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Die Grenzboten. Jg. 30, 1871, I. Semester. I. Band.

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Also ganz die Zusammenstellung, welche uns das heutige Deutsche
Reichsbanner bietet! Wer noch einen Zweifel hegt, kann sich in einem
andern lateinisch geschriebenen Werke desselben Dlugvsz. betitelt "Lan-
äerig, Vruterorum" (die Banner der Preußen), welches mit den zuge>
hörigen Abbildungen verschiedentlich, (zuletzt in dem verdienstvollen Werke
"Die Geschichtsquellen der Preußischen Vorzeit. IV. Band. Leipzig. Verlag
von S. Hirzel 1870") gedruckt worden ist, durch eigne Anschauung des Fah¬
nenbildes davon überzeugen, daß dasjenige Banner, welches 1410 einer
wichtigen Abtheilung des Deutschen Ordensheeres als Auszeichnung diente, ohne
irgend eine Verschiedenheit genau identisch ist mit dem 1867 als norddeutsche
Flagge eingeführten, und 1870 als Deutsche Flagge aufgenommenen Abzeichen.

Daß gerade die Farbenzusammenstellung schwarz-weiß-roth, in welcher
auch der ehrwürdige Jacob Grimm den Inbegriff und Gipfel aller Farben-
symbolik sah, schon in früher Zeit bei dem Deutschen Volksstamm beliebt
war, ergibt sich daraus, daß ein anderes Banner des Deutschen Ordens¬
heeres dieselbe Verbindung in umgekehrter Reihenfolge gibt. Nämlich das
Banner der nicht weit von Marienburg belegenen Bogtei Lesken, unter welchem
sich die streitbaren Ordensritter von Marienburg mit den Bewohnern des
Werders der fruchtbaren Niederung gesammelt hatten. Dasselbe ist, nach ganz
ausdrücklicher zweimaliger Beschreibung des Dlugosz roth-weiß-schwarz, und
beträgt seine Längenausdehnung 2^ Ellen, seine Breitendimension 2^/z Elle,
ähnlich wie die Proportionen anderer von dem polnischen Geschichtschreiber
angeführten Tricoloren. Die Länge des eigentlichen, schwarz-weiß-rothen, Ban¬
ners (von Altenstein) ist dagegen 3 V" Elle, seine Breite 2 Ellen. Gerade
durch diese 460 Jahre alten Verhältnißzahlen wird auch die heutige Form
der Deutschen Reichsflagge als auf historischer Basis begründbar hingestellt.

Wenn nun die heutigen Deutschen Reichsfarben, im Zusammenschmelzen
der Preußischen mit der Hansaflagge, eine natürlich-historische, und darin, daß
keine im Deutschen Staat eristirt, die (wie F. D. Strauß bemerkt) nicht we¬
nigstens eine der drei Farben schwarz-weiß-roth im Banner führt, eine greifbar¬
praktische Berechtigung haben: so sehen wir aus diesem kurzen Beispiel, daß
ihnen auch ein vollkommen heraldisch-richtiges Element innewohnt; ein
Vorzug, der an der Vereinigung schwarz-roth-gold bekanntlich vermißt wird.
Die von dem seligen Bundestage 1848 als Deutsches Banner vroelamirten,
und 1866 zu schlimmer Action entrollten Farben schwarz-roth-gold sind ja
notorischerweise nicht nur ungeschichtlich, sondern auch heraldisch falsch. Das
Banner schwarz-roth-gold ist in dieser Zusammenstellung nicht einmal als Banner
der Burschenschaft historisch; denn die alte zu Jena asservirte Burschenfahne
ist schwarz-roth mit goldenen Franzen. Und außerdem sind die Farben des
entschlafenen Deutschen Bundes heraldisch frisch. Schon durch ihren nicht


Also ganz die Zusammenstellung, welche uns das heutige Deutsche
Reichsbanner bietet! Wer noch einen Zweifel hegt, kann sich in einem
andern lateinisch geschriebenen Werke desselben Dlugvsz. betitelt „Lan-
äerig, Vruterorum" (die Banner der Preußen), welches mit den zuge>
hörigen Abbildungen verschiedentlich, (zuletzt in dem verdienstvollen Werke
„Die Geschichtsquellen der Preußischen Vorzeit. IV. Band. Leipzig. Verlag
von S. Hirzel 1870") gedruckt worden ist, durch eigne Anschauung des Fah¬
nenbildes davon überzeugen, daß dasjenige Banner, welches 1410 einer
wichtigen Abtheilung des Deutschen Ordensheeres als Auszeichnung diente, ohne
irgend eine Verschiedenheit genau identisch ist mit dem 1867 als norddeutsche
Flagge eingeführten, und 1870 als Deutsche Flagge aufgenommenen Abzeichen.

Daß gerade die Farbenzusammenstellung schwarz-weiß-roth, in welcher
auch der ehrwürdige Jacob Grimm den Inbegriff und Gipfel aller Farben-
symbolik sah, schon in früher Zeit bei dem Deutschen Volksstamm beliebt
war, ergibt sich daraus, daß ein anderes Banner des Deutschen Ordens¬
heeres dieselbe Verbindung in umgekehrter Reihenfolge gibt. Nämlich das
Banner der nicht weit von Marienburg belegenen Bogtei Lesken, unter welchem
sich die streitbaren Ordensritter von Marienburg mit den Bewohnern des
Werders der fruchtbaren Niederung gesammelt hatten. Dasselbe ist, nach ganz
ausdrücklicher zweimaliger Beschreibung des Dlugosz roth-weiß-schwarz, und
beträgt seine Längenausdehnung 2^ Ellen, seine Breitendimension 2^/z Elle,
ähnlich wie die Proportionen anderer von dem polnischen Geschichtschreiber
angeführten Tricoloren. Die Länge des eigentlichen, schwarz-weiß-rothen, Ban¬
ners (von Altenstein) ist dagegen 3 V» Elle, seine Breite 2 Ellen. Gerade
durch diese 460 Jahre alten Verhältnißzahlen wird auch die heutige Form
der Deutschen Reichsflagge als auf historischer Basis begründbar hingestellt.

Wenn nun die heutigen Deutschen Reichsfarben, im Zusammenschmelzen
der Preußischen mit der Hansaflagge, eine natürlich-historische, und darin, daß
keine im Deutschen Staat eristirt, die (wie F. D. Strauß bemerkt) nicht we¬
nigstens eine der drei Farben schwarz-weiß-roth im Banner führt, eine greifbar¬
praktische Berechtigung haben: so sehen wir aus diesem kurzen Beispiel, daß
ihnen auch ein vollkommen heraldisch-richtiges Element innewohnt; ein
Vorzug, der an der Vereinigung schwarz-roth-gold bekanntlich vermißt wird.
Die von dem seligen Bundestage 1848 als Deutsches Banner vroelamirten,
und 1866 zu schlimmer Action entrollten Farben schwarz-roth-gold sind ja
notorischerweise nicht nur ungeschichtlich, sondern auch heraldisch falsch. Das
Banner schwarz-roth-gold ist in dieser Zusammenstellung nicht einmal als Banner
der Burschenschaft historisch; denn die alte zu Jena asservirte Burschenfahne
ist schwarz-roth mit goldenen Franzen. Und außerdem sind die Farben des
entschlafenen Deutschen Bundes heraldisch frisch. Schon durch ihren nicht


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[0248] Also ganz die Zusammenstellung, welche uns das heutige Deutsche Reichsbanner bietet! Wer noch einen Zweifel hegt, kann sich in einem andern lateinisch geschriebenen Werke desselben Dlugvsz. betitelt „Lan- äerig, Vruterorum" (die Banner der Preußen), welches mit den zuge> hörigen Abbildungen verschiedentlich, (zuletzt in dem verdienstvollen Werke „Die Geschichtsquellen der Preußischen Vorzeit. IV. Band. Leipzig. Verlag von S. Hirzel 1870") gedruckt worden ist, durch eigne Anschauung des Fah¬ nenbildes davon überzeugen, daß dasjenige Banner, welches 1410 einer wichtigen Abtheilung des Deutschen Ordensheeres als Auszeichnung diente, ohne irgend eine Verschiedenheit genau identisch ist mit dem 1867 als norddeutsche Flagge eingeführten, und 1870 als Deutsche Flagge aufgenommenen Abzeichen. Daß gerade die Farbenzusammenstellung schwarz-weiß-roth, in welcher auch der ehrwürdige Jacob Grimm den Inbegriff und Gipfel aller Farben- symbolik sah, schon in früher Zeit bei dem Deutschen Volksstamm beliebt war, ergibt sich daraus, daß ein anderes Banner des Deutschen Ordens¬ heeres dieselbe Verbindung in umgekehrter Reihenfolge gibt. Nämlich das Banner der nicht weit von Marienburg belegenen Bogtei Lesken, unter welchem sich die streitbaren Ordensritter von Marienburg mit den Bewohnern des Werders der fruchtbaren Niederung gesammelt hatten. Dasselbe ist, nach ganz ausdrücklicher zweimaliger Beschreibung des Dlugosz roth-weiß-schwarz, und beträgt seine Längenausdehnung 2^ Ellen, seine Breitendimension 2^/z Elle, ähnlich wie die Proportionen anderer von dem polnischen Geschichtschreiber angeführten Tricoloren. Die Länge des eigentlichen, schwarz-weiß-rothen, Ban¬ ners (von Altenstein) ist dagegen 3 V» Elle, seine Breite 2 Ellen. Gerade durch diese 460 Jahre alten Verhältnißzahlen wird auch die heutige Form der Deutschen Reichsflagge als auf historischer Basis begründbar hingestellt. Wenn nun die heutigen Deutschen Reichsfarben, im Zusammenschmelzen der Preußischen mit der Hansaflagge, eine natürlich-historische, und darin, daß keine im Deutschen Staat eristirt, die (wie F. D. Strauß bemerkt) nicht we¬ nigstens eine der drei Farben schwarz-weiß-roth im Banner führt, eine greifbar¬ praktische Berechtigung haben: so sehen wir aus diesem kurzen Beispiel, daß ihnen auch ein vollkommen heraldisch-richtiges Element innewohnt; ein Vorzug, der an der Vereinigung schwarz-roth-gold bekanntlich vermißt wird. Die von dem seligen Bundestage 1848 als Deutsches Banner vroelamirten, und 1866 zu schlimmer Action entrollten Farben schwarz-roth-gold sind ja notorischerweise nicht nur ungeschichtlich, sondern auch heraldisch falsch. Das Banner schwarz-roth-gold ist in dieser Zusammenstellung nicht einmal als Banner der Burschenschaft historisch; denn die alte zu Jena asservirte Burschenfahne ist schwarz-roth mit goldenen Franzen. Und außerdem sind die Farben des entschlafenen Deutschen Bundes heraldisch frisch. Schon durch ihren nicht

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 30, 1871, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341813_125243/248>, abgerufen am 28.09.2024.