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Die Grenzboten. Jg. 30, 1871, I. Semester. I. Band.

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fast ausschließlich um die Bedürfnisse der Könige und Heerführer. Die ^ große
Masse der Soldaten stand in sehr losem Zusammenhange mit der Hei-
m>its; die Kunst des Schreibens war wenig bekannt. Welch ein mächtiger
Schritt in der menschlichen Entwicklung ist es nicht von dem Thierfell, auf
welchem Tarquinius die Verträge zwischen Rom und Gabii "schreiben" ließ,
oder von den altitalischen Holztafeln bis zu der Correspondenzkarte der
Neuzeit!

Im Mittel alter ziehen zuerst die Einrichtungen der Kreuzfahrer zum
Transport von Nachrichten unsere Aufmerksamkeit auf sich. Die einzelnen
Heerführer hatten zwischen den von ihnen besetzten Punkten Kleinasiens
Tauben-Briefposten errichtet, welche einen regelmäßigen Austausch von
Mittheilungen bewirkten. Im Orient war schon damals -- wie noch jetzt --
die Verwendung von Tauben zur Beförderung von Botschaften sehr beliebt.
Zwischen Ofen und Stambul bestand während der Occupation Ungarns
durch die Türken eine regelmäßige Verbindung durch Brieftauben; -- wie
denn jetzt auch Paris durch jene freundliche Gefährtin Noah's, wenn nicht
das Oelblatt des Friedens, so doch Nachrichten von der Außenwelt empfängt.
Die Römerzuge der deutschen Kaiser bieten wenig Anklänge an Feldein¬
richtungen dar, die Verbindung über die Alpenpässe war zu schwierig. In
England wurde zuerst von Eduard IV. (1481) während des schottischen
Krieges eine -- übrigens nur für Staatszwecke -- bestimmte Reitpost, also
eine Art Feldpost, errichtet. In Frankreich war es Ludwig IX., welcher
1464 zuerst Posten schuf.

Mit dem bedeutsamen Aufschwünge, welchen die Entwickelung des Men¬
schengeschlechts im Anfange des 16. Jahrhunderts nahm, sehen wir auch in
Deutschland Posteinrichtungen von größerer Bedeutung entstehen; aus
den zerstreuten Botenanstalten bildeten sich im Laufe der Zeit regelmäßig
coursirende Posten, welche auch für Kriegszwecke nutzbar gemacht wurden.
Wallenstein's Dragoner Neitposten gingen von Wien bis Stralsuno, Der
große Kurfürst -- welchem der preußische Staat recht eigentlich die Begrün¬
dung guter Posteinrichtungen verdankt -- rief im Jahre 1646 ebenfalls eine
Dragoner-(Trabanten)Post ins Leben, welche Depeschen von Berlin bis
Osnabrück an die mit den Friedensunterhandlungen beauftragten Gesandten
beförderte.

Doch waren förmliche Feldposten im modernen Sinne in den Kriegen
jener Zeit nicht vorhanden.

Das erste preußische Feldpostamt wurde im vorpommerschen
Kriege (1716) eingerichtet; dasselbe hatte der Armee zu folgen und durch rei¬
tende Postillone die Verbindung mit dem nächsten Pvstorte der Heimath zu
unterhalten. König Friedrich Wilhelm I. mit seinem scharfen Einblick in die


fast ausschließlich um die Bedürfnisse der Könige und Heerführer. Die ^ große
Masse der Soldaten stand in sehr losem Zusammenhange mit der Hei-
m>its; die Kunst des Schreibens war wenig bekannt. Welch ein mächtiger
Schritt in der menschlichen Entwicklung ist es nicht von dem Thierfell, auf
welchem Tarquinius die Verträge zwischen Rom und Gabii „schreiben" ließ,
oder von den altitalischen Holztafeln bis zu der Correspondenzkarte der
Neuzeit!

Im Mittel alter ziehen zuerst die Einrichtungen der Kreuzfahrer zum
Transport von Nachrichten unsere Aufmerksamkeit auf sich. Die einzelnen
Heerführer hatten zwischen den von ihnen besetzten Punkten Kleinasiens
Tauben-Briefposten errichtet, welche einen regelmäßigen Austausch von
Mittheilungen bewirkten. Im Orient war schon damals — wie noch jetzt —
die Verwendung von Tauben zur Beförderung von Botschaften sehr beliebt.
Zwischen Ofen und Stambul bestand während der Occupation Ungarns
durch die Türken eine regelmäßige Verbindung durch Brieftauben; — wie
denn jetzt auch Paris durch jene freundliche Gefährtin Noah's, wenn nicht
das Oelblatt des Friedens, so doch Nachrichten von der Außenwelt empfängt.
Die Römerzuge der deutschen Kaiser bieten wenig Anklänge an Feldein¬
richtungen dar, die Verbindung über die Alpenpässe war zu schwierig. In
England wurde zuerst von Eduard IV. (1481) während des schottischen
Krieges eine — übrigens nur für Staatszwecke — bestimmte Reitpost, also
eine Art Feldpost, errichtet. In Frankreich war es Ludwig IX., welcher
1464 zuerst Posten schuf.

Mit dem bedeutsamen Aufschwünge, welchen die Entwickelung des Men¬
schengeschlechts im Anfange des 16. Jahrhunderts nahm, sehen wir auch in
Deutschland Posteinrichtungen von größerer Bedeutung entstehen; aus
den zerstreuten Botenanstalten bildeten sich im Laufe der Zeit regelmäßig
coursirende Posten, welche auch für Kriegszwecke nutzbar gemacht wurden.
Wallenstein's Dragoner Neitposten gingen von Wien bis Stralsuno, Der
große Kurfürst — welchem der preußische Staat recht eigentlich die Begrün¬
dung guter Posteinrichtungen verdankt — rief im Jahre 1646 ebenfalls eine
Dragoner-(Trabanten)Post ins Leben, welche Depeschen von Berlin bis
Osnabrück an die mit den Friedensunterhandlungen beauftragten Gesandten
beförderte.

Doch waren förmliche Feldposten im modernen Sinne in den Kriegen
jener Zeit nicht vorhanden.

Das erste preußische Feldpostamt wurde im vorpommerschen
Kriege (1716) eingerichtet; dasselbe hatte der Armee zu folgen und durch rei¬
tende Postillone die Verbindung mit dem nächsten Pvstorte der Heimath zu
unterhalten. König Friedrich Wilhelm I. mit seinem scharfen Einblick in die


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 30, 1871, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341813_125243/104>, abgerufen am 23.07.2024.