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Die Grenzboten. Jg. 30, 1871, I. Semester. I. Band.

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lung befinden. Jedenfalls bedarf keiner Ausführung daß eine Münzeini¬
gung, z.B. Deutschlands mit Nordamerika, den Verkehr zwischen beiden Ländern,
die dann keines Dritten, als nothwendigen Vermittlers mehr bedürften, in
sehr bedeutendem Grade vergrößern und beleben würde.

Die statistischen Angaben des Schriftstückes können allerdings nur in si>
fern als authentisch gelten, als sie sich in Betreff der nordamerikanischen
Ein- und Ausführen auf offizielle Quellen stützen. Die Hinzurechnung
Oestreichs zur dritten Ländergruppe als Vertreter des (künftigen) deutschen
Münzsystems verspricht uns wahrscheinlich mehr, als die Wirklichkeit uns lei-
sten wird, da der östreichische Kaiserstaat einstweilen sich bereits dem Franken¬
systeme angeschlossen hat. Größere Berechtigung liegt darin, wenn die 300
Millionen Menschen betragende Bevölkerung Chinas und Japans einmal zur
Gruppe des Sterling-, zum anderen zu derjenigen des Dollarsystems gerech¬
net werden, da allerdings der sehr lebhafte Handelsverkehr dieser Länder sich
im Rahmen beider Münzsysteme bewegt. Als nicht in besonders wichtiger
Geschäftsverbindung mit den Verein. Staaten stehend, sind dagegen nicht er¬
wähnt worden die ehemals spanischen Republiken Südamerikas mit 16 Mill,
Einwohnern, welche ebenfalls nach Pesos (Piastern oder Dollars) rechnen.

Eine Absonderlichkeit ist das Borurtheil, mit welchem die nordamerika¬
nische Regierung, während sie auf der viel schwierigeren Bahn des Münz-
wcsens den Fortschritt sucht, die Annahme des metrischen Münzsystems
predigt, sich von vorn herein gegen das Ansinnen verwahrt, daß man über¬
haupt in den Berein. Staaten metrische Maße und Gewichte einführen
sollte. Gerade beim Maschinenwesen, wie überhaupt bei jedem Industrie¬
zweig, welcher mit den mathematischen Wissenschaften im Zusammenhange
steht, sind die von dem metrischen Maß- und Gewichtsysteme gebotenen über-
- aus großen Vortheile und Erleichterungen eine so weltbekannte Thatsache,
daß in mehr als einem Lande z. B. Maschinenbauer angefangen haben, auf
eigne Hand nach metrischen Maße und Gewichte zu rechnen und zu arbeiten,
noch ehe dasselbe officiell zur Benutzung für die Landesbevölkerung eingeführt
war. Ebenso groß aber ist allerdings das Vorurtheil, womit man in Deutsch¬
land umgekehrt nach stattgehabter Annahme der metrischen Maße und Ge¬
wichte sich noch"'fortwährend gegen Einführung des metrischen Münzsystems
sperrt. In Nordamerika Fortschritt im Münzwesen, Vorurtheil betreffs der
Maße und Gewichte, in Deutschland Fortschritt bei Maßen und Gewichten.
Vorurtheil beim Münzwesen!

Wenn die Schrift des amerikanischen Ministers die in Frage kommenden
statistischen Angaben ausschließlich vom Standpunkte der Vereinigten Staaten,
d. h. nach den Ausweisen ihrer Zollhäuser hinstellt, so wird für uns, um
uns die wirkliche handelspolitische Bedeutung der verschiedenen Ländergruppen


lung befinden. Jedenfalls bedarf keiner Ausführung daß eine Münzeini¬
gung, z.B. Deutschlands mit Nordamerika, den Verkehr zwischen beiden Ländern,
die dann keines Dritten, als nothwendigen Vermittlers mehr bedürften, in
sehr bedeutendem Grade vergrößern und beleben würde.

Die statistischen Angaben des Schriftstückes können allerdings nur in si>
fern als authentisch gelten, als sie sich in Betreff der nordamerikanischen
Ein- und Ausführen auf offizielle Quellen stützen. Die Hinzurechnung
Oestreichs zur dritten Ländergruppe als Vertreter des (künftigen) deutschen
Münzsystems verspricht uns wahrscheinlich mehr, als die Wirklichkeit uns lei-
sten wird, da der östreichische Kaiserstaat einstweilen sich bereits dem Franken¬
systeme angeschlossen hat. Größere Berechtigung liegt darin, wenn die 300
Millionen Menschen betragende Bevölkerung Chinas und Japans einmal zur
Gruppe des Sterling-, zum anderen zu derjenigen des Dollarsystems gerech¬
net werden, da allerdings der sehr lebhafte Handelsverkehr dieser Länder sich
im Rahmen beider Münzsysteme bewegt. Als nicht in besonders wichtiger
Geschäftsverbindung mit den Verein. Staaten stehend, sind dagegen nicht er¬
wähnt worden die ehemals spanischen Republiken Südamerikas mit 16 Mill,
Einwohnern, welche ebenfalls nach Pesos (Piastern oder Dollars) rechnen.

Eine Absonderlichkeit ist das Borurtheil, mit welchem die nordamerika¬
nische Regierung, während sie auf der viel schwierigeren Bahn des Münz-
wcsens den Fortschritt sucht, die Annahme des metrischen Münzsystems
predigt, sich von vorn herein gegen das Ansinnen verwahrt, daß man über¬
haupt in den Berein. Staaten metrische Maße und Gewichte einführen
sollte. Gerade beim Maschinenwesen, wie überhaupt bei jedem Industrie¬
zweig, welcher mit den mathematischen Wissenschaften im Zusammenhange
steht, sind die von dem metrischen Maß- und Gewichtsysteme gebotenen über-
- aus großen Vortheile und Erleichterungen eine so weltbekannte Thatsache,
daß in mehr als einem Lande z. B. Maschinenbauer angefangen haben, auf
eigne Hand nach metrischen Maße und Gewichte zu rechnen und zu arbeiten,
noch ehe dasselbe officiell zur Benutzung für die Landesbevölkerung eingeführt
war. Ebenso groß aber ist allerdings das Vorurtheil, womit man in Deutsch¬
land umgekehrt nach stattgehabter Annahme der metrischen Maße und Ge¬
wichte sich noch"'fortwährend gegen Einführung des metrischen Münzsystems
sperrt. In Nordamerika Fortschritt im Münzwesen, Vorurtheil betreffs der
Maße und Gewichte, in Deutschland Fortschritt bei Maßen und Gewichten.
Vorurtheil beim Münzwesen!

Wenn die Schrift des amerikanischen Ministers die in Frage kommenden
statistischen Angaben ausschließlich vom Standpunkte der Vereinigten Staaten,
d. h. nach den Ausweisen ihrer Zollhäuser hinstellt, so wird für uns, um
uns die wirkliche handelspolitische Bedeutung der verschiedenen Ländergruppen


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 30, 1871, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341813_125243/232>, abgerufen am 28.09.2024.