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Die Grenzboten. Jg. 30, 1871, I. Semester. I. Band.

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theoretische Vollkommenheit des künftigen internationalen Münz¬
systems laborirt. Es ist vielmehr ein zufalliges Zusammentreffen von Um¬
ständen, daß deutsche Münzgelehrte schon bei Abschluß des Wiener Münz¬
vertrages die wissenschaftlich vollkommenste Münzeinheit in Form der deutschen
Goldkrone von 10 Gramm feinen Goldes als Grundlage des künftigen
metrischen Münzsystems zur Geltung gebracht haben; daß das bisherige Gold¬
dollar-System der Vereinigten Staaten so nahe an ein richtig begründetes
metrisches Münzsystem mit der Rechnungseinheit von Gramm seinen
Goldes grenzt, daß der Unterschied innerhalb des Zirkels der hergebrachten
Toleranz liegt- Nachdem man sich in den Vereinigten Staaten von der
Wichtigkeit einer allgemeinen internationalen Münzeinigung überzeugt
hatte, und nun Sachverständige sich ernstlich mit der richtigen Lösung dieser
Frage beschäftigten, lag daher nahe, daß sie in dem durch die deutsche Gold¬
krone zuerst begründeten metrischen Münzsysteme das vollkommenste und
zugleich für sie bequemste Mittel erkannten, früher oder später die Idee inter¬
nationaler Münzverträge zur praktischen Ausführung zu bringen.

Indem die Vereinigten Staaten andre Völker zur Annahme des metri¬
schen Münzsystems einladen, welches für sie das bequemste und vortheilhaf¬
teste ist, handeln sie also im Grunde nicht anders als die Franzosen, welche
das Frankensystem in Vorschlag brachten. Der Unterschied liegt nur darin,
daß die Nordamerikaner offen erklären, das Maßgebende sei für sie der eigne
Vortheil, und dann, was die Hauptsache ist, daß das von ihnen Gebotene
etwas wissenschaftlich und praktisch Richtiges und Vollkommenes ist, während
das Frankensystem keinerlei Anspruch auf ein solches Prädicat machen kann.

Ferner erkennt die Regierung der Vereinigten Staaten die große Schwierig¬
keit an, welche mit dem Verlangen verknüpft ist, daß die übrigen bedeutend¬
sten Handelsvölker mit einem Male ihre gewohnten Münzsysteme verlassen
und statt ihrer das metrische System einführen sollten. Sie bringt daher
den Mittelweg in Vorschlag, daß einstweilen ein jedes Volk seine Goldmünzen
behalten und sie nur mit einer geringfügigen Modifikation mit dem metrischen
Gewichtssysteme in Einklang bringen solle.

(Schluß folgt.)




theoretische Vollkommenheit des künftigen internationalen Münz¬
systems laborirt. Es ist vielmehr ein zufalliges Zusammentreffen von Um¬
ständen, daß deutsche Münzgelehrte schon bei Abschluß des Wiener Münz¬
vertrages die wissenschaftlich vollkommenste Münzeinheit in Form der deutschen
Goldkrone von 10 Gramm feinen Goldes als Grundlage des künftigen
metrischen Münzsystems zur Geltung gebracht haben; daß das bisherige Gold¬
dollar-System der Vereinigten Staaten so nahe an ein richtig begründetes
metrisches Münzsystem mit der Rechnungseinheit von Gramm seinen
Goldes grenzt, daß der Unterschied innerhalb des Zirkels der hergebrachten
Toleranz liegt- Nachdem man sich in den Vereinigten Staaten von der
Wichtigkeit einer allgemeinen internationalen Münzeinigung überzeugt
hatte, und nun Sachverständige sich ernstlich mit der richtigen Lösung dieser
Frage beschäftigten, lag daher nahe, daß sie in dem durch die deutsche Gold¬
krone zuerst begründeten metrischen Münzsysteme das vollkommenste und
zugleich für sie bequemste Mittel erkannten, früher oder später die Idee inter¬
nationaler Münzverträge zur praktischen Ausführung zu bringen.

Indem die Vereinigten Staaten andre Völker zur Annahme des metri¬
schen Münzsystems einladen, welches für sie das bequemste und vortheilhaf¬
teste ist, handeln sie also im Grunde nicht anders als die Franzosen, welche
das Frankensystem in Vorschlag brachten. Der Unterschied liegt nur darin,
daß die Nordamerikaner offen erklären, das Maßgebende sei für sie der eigne
Vortheil, und dann, was die Hauptsache ist, daß das von ihnen Gebotene
etwas wissenschaftlich und praktisch Richtiges und Vollkommenes ist, während
das Frankensystem keinerlei Anspruch auf ein solches Prädicat machen kann.

Ferner erkennt die Regierung der Vereinigten Staaten die große Schwierig¬
keit an, welche mit dem Verlangen verknüpft ist, daß die übrigen bedeutend¬
sten Handelsvölker mit einem Male ihre gewohnten Münzsysteme verlassen
und statt ihrer das metrische System einführen sollten. Sie bringt daher
den Mittelweg in Vorschlag, daß einstweilen ein jedes Volk seine Goldmünzen
behalten und sie nur mit einer geringfügigen Modifikation mit dem metrischen
Gewichtssysteme in Einklang bringen solle.

(Schluß folgt.)




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[0235] theoretische Vollkommenheit des künftigen internationalen Münz¬ systems laborirt. Es ist vielmehr ein zufalliges Zusammentreffen von Um¬ ständen, daß deutsche Münzgelehrte schon bei Abschluß des Wiener Münz¬ vertrages die wissenschaftlich vollkommenste Münzeinheit in Form der deutschen Goldkrone von 10 Gramm feinen Goldes als Grundlage des künftigen metrischen Münzsystems zur Geltung gebracht haben; daß das bisherige Gold¬ dollar-System der Vereinigten Staaten so nahe an ein richtig begründetes metrisches Münzsystem mit der Rechnungseinheit von Gramm seinen Goldes grenzt, daß der Unterschied innerhalb des Zirkels der hergebrachten Toleranz liegt- Nachdem man sich in den Vereinigten Staaten von der Wichtigkeit einer allgemeinen internationalen Münzeinigung überzeugt hatte, und nun Sachverständige sich ernstlich mit der richtigen Lösung dieser Frage beschäftigten, lag daher nahe, daß sie in dem durch die deutsche Gold¬ krone zuerst begründeten metrischen Münzsysteme das vollkommenste und zugleich für sie bequemste Mittel erkannten, früher oder später die Idee inter¬ nationaler Münzverträge zur praktischen Ausführung zu bringen. Indem die Vereinigten Staaten andre Völker zur Annahme des metri¬ schen Münzsystems einladen, welches für sie das bequemste und vortheilhaf¬ teste ist, handeln sie also im Grunde nicht anders als die Franzosen, welche das Frankensystem in Vorschlag brachten. Der Unterschied liegt nur darin, daß die Nordamerikaner offen erklären, das Maßgebende sei für sie der eigne Vortheil, und dann, was die Hauptsache ist, daß das von ihnen Gebotene etwas wissenschaftlich und praktisch Richtiges und Vollkommenes ist, während das Frankensystem keinerlei Anspruch auf ein solches Prädicat machen kann. Ferner erkennt die Regierung der Vereinigten Staaten die große Schwierig¬ keit an, welche mit dem Verlangen verknüpft ist, daß die übrigen bedeutend¬ sten Handelsvölker mit einem Male ihre gewohnten Münzsysteme verlassen und statt ihrer das metrische System einführen sollten. Sie bringt daher den Mittelweg in Vorschlag, daß einstweilen ein jedes Volk seine Goldmünzen behalten und sie nur mit einer geringfügigen Modifikation mit dem metrischen Gewichtssysteme in Einklang bringen solle. (Schluß folgt.)

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 30, 1871, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341813_125243/235>, abgerufen am 28.09.2024.