indische Post hin- wie herwärts auf dieser, statt der Route Heidelberg-
Ulm einstweilen gewählten Linie allwöchentlich regelmäßig befördert worden,
-- zu nicht geringer Befriedigung Deutschlands und der zahlreichen Deutschen
in England und Indien. Das Gesammtgewicht der vom 1. October 1870
bis 11. Februar 1871 trcmsitirten Mans hat 128.676 Pfund betragen. Als
ein wichtiges Moment muß hervorgehoben werden, daß den Bemühungen der
Norddeutschen PostVerwaltung gelang, bei dem Britischen General-Post-Office
eine Ermäßigung der Portosätze für die auf dem Wege über Deutschland und


vom 2S. April 1870 die Vorbedingungen für den Transit der Indischen Post
bestimmte Regelung erhielten. Hiermit war ein wichtiger Fortschritt erreicht,
wenn auch die betreffenden Festsetzungen nicht sogleich praktische Konsequenzen
hatten. Die Französische Mediterranean-Compagnie, mit welcher England
wegen des Posttransits auf längere Zeit contrahirt hat (pro 1867 betrug die
Transportvergütung allein 1.330,000 Francs ohne den Waaren- :c. Verkehr),
begann in richtiger Erkenntniß der Gefahr, welche ihr von dem neuen Con-
currenzproject drohte, die Fahrten von Marseille ab zu beschleunigen; sie be¬
hielt einstweilen die Postbeförderung nach wie vor. Da änderten urplötzlich
die im Juli 1870 eingetretenen Kriegsereignisse die Sachlage zu Gunsten der
Deutschen Transit-Linie; und nachdem durch die Belagerung der Französischen
Hauptstadt und durch Occupation eines großen Theils der nördlich und
südlich um Paris belegenen Departements von Seiten der Deutschen
Armeen der Eisenbahnbetrieb zwischen Calais und Marseille unterbrochen war,
blieb für die Indische Post nur der Weg durch Deutschland offen. Das
General-Postamt des Norddeutschen Bundes in Berlin ergriff mit größter
Energie mitten unter den umfassenden Arbeiten, welche die Leitung des Post-
wesens für die gesammte operirende Armee in Frankreich verursachte, alle
Maßregeln, um den Transit der Ueberlandpost durch Deutschland über den
Brenner mit thunlichster Sicherheit und Schnelligkeit zu organisiren; es wurde
trotz der großen Erschwernisse, welche aus dem Wagenmangel auf allen Eisen¬
bahnen und aus der Umstürzung fast des ganzen Friedens-Communications-
systems in Deutschland der prompter Durchführung der Indischen Post sich
entgegenstellten, doch in Kurzem Bedeutendes erreicht, namentlich wurden zwi¬
schen Ostende und Brindisi durchlaufende Wagen eingestellt und Abschaffung
lästiger Bureau- ze. Formalitäten, sowie Freibeförderung des begleitenden
Britischen Werks erzielt. Während bereits seit dem 17. September 1870 die
sogenannte Indische Supplement-Post (aus London Sonnabends früh) den
Weg durch Deutschland genommen hatte, passirte am 20/21. October 1870
das erste Britisch-Ostindische Haupt-Mail, bestehend aus 13l Kisten mit
S600 Briefen u. f. w., den Continent auf der Route via Ostende, Cöln, Mainz,
Aschaffenburg, München, Brenner, Ala, Brindisi; und es ist seitdem die
Indische Post hin- wie herwärts auf dieser, statt der Route Heidelberg-
Ulm einstweilen gewählten Linie allwöchentlich regelmäßig befördert worden,
— zu nicht geringer Befriedigung Deutschlands und der zahlreichen Deutschen
in England und Indien. Das Gesammtgewicht der vom 1. October 1870
bis 11. Februar 1871 trcmsitirten Mans hat 128.676 Pfund betragen. Als
ein wichtiges Moment muß hervorgehoben werden, daß den Bemühungen der
Norddeutschen PostVerwaltung gelang, bei dem Britischen General-Post-Office
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[0428] vom 2S. April 1870 die Vorbedingungen für den Transit der Indischen Post bestimmte Regelung erhielten. Hiermit war ein wichtiger Fortschritt erreicht, wenn auch die betreffenden Festsetzungen nicht sogleich praktische Konsequenzen hatten. Die Französische Mediterranean-Compagnie, mit welcher England wegen des Posttransits auf längere Zeit contrahirt hat (pro 1867 betrug die Transportvergütung allein 1.330,000 Francs ohne den Waaren- :c. Verkehr), begann in richtiger Erkenntniß der Gefahr, welche ihr von dem neuen Con- currenzproject drohte, die Fahrten von Marseille ab zu beschleunigen; sie be¬ hielt einstweilen die Postbeförderung nach wie vor. Da änderten urplötzlich die im Juli 1870 eingetretenen Kriegsereignisse die Sachlage zu Gunsten der Deutschen Transit-Linie; und nachdem durch die Belagerung der Französischen Hauptstadt und durch Occupation eines großen Theils der nördlich und südlich um Paris belegenen Departements von Seiten der Deutschen Armeen der Eisenbahnbetrieb zwischen Calais und Marseille unterbrochen war, blieb für die Indische Post nur der Weg durch Deutschland offen. Das General-Postamt des Norddeutschen Bundes in Berlin ergriff mit größter Energie mitten unter den umfassenden Arbeiten, welche die Leitung des Post- wesens für die gesammte operirende Armee in Frankreich verursachte, alle Maßregeln, um den Transit der Ueberlandpost durch Deutschland über den Brenner mit thunlichster Sicherheit und Schnelligkeit zu organisiren; es wurde trotz der großen Erschwernisse, welche aus dem Wagenmangel auf allen Eisen¬ bahnen und aus der Umstürzung fast des ganzen Friedens-Communications- systems in Deutschland der prompter Durchführung der Indischen Post sich entgegenstellten, doch in Kurzem Bedeutendes erreicht, namentlich wurden zwi¬ schen Ostende und Brindisi durchlaufende Wagen eingestellt und Abschaffung lästiger Bureau- ze. Formalitäten, sowie Freibeförderung des begleitenden Britischen Werks erzielt. Während bereits seit dem 17. September 1870 die sogenannte Indische Supplement-Post (aus London Sonnabends früh) den Weg durch Deutschland genommen hatte, passirte am 20/21. October 1870 das erste Britisch-Ostindische Haupt-Mail, bestehend aus 13l Kisten mit S600 Briefen u. f. w., den Continent auf der Route via Ostende, Cöln, Mainz, Aschaffenburg, München, Brenner, Ala, Brindisi; und es ist seitdem die Indische Post hin- wie herwärts auf dieser, statt der Route Heidelberg- Ulm einstweilen gewählten Linie allwöchentlich regelmäßig befördert worden, — zu nicht geringer Befriedigung Deutschlands und der zahlreichen Deutschen in England und Indien. Das Gesammtgewicht der vom 1. October 1870 bis 11. Februar 1871 trcmsitirten Mans hat 128.676 Pfund betragen. Als ein wichtiges Moment muß hervorgehoben werden, daß den Bemühungen der Norddeutschen PostVerwaltung gelang, bei dem Britischen General-Post-Office eine Ermäßigung der Portosätze für die auf dem Wege über Deutschland und

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 30, 1871, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341813_125243/428>, abgerufen am 22.07.2024.