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Die Grenzboten. Jg. 29, 1870, II. Semester. II. Band.

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der neuen Stiftung sind durch die ältere wesentlich vorgezeichnet: es gilt
dieselben jetzt auf das ganze Gebiet der verbündeten deutschen Staaten aus¬
zudehnen.

Der geschäftsführende Ausschuß der Victoria-Stiftung, welcher vom
Kronprinzen mit dieser Aufgabe betraut ist, wird zunächst Anstalt zu treffen
haben, das Centralcomite durch Berufung von Männern des allgemeinen
Vertrauens von Nord und Süd neu zu bilden, und darauf die Mitwirkung
aller Patrioten zur Einrichtung von Zweigvereinen im ganzen Umfang des
Vaterlandes anzusprechen. Denn nicht sowohl auf schleunige Sammlungen
wird es gegenwärtig ankommen, während unsere Sorge und unsere Mittel
noch von den gesunden Kriegern im Feld und von den kranken in den Laza-
rethen vollauf in Anspruch genommen sind, -- als auf die zeitige Gründung
örtlicher Vereine, welche, sobald es Zeit ist, in regelmäßige Function treten
können.

Mit der Erweiterung des Zieles wächst freilich auch die Schwierigkeit
der Aufgabe. Damit sie gelinge, in einer unseres Volkes und unseres Heeres
würdigen Weise, muß der angestrengten Hingebung der Männer, welche die
Leitung übernommen haben, der opferbereite Patriotismus der ganzen Nation
zur Seite stehen. Nicht vergebens soll sich der Kronprinz von Preußen mit
dem Hinweis auf seine Armee, in welcher der Bayer und Würtenberger
neben dem Preußen focht und blutete, an die Herzen aller Deutschen ge-
wandt haben. Es ist die Sache Aller, die Wunden des Krieges jetzt und
später zu heilen und zu lindern. Die blutigen Opfer dieses Krieges stehen
in keinem Verhältniß zu denen von 1866: so muß auch die Hilfleistung für
die Invaliden und Hinterbliebenen eine ganz anders gesteigerte sein. Aber
die Begeisterung der Nation, die diesmal eine einige und ganze ist, macht
sie auch eines hoch gesteigerten Opfermuths fähig. Ueberall werden die Ver¬
eine zusammentreten, Gemeinden und Einzelne ihre Gaben beisteuern. Be¬
reits ist die Stadt Nürnberg mit einem glänzenden Beispiel vorangegangen,
und unsere Brüder jenseits des Meeres sichern uns großartige Unterstützung
zu. Kein Deutscher wird hinter der nationalen Forderung zurückbleiben.

So soll die deutsche Invaliden-Stiftung ein neues Bindeglied nationaler
Einigung für unser Volk werden, treu vereint, wie im Felde, werden die
deutschen Stämme daheim im Frieden arbeiten, die traurigen Spuren des
Krieges zu verwischen und die schönen Früchte desselben sich nutzbar zu
machen. Allen gemein ist der Wunsch und die Hoffnung, mit welcher der
Aufruf des Erben der preußischen Krone schließt: "Auch dies Liebeswerk sei
gemeinsame Arbeit zwischen uns für das Vaterland und die Einleitung zu
vielen einmüthigen, segenbringenden Werken des Friedens!"




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der neuen Stiftung sind durch die ältere wesentlich vorgezeichnet: es gilt
dieselben jetzt auf das ganze Gebiet der verbündeten deutschen Staaten aus¬
zudehnen.

Der geschäftsführende Ausschuß der Victoria-Stiftung, welcher vom
Kronprinzen mit dieser Aufgabe betraut ist, wird zunächst Anstalt zu treffen
haben, das Centralcomite durch Berufung von Männern des allgemeinen
Vertrauens von Nord und Süd neu zu bilden, und darauf die Mitwirkung
aller Patrioten zur Einrichtung von Zweigvereinen im ganzen Umfang des
Vaterlandes anzusprechen. Denn nicht sowohl auf schleunige Sammlungen
wird es gegenwärtig ankommen, während unsere Sorge und unsere Mittel
noch von den gesunden Kriegern im Feld und von den kranken in den Laza-
rethen vollauf in Anspruch genommen sind, — als auf die zeitige Gründung
örtlicher Vereine, welche, sobald es Zeit ist, in regelmäßige Function treten
können.

Mit der Erweiterung des Zieles wächst freilich auch die Schwierigkeit
der Aufgabe. Damit sie gelinge, in einer unseres Volkes und unseres Heeres
würdigen Weise, muß der angestrengten Hingebung der Männer, welche die
Leitung übernommen haben, der opferbereite Patriotismus der ganzen Nation
zur Seite stehen. Nicht vergebens soll sich der Kronprinz von Preußen mit
dem Hinweis auf seine Armee, in welcher der Bayer und Würtenberger
neben dem Preußen focht und blutete, an die Herzen aller Deutschen ge-
wandt haben. Es ist die Sache Aller, die Wunden des Krieges jetzt und
später zu heilen und zu lindern. Die blutigen Opfer dieses Krieges stehen
in keinem Verhältniß zu denen von 1866: so muß auch die Hilfleistung für
die Invaliden und Hinterbliebenen eine ganz anders gesteigerte sein. Aber
die Begeisterung der Nation, die diesmal eine einige und ganze ist, macht
sie auch eines hoch gesteigerten Opfermuths fähig. Ueberall werden die Ver¬
eine zusammentreten, Gemeinden und Einzelne ihre Gaben beisteuern. Be¬
reits ist die Stadt Nürnberg mit einem glänzenden Beispiel vorangegangen,
und unsere Brüder jenseits des Meeres sichern uns großartige Unterstützung
zu. Kein Deutscher wird hinter der nationalen Forderung zurückbleiben.

So soll die deutsche Invaliden-Stiftung ein neues Bindeglied nationaler
Einigung für unser Volk werden, treu vereint, wie im Felde, werden die
deutschen Stämme daheim im Frieden arbeiten, die traurigen Spuren des
Krieges zu verwischen und die schönen Früchte desselben sich nutzbar zu
machen. Allen gemein ist der Wunsch und die Hoffnung, mit welcher der
Aufruf des Erben der preußischen Krone schließt: „Auch dies Liebeswerk sei
gemeinsame Arbeit zwischen uns für das Vaterland und die Einleitung zu
vielen einmüthigen, segenbringenden Werken des Friedens!"




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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 29, 1870, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341811_124705/99>, abgerufen am 22.12.2024.