Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 29, 1870, II. Semester. II. Band.

Bild:
<< vorherige Seite

nur das Verladen des Getreides in norddeutschen Häfen direct nach franzö¬
sischen Häfen untersagt." Damit war aber die Frage noch in der Schwebe
geblieben, ob der zweite Theil des Erlasses vom 3, August, durch welchen das
Auslaufen von Fahrzeugen an der mecklenburgischen, Lübecker und schleswig-
holsteinschen Ostseeküste gänzlich untersagt wurde, ferner aufrecht erhalten
werden solle. In Bezug hierauf erging unter dem 11. August nachstehende
Bekanntmachung des mecklenburgischen Staatsministeriums: "Nach einer von
dem General-Gouvernement zu Hannover erfolgten Declaration des Aus¬
fuhrverbots vom 3. d. M. können neutrale Schiffe auch auf der Strecke
von Warnemünde bis zur jütischen Grenze unbehindert auslaufen." Endlich
aber sah sich der General-Gouverneur genöthigt, auch noch aus dieser letzten
Stellung sich zurückzuziehen und den zweiten Theil seines Verbots vom 3.
d. M. gänzlich wieder aufzuheben, was durch folgende Bekanntmachung vom
11. August geschah: "Allen erneuten Anfragen gegenüber ist das unterm
3. d. M. für die Küstendistricte der Ostsee von Warnemünde bis zur jüti¬
schen Grenze von mir gegebene Verbot des Auslaufens von Schiffen und
Fahrzeugen aufgehoben."

Auf einem anderen Gebiete als die bisher hervorgehobenen Anordnungen
bewegen sich diejenigen Maßnahmen, mit welchen der General-Gouverneur in
die staatsbürgerlichen Rechte und die persönliche Freiheit eines Theiles der
seinem Schutze anvertrauten Bevölkerung eingriff, und durch welche er überall
ein so peinliches Aufsehen erregte. Die hervorragendsten Fälle dieser Art
haben zwar Mecklenburg nicht berührt, aber es hat doch an den übrigen
Maßnahmen des General-Gouverneurs aus dem Gebiete der inneren Politik
seinen Antheil zu tragen gehabt und seine Bewohner waren jedenfalls hin¬
sichtlich ihrer persönlichen Freiheit nicht gesicherter als diejenigen, welchen der
General-Gouverneur es für gut fand dieselbe aus politischen Gründen zu
entziehen. Wir dürfen daher auch diese Seite seiner Wirksamkeit hier nicht
mit Stillschweigen übergehen.

Auf Grund des Artikel 68 der Verfassung des Norddeutschen Bundes
wurden durch königliche Verordnung vom 21. Juli d. I., außer den Be¬
zirken des achten und elften Armeecorps, die vier dem General-Gouvernement
zu Hannover unterstellten Armeecorpsbezirke in Kriegszustand erklärt.

Der Artikel 68 der Bundes-Verfassung gibt dem Bundesfeldherrn das
Recht, wenn die öffentliche Sicherheit im Bundesgebiete bedroht ist, einen
jeden Theil desselben in Kriegszustand zu erklären, und fügt hinzu: "Bis
zum Erlaß eines die Voraussetzungen, die Form der Verkündigung und die
Wirkungen einer solchen Erklärung angehenden Bundesgesetzes gelten dafür
die Vorschriften des preußischen Gesetzes vom 4. Juni 1831."

Nach § 3 dieses Gesetzes, welches den Titel "Gesetz über den Be-


nur das Verladen des Getreides in norddeutschen Häfen direct nach franzö¬
sischen Häfen untersagt." Damit war aber die Frage noch in der Schwebe
geblieben, ob der zweite Theil des Erlasses vom 3, August, durch welchen das
Auslaufen von Fahrzeugen an der mecklenburgischen, Lübecker und schleswig-
holsteinschen Ostseeküste gänzlich untersagt wurde, ferner aufrecht erhalten
werden solle. In Bezug hierauf erging unter dem 11. August nachstehende
Bekanntmachung des mecklenburgischen Staatsministeriums: „Nach einer von
dem General-Gouvernement zu Hannover erfolgten Declaration des Aus¬
fuhrverbots vom 3. d. M. können neutrale Schiffe auch auf der Strecke
von Warnemünde bis zur jütischen Grenze unbehindert auslaufen." Endlich
aber sah sich der General-Gouverneur genöthigt, auch noch aus dieser letzten
Stellung sich zurückzuziehen und den zweiten Theil seines Verbots vom 3.
d. M. gänzlich wieder aufzuheben, was durch folgende Bekanntmachung vom
11. August geschah: „Allen erneuten Anfragen gegenüber ist das unterm
3. d. M. für die Küstendistricte der Ostsee von Warnemünde bis zur jüti¬
schen Grenze von mir gegebene Verbot des Auslaufens von Schiffen und
Fahrzeugen aufgehoben."

Auf einem anderen Gebiete als die bisher hervorgehobenen Anordnungen
bewegen sich diejenigen Maßnahmen, mit welchen der General-Gouverneur in
die staatsbürgerlichen Rechte und die persönliche Freiheit eines Theiles der
seinem Schutze anvertrauten Bevölkerung eingriff, und durch welche er überall
ein so peinliches Aufsehen erregte. Die hervorragendsten Fälle dieser Art
haben zwar Mecklenburg nicht berührt, aber es hat doch an den übrigen
Maßnahmen des General-Gouverneurs aus dem Gebiete der inneren Politik
seinen Antheil zu tragen gehabt und seine Bewohner waren jedenfalls hin¬
sichtlich ihrer persönlichen Freiheit nicht gesicherter als diejenigen, welchen der
General-Gouverneur es für gut fand dieselbe aus politischen Gründen zu
entziehen. Wir dürfen daher auch diese Seite seiner Wirksamkeit hier nicht
mit Stillschweigen übergehen.

Auf Grund des Artikel 68 der Verfassung des Norddeutschen Bundes
wurden durch königliche Verordnung vom 21. Juli d. I., außer den Be¬
zirken des achten und elften Armeecorps, die vier dem General-Gouvernement
zu Hannover unterstellten Armeecorpsbezirke in Kriegszustand erklärt.

Der Artikel 68 der Bundes-Verfassung gibt dem Bundesfeldherrn das
Recht, wenn die öffentliche Sicherheit im Bundesgebiete bedroht ist, einen
jeden Theil desselben in Kriegszustand zu erklären, und fügt hinzu: „Bis
zum Erlaß eines die Voraussetzungen, die Form der Verkündigung und die
Wirkungen einer solchen Erklärung angehenden Bundesgesetzes gelten dafür
die Vorschriften des preußischen Gesetzes vom 4. Juni 1831."

Nach § 3 dieses Gesetzes, welches den Titel „Gesetz über den Be-


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0316" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/125022"/>
          <p xml:id="ID_952" prev="#ID_951"> nur das Verladen des Getreides in norddeutschen Häfen direct nach franzö¬<lb/>
sischen Häfen untersagt." Damit war aber die Frage noch in der Schwebe<lb/>
geblieben, ob der zweite Theil des Erlasses vom 3, August, durch welchen das<lb/>
Auslaufen von Fahrzeugen an der mecklenburgischen, Lübecker und schleswig-<lb/>
holsteinschen Ostseeküste gänzlich untersagt wurde, ferner aufrecht erhalten<lb/>
werden solle. In Bezug hierauf erging unter dem 11. August nachstehende<lb/>
Bekanntmachung des mecklenburgischen Staatsministeriums: &#x201E;Nach einer von<lb/>
dem General-Gouvernement zu Hannover erfolgten Declaration des Aus¬<lb/>
fuhrverbots vom 3. d. M. können neutrale Schiffe auch auf der Strecke<lb/>
von Warnemünde bis zur jütischen Grenze unbehindert auslaufen." Endlich<lb/>
aber sah sich der General-Gouverneur genöthigt, auch noch aus dieser letzten<lb/>
Stellung sich zurückzuziehen und den zweiten Theil seines Verbots vom 3.<lb/>
d. M. gänzlich wieder aufzuheben, was durch folgende Bekanntmachung vom<lb/>
11. August geschah: &#x201E;Allen erneuten Anfragen gegenüber ist das unterm<lb/>
3. d. M. für die Küstendistricte der Ostsee von Warnemünde bis zur jüti¬<lb/>
schen Grenze von mir gegebene Verbot des Auslaufens von Schiffen und<lb/>
Fahrzeugen aufgehoben."</p><lb/>
          <p xml:id="ID_953"> Auf einem anderen Gebiete als die bisher hervorgehobenen Anordnungen<lb/>
bewegen sich diejenigen Maßnahmen, mit welchen der General-Gouverneur in<lb/>
die staatsbürgerlichen Rechte und die persönliche Freiheit eines Theiles der<lb/>
seinem Schutze anvertrauten Bevölkerung eingriff, und durch welche er überall<lb/>
ein so peinliches Aufsehen erregte. Die hervorragendsten Fälle dieser Art<lb/>
haben zwar Mecklenburg nicht berührt, aber es hat doch an den übrigen<lb/>
Maßnahmen des General-Gouverneurs aus dem Gebiete der inneren Politik<lb/>
seinen Antheil zu tragen gehabt und seine Bewohner waren jedenfalls hin¬<lb/>
sichtlich ihrer persönlichen Freiheit nicht gesicherter als diejenigen, welchen der<lb/>
General-Gouverneur es für gut fand dieselbe aus politischen Gründen zu<lb/>
entziehen. Wir dürfen daher auch diese Seite seiner Wirksamkeit hier nicht<lb/>
mit Stillschweigen übergehen.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_954"> Auf Grund des Artikel 68 der Verfassung des Norddeutschen Bundes<lb/>
wurden durch königliche Verordnung vom 21. Juli d. I., außer den Be¬<lb/>
zirken des achten und elften Armeecorps, die vier dem General-Gouvernement<lb/>
zu Hannover unterstellten Armeecorpsbezirke in Kriegszustand erklärt.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_955"> Der Artikel 68 der Bundes-Verfassung gibt dem Bundesfeldherrn das<lb/>
Recht, wenn die öffentliche Sicherheit im Bundesgebiete bedroht ist, einen<lb/>
jeden Theil desselben in Kriegszustand zu erklären, und fügt hinzu: &#x201E;Bis<lb/>
zum Erlaß eines die Voraussetzungen, die Form der Verkündigung und die<lb/>
Wirkungen einer solchen Erklärung angehenden Bundesgesetzes gelten dafür<lb/>
die Vorschriften des preußischen Gesetzes vom 4. Juni 1831."</p><lb/>
          <p xml:id="ID_956" next="#ID_957"> Nach § 3 dieses Gesetzes, welches den Titel &#x201E;Gesetz über den Be-</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0316] nur das Verladen des Getreides in norddeutschen Häfen direct nach franzö¬ sischen Häfen untersagt." Damit war aber die Frage noch in der Schwebe geblieben, ob der zweite Theil des Erlasses vom 3, August, durch welchen das Auslaufen von Fahrzeugen an der mecklenburgischen, Lübecker und schleswig- holsteinschen Ostseeküste gänzlich untersagt wurde, ferner aufrecht erhalten werden solle. In Bezug hierauf erging unter dem 11. August nachstehende Bekanntmachung des mecklenburgischen Staatsministeriums: „Nach einer von dem General-Gouvernement zu Hannover erfolgten Declaration des Aus¬ fuhrverbots vom 3. d. M. können neutrale Schiffe auch auf der Strecke von Warnemünde bis zur jütischen Grenze unbehindert auslaufen." Endlich aber sah sich der General-Gouverneur genöthigt, auch noch aus dieser letzten Stellung sich zurückzuziehen und den zweiten Theil seines Verbots vom 3. d. M. gänzlich wieder aufzuheben, was durch folgende Bekanntmachung vom 11. August geschah: „Allen erneuten Anfragen gegenüber ist das unterm 3. d. M. für die Küstendistricte der Ostsee von Warnemünde bis zur jüti¬ schen Grenze von mir gegebene Verbot des Auslaufens von Schiffen und Fahrzeugen aufgehoben." Auf einem anderen Gebiete als die bisher hervorgehobenen Anordnungen bewegen sich diejenigen Maßnahmen, mit welchen der General-Gouverneur in die staatsbürgerlichen Rechte und die persönliche Freiheit eines Theiles der seinem Schutze anvertrauten Bevölkerung eingriff, und durch welche er überall ein so peinliches Aufsehen erregte. Die hervorragendsten Fälle dieser Art haben zwar Mecklenburg nicht berührt, aber es hat doch an den übrigen Maßnahmen des General-Gouverneurs aus dem Gebiete der inneren Politik seinen Antheil zu tragen gehabt und seine Bewohner waren jedenfalls hin¬ sichtlich ihrer persönlichen Freiheit nicht gesicherter als diejenigen, welchen der General-Gouverneur es für gut fand dieselbe aus politischen Gründen zu entziehen. Wir dürfen daher auch diese Seite seiner Wirksamkeit hier nicht mit Stillschweigen übergehen. Auf Grund des Artikel 68 der Verfassung des Norddeutschen Bundes wurden durch königliche Verordnung vom 21. Juli d. I., außer den Be¬ zirken des achten und elften Armeecorps, die vier dem General-Gouvernement zu Hannover unterstellten Armeecorpsbezirke in Kriegszustand erklärt. Der Artikel 68 der Bundes-Verfassung gibt dem Bundesfeldherrn das Recht, wenn die öffentliche Sicherheit im Bundesgebiete bedroht ist, einen jeden Theil desselben in Kriegszustand zu erklären, und fügt hinzu: „Bis zum Erlaß eines die Voraussetzungen, die Form der Verkündigung und die Wirkungen einer solchen Erklärung angehenden Bundesgesetzes gelten dafür die Vorschriften des preußischen Gesetzes vom 4. Juni 1831." Nach § 3 dieses Gesetzes, welches den Titel „Gesetz über den Be-

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341811_124705
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341811_124705/316
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 29, 1870, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341811_124705/316>, abgerufen am 23.12.2024.