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Die Grenzboten. Jg. 30, 1871, I. Semester. I. Band.

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"Diese Veränderungen sind geringfügig und bedürften kaum einer>An-
rechnung; finden sie Annahme, so gewähren sie im Decigramme eine inter¬
nationale Nechnungseinheit, welche sich mit Leichtigkeit von einem Ausdruck
in den andern übertragen läßt, und das seine Gold erscheint als
Währungsmetall, ohne daß der jeweilige Zusatz weiter in Betracht käme."

"Wir richten die Einladung an die verschiedenen Regierungen, über die¬
sen Borschlag mit uns in Meinungsaustausch zu treten."




Hier haben wir das Schreiben an die amerikanischen Gesandten in gedrängter
Form. Der der Politik wie dem bürgerlichen Geschäftsleben Nordamerikas
eigenthümliche krasse Egoismus spricht sich hier klar und ohne Umschweife aus.
Hier heißt es nicht verblümt, wie auf Seiten Frankreichs bei der Pariser Con-
ferenz: "es solle eine gegenseitige Gleichachtung der bestehenden Münzsysteme
beobachtet werden, wobei jedoch den wissenschaftlichen Borzügen gewisser
Grundformen und der Anzahl der sich zu ihnen bekennenden Bevölkerungen
Rechnung zu tragen sei", d. h. aus deutsch ebenfalls: "man verlange von
Seiten Frankreichs, daß alle übrigen Völker sich dem (übrigens keines
megs wissenschaftlich vollkommenen) französischen Münzsystem anschließen
sollen." Der Amerikaner erklärt ganz einfach: "Bei der ganzen Frage
einer internationalen Münzeinigung bekümmere ich mich nur um den eignen
Vortheil; den Grad von Interesse, welchen ich für andere Völker hege, be-
rechne ich nach den Jahresausweisen meiner Zollhäuser. Mein Verkehr mit
England und seinen Colonieen übertrifft bei Weitem denjenigen mit allen
übrigen Völkern, folglich, nachdem ich zuerst ermittelt habe, was mir selbst
am bequemsten in der Münzfrage ist, werde ich suchen, mich zunächst mit
England zu einigen; in zweiter Linie folgt Frankreich, und die sonst nach
Franken rechnenden Völker; was Deutschland und die übrigen Länder anbe¬
trifft, mit denen unser Verkehr geringer ist, so liegt mir weniger daran, ob-
schon ich ein Uebereinkommen auch mit ihnen wünsche.

Diese Ausdrucksweise hat jedenfalls den Vortheil, daß Jeder dabei seine
Stellung zu Nordamerika klar übersehen kann, und wir in Deutschland nicht
in Versuchung kommen, uns Selbsttäuschungen hinzugeben, als könnten wir
unsrerseits auf Amerikaner und Engländer in der internationalen Münzfrage
einen Druck ausüben. Dazu ist unser Verkehr mit ihnen nicht bedeutend
genug. .

Ferner bestrebt sich das Schreiben des Ministers, die Frage der inter¬
nationalen Münzeinigung auf ihre richtige Bedeutung zurückzuführen, indem
er sagt:


"Man darf nicht übersehen, daß, so lange es einen Waarenverkehr
gibt, der Gebrauch, die Zahlungen dafür in Wechseln zu leisten, (welche

Grenzboten l. I87U 2!)

„Diese Veränderungen sind geringfügig und bedürften kaum einer>An-
rechnung; finden sie Annahme, so gewähren sie im Decigramme eine inter¬
nationale Nechnungseinheit, welche sich mit Leichtigkeit von einem Ausdruck
in den andern übertragen läßt, und das seine Gold erscheint als
Währungsmetall, ohne daß der jeweilige Zusatz weiter in Betracht käme."

„Wir richten die Einladung an die verschiedenen Regierungen, über die¬
sen Borschlag mit uns in Meinungsaustausch zu treten."




Hier haben wir das Schreiben an die amerikanischen Gesandten in gedrängter
Form. Der der Politik wie dem bürgerlichen Geschäftsleben Nordamerikas
eigenthümliche krasse Egoismus spricht sich hier klar und ohne Umschweife aus.
Hier heißt es nicht verblümt, wie auf Seiten Frankreichs bei der Pariser Con-
ferenz: „es solle eine gegenseitige Gleichachtung der bestehenden Münzsysteme
beobachtet werden, wobei jedoch den wissenschaftlichen Borzügen gewisser
Grundformen und der Anzahl der sich zu ihnen bekennenden Bevölkerungen
Rechnung zu tragen sei", d. h. aus deutsch ebenfalls: „man verlange von
Seiten Frankreichs, daß alle übrigen Völker sich dem (übrigens keines
megs wissenschaftlich vollkommenen) französischen Münzsystem anschließen
sollen." Der Amerikaner erklärt ganz einfach: „Bei der ganzen Frage
einer internationalen Münzeinigung bekümmere ich mich nur um den eignen
Vortheil; den Grad von Interesse, welchen ich für andere Völker hege, be-
rechne ich nach den Jahresausweisen meiner Zollhäuser. Mein Verkehr mit
England und seinen Colonieen übertrifft bei Weitem denjenigen mit allen
übrigen Völkern, folglich, nachdem ich zuerst ermittelt habe, was mir selbst
am bequemsten in der Münzfrage ist, werde ich suchen, mich zunächst mit
England zu einigen; in zweiter Linie folgt Frankreich, und die sonst nach
Franken rechnenden Völker; was Deutschland und die übrigen Länder anbe¬
trifft, mit denen unser Verkehr geringer ist, so liegt mir weniger daran, ob-
schon ich ein Uebereinkommen auch mit ihnen wünsche.

Diese Ausdrucksweise hat jedenfalls den Vortheil, daß Jeder dabei seine
Stellung zu Nordamerika klar übersehen kann, und wir in Deutschland nicht
in Versuchung kommen, uns Selbsttäuschungen hinzugeben, als könnten wir
unsrerseits auf Amerikaner und Engländer in der internationalen Münzfrage
einen Druck ausüben. Dazu ist unser Verkehr mit ihnen nicht bedeutend
genug. .

Ferner bestrebt sich das Schreiben des Ministers, die Frage der inter¬
nationalen Münzeinigung auf ihre richtige Bedeutung zurückzuführen, indem
er sagt:


„Man darf nicht übersehen, daß, so lange es einen Waarenverkehr
gibt, der Gebrauch, die Zahlungen dafür in Wechseln zu leisten, (welche

Grenzboten l. I87U 2!)
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[0229] „Diese Veränderungen sind geringfügig und bedürften kaum einer>An- rechnung; finden sie Annahme, so gewähren sie im Decigramme eine inter¬ nationale Nechnungseinheit, welche sich mit Leichtigkeit von einem Ausdruck in den andern übertragen läßt, und das seine Gold erscheint als Währungsmetall, ohne daß der jeweilige Zusatz weiter in Betracht käme." „Wir richten die Einladung an die verschiedenen Regierungen, über die¬ sen Borschlag mit uns in Meinungsaustausch zu treten." Hier haben wir das Schreiben an die amerikanischen Gesandten in gedrängter Form. Der der Politik wie dem bürgerlichen Geschäftsleben Nordamerikas eigenthümliche krasse Egoismus spricht sich hier klar und ohne Umschweife aus. Hier heißt es nicht verblümt, wie auf Seiten Frankreichs bei der Pariser Con- ferenz: „es solle eine gegenseitige Gleichachtung der bestehenden Münzsysteme beobachtet werden, wobei jedoch den wissenschaftlichen Borzügen gewisser Grundformen und der Anzahl der sich zu ihnen bekennenden Bevölkerungen Rechnung zu tragen sei", d. h. aus deutsch ebenfalls: „man verlange von Seiten Frankreichs, daß alle übrigen Völker sich dem (übrigens keines megs wissenschaftlich vollkommenen) französischen Münzsystem anschließen sollen." Der Amerikaner erklärt ganz einfach: „Bei der ganzen Frage einer internationalen Münzeinigung bekümmere ich mich nur um den eignen Vortheil; den Grad von Interesse, welchen ich für andere Völker hege, be- rechne ich nach den Jahresausweisen meiner Zollhäuser. Mein Verkehr mit England und seinen Colonieen übertrifft bei Weitem denjenigen mit allen übrigen Völkern, folglich, nachdem ich zuerst ermittelt habe, was mir selbst am bequemsten in der Münzfrage ist, werde ich suchen, mich zunächst mit England zu einigen; in zweiter Linie folgt Frankreich, und die sonst nach Franken rechnenden Völker; was Deutschland und die übrigen Länder anbe¬ trifft, mit denen unser Verkehr geringer ist, so liegt mir weniger daran, ob- schon ich ein Uebereinkommen auch mit ihnen wünsche. Diese Ausdrucksweise hat jedenfalls den Vortheil, daß Jeder dabei seine Stellung zu Nordamerika klar übersehen kann, und wir in Deutschland nicht in Versuchung kommen, uns Selbsttäuschungen hinzugeben, als könnten wir unsrerseits auf Amerikaner und Engländer in der internationalen Münzfrage einen Druck ausüben. Dazu ist unser Verkehr mit ihnen nicht bedeutend genug. . Ferner bestrebt sich das Schreiben des Ministers, die Frage der inter¬ nationalen Münzeinigung auf ihre richtige Bedeutung zurückzuführen, indem er sagt: „Man darf nicht übersehen, daß, so lange es einen Waarenverkehr gibt, der Gebrauch, die Zahlungen dafür in Wechseln zu leisten, (welche Grenzboten l. I87U 2!)

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 30, 1871, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341813_125243/229>, abgerufen am 29.06.2024.