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Die Grenzboten. Jg. 30, 1871, I. Semester. I. Band.

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halb denn auch Penelope bei dem Mangel an Nachrichten von Odysseus den
Freiern gegenüber in arge Bedrängniß geriet!) -- nicht zum Schaden freilich
des romantischen Elements der Homerischen Epopeen. Die griechischen Tra¬
giker würden eines echt dramatischen Stoffes entbehrt haben, wenn Klytemnästra,
durch treffliche Posteinrichtungen unterstützt, mit ihrem fernen Gemahl in
Verbindung geblieben wäre und ihm dabei die Treue bewahrt hätte.

Herodot und Aenophon rühmen die Persischen Reitposten, welche
eine regelmäßige Verbindung zwischen der Armee und der Hauptstadt herstell¬
ten. Diese Reiter -- Angaroi -- ritten Tag und Nacht ohne Rücksicht auf
Jahreszeit und Witterung, so daß ihre Geschwindigkeit mit dem Fluge der
Kraniche verglichen wird. Dagegen war das lacedämonische Hilfseorps
unter Xenophon's Führung von der heimathlichen griechischen Erde völlig
abgeschnitten. In den griechischen Kriegen konnten bei der geringen
territorialen Ausdehnung der peloponnesischen Halbinsel die Hemerodro-
men (Schnellläufer) zur Uebermittelung von Botschaften mit Nutzen ver¬
wendet werden. Der Aihenienser Phidippides, welcher nach der Schlacht
von Marathon nach Sparta entsandt wurde, um Hilfe gegen die Perser
zu erbitten, legte die Strecke von 28'/z Meilen in zwei Tagen zurück.
Hamilcar Barkas mußte selbst große Geldsendungen, deren seine Freunde in
Karthago zur Beruhigung der Plebs bedurften, auf gefahrvollen Wegen
durch Boten von Spanien übers Meer senden. Hannibal war ohne regel¬
mäßige Verbindung mit dem ihm wenig günstig gesinnten Karthago. Auch
die großen Kriegsmeister, die Römer, hatten nur kümmerliche Armee-
communicationen; doch empfing Cäsar die Senatusconsulte aus Rom in
Gallien -- auf demselben Boden, wo jetzt unsere Heere kämpfen -- durch
Boten des Senats; auch wurden den letzteren bei ihrer Rückkehr nach Rom
Briefe mitgegeben, welche den Römern von den wunderbaren Völkern Galliens
(den Suesfionen, Atrebaten, Kelten) berichteten. Zeitungen gab es damals
in Rom nicht; wichtige Kriegsnachrichten wurden an öffentlichen Orten mit
dem Griffel angeschrieben; erst später kamen die aew diurna aus. Zu Augustus
Zeiten finden wir bei den Römern bereits Reitposten, durch welche Briefe
von Tiberius aus Asien in 20 Tagen, Nachrichten von den Legionen in
Pannonien in 5 Tagen nach Rom gelangten. Hadrian (1l7--138) vervoll¬
kommnete die römische Staatspost, den cursus xublieu?, erheblich. An der
Heerstraße waren in der Entfernung von Tagereisen Stationen (umnsicmes)
und Relais (mut,ö,t.imo") errichtet, bei welchen Pferde oder Maulesel bereit-
standen. Selbst leichte Fahrzeuge (llwllao, earri) zum Transport von Per¬
sonen waren vorhanden. Die Bagage wurde auf Packwagen (cur-sui; cllchu-
lai-Ls) durch Ochsen befördert, die Stationsaufseher (Postmeister) waren Sol¬
daten. Das Ganze war Staats anstatt. Es handelte sich eben im Alterthume


halb denn auch Penelope bei dem Mangel an Nachrichten von Odysseus den
Freiern gegenüber in arge Bedrängniß geriet!) — nicht zum Schaden freilich
des romantischen Elements der Homerischen Epopeen. Die griechischen Tra¬
giker würden eines echt dramatischen Stoffes entbehrt haben, wenn Klytemnästra,
durch treffliche Posteinrichtungen unterstützt, mit ihrem fernen Gemahl in
Verbindung geblieben wäre und ihm dabei die Treue bewahrt hätte.

Herodot und Aenophon rühmen die Persischen Reitposten, welche
eine regelmäßige Verbindung zwischen der Armee und der Hauptstadt herstell¬
ten. Diese Reiter — Angaroi — ritten Tag und Nacht ohne Rücksicht auf
Jahreszeit und Witterung, so daß ihre Geschwindigkeit mit dem Fluge der
Kraniche verglichen wird. Dagegen war das lacedämonische Hilfseorps
unter Xenophon's Führung von der heimathlichen griechischen Erde völlig
abgeschnitten. In den griechischen Kriegen konnten bei der geringen
territorialen Ausdehnung der peloponnesischen Halbinsel die Hemerodro-
men (Schnellläufer) zur Uebermittelung von Botschaften mit Nutzen ver¬
wendet werden. Der Aihenienser Phidippides, welcher nach der Schlacht
von Marathon nach Sparta entsandt wurde, um Hilfe gegen die Perser
zu erbitten, legte die Strecke von 28'/z Meilen in zwei Tagen zurück.
Hamilcar Barkas mußte selbst große Geldsendungen, deren seine Freunde in
Karthago zur Beruhigung der Plebs bedurften, auf gefahrvollen Wegen
durch Boten von Spanien übers Meer senden. Hannibal war ohne regel¬
mäßige Verbindung mit dem ihm wenig günstig gesinnten Karthago. Auch
die großen Kriegsmeister, die Römer, hatten nur kümmerliche Armee-
communicationen; doch empfing Cäsar die Senatusconsulte aus Rom in
Gallien — auf demselben Boden, wo jetzt unsere Heere kämpfen — durch
Boten des Senats; auch wurden den letzteren bei ihrer Rückkehr nach Rom
Briefe mitgegeben, welche den Römern von den wunderbaren Völkern Galliens
(den Suesfionen, Atrebaten, Kelten) berichteten. Zeitungen gab es damals
in Rom nicht; wichtige Kriegsnachrichten wurden an öffentlichen Orten mit
dem Griffel angeschrieben; erst später kamen die aew diurna aus. Zu Augustus
Zeiten finden wir bei den Römern bereits Reitposten, durch welche Briefe
von Tiberius aus Asien in 20 Tagen, Nachrichten von den Legionen in
Pannonien in 5 Tagen nach Rom gelangten. Hadrian (1l7—138) vervoll¬
kommnete die römische Staatspost, den cursus xublieu?, erheblich. An der
Heerstraße waren in der Entfernung von Tagereisen Stationen (umnsicmes)
und Relais (mut,ö,t.imo») errichtet, bei welchen Pferde oder Maulesel bereit-
standen. Selbst leichte Fahrzeuge (llwllao, earri) zum Transport von Per¬
sonen waren vorhanden. Die Bagage wurde auf Packwagen (cur-sui; cllchu-
lai-Ls) durch Ochsen befördert, die Stationsaufseher (Postmeister) waren Sol¬
daten. Das Ganze war Staats anstatt. Es handelte sich eben im Alterthume


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[0103] halb denn auch Penelope bei dem Mangel an Nachrichten von Odysseus den Freiern gegenüber in arge Bedrängniß geriet!) — nicht zum Schaden freilich des romantischen Elements der Homerischen Epopeen. Die griechischen Tra¬ giker würden eines echt dramatischen Stoffes entbehrt haben, wenn Klytemnästra, durch treffliche Posteinrichtungen unterstützt, mit ihrem fernen Gemahl in Verbindung geblieben wäre und ihm dabei die Treue bewahrt hätte. Herodot und Aenophon rühmen die Persischen Reitposten, welche eine regelmäßige Verbindung zwischen der Armee und der Hauptstadt herstell¬ ten. Diese Reiter — Angaroi — ritten Tag und Nacht ohne Rücksicht auf Jahreszeit und Witterung, so daß ihre Geschwindigkeit mit dem Fluge der Kraniche verglichen wird. Dagegen war das lacedämonische Hilfseorps unter Xenophon's Führung von der heimathlichen griechischen Erde völlig abgeschnitten. In den griechischen Kriegen konnten bei der geringen territorialen Ausdehnung der peloponnesischen Halbinsel die Hemerodro- men (Schnellläufer) zur Uebermittelung von Botschaften mit Nutzen ver¬ wendet werden. Der Aihenienser Phidippides, welcher nach der Schlacht von Marathon nach Sparta entsandt wurde, um Hilfe gegen die Perser zu erbitten, legte die Strecke von 28'/z Meilen in zwei Tagen zurück. Hamilcar Barkas mußte selbst große Geldsendungen, deren seine Freunde in Karthago zur Beruhigung der Plebs bedurften, auf gefahrvollen Wegen durch Boten von Spanien übers Meer senden. Hannibal war ohne regel¬ mäßige Verbindung mit dem ihm wenig günstig gesinnten Karthago. Auch die großen Kriegsmeister, die Römer, hatten nur kümmerliche Armee- communicationen; doch empfing Cäsar die Senatusconsulte aus Rom in Gallien — auf demselben Boden, wo jetzt unsere Heere kämpfen — durch Boten des Senats; auch wurden den letzteren bei ihrer Rückkehr nach Rom Briefe mitgegeben, welche den Römern von den wunderbaren Völkern Galliens (den Suesfionen, Atrebaten, Kelten) berichteten. Zeitungen gab es damals in Rom nicht; wichtige Kriegsnachrichten wurden an öffentlichen Orten mit dem Griffel angeschrieben; erst später kamen die aew diurna aus. Zu Augustus Zeiten finden wir bei den Römern bereits Reitposten, durch welche Briefe von Tiberius aus Asien in 20 Tagen, Nachrichten von den Legionen in Pannonien in 5 Tagen nach Rom gelangten. Hadrian (1l7—138) vervoll¬ kommnete die römische Staatspost, den cursus xublieu?, erheblich. An der Heerstraße waren in der Entfernung von Tagereisen Stationen (umnsicmes) und Relais (mut,ö,t.imo») errichtet, bei welchen Pferde oder Maulesel bereit- standen. Selbst leichte Fahrzeuge (llwllao, earri) zum Transport von Per¬ sonen waren vorhanden. Die Bagage wurde auf Packwagen (cur-sui; cllchu- lai-Ls) durch Ochsen befördert, die Stationsaufseher (Postmeister) waren Sol¬ daten. Das Ganze war Staats anstatt. Es handelte sich eben im Alterthume

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 30, 1871, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341813_125243/103>, abgerufen am 22.07.2024.