Die Grenzboten. Jg. 29, 1870, II. Semester. II. Band.Landtages wird dem hohen Landtage empfohlen, für diesmal Boten in die Der hohe Landtag wolle die Wahl auf Grund des Anhangs der Lan- Sonderbar genug bezog sich das Comite auf die Landtagsadresse vom Landtages wird dem hohen Landtage empfohlen, für diesmal Boten in die Der hohe Landtag wolle die Wahl auf Grund des Anhangs der Lan- Sonderbar genug bezog sich das Comite auf die Landtagsadresse vom <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0307" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/125013"/> <p xml:id="ID_922" prev="#ID_921"> Landtages wird dem hohen Landtage empfohlen, für diesmal Boten in die<lb/> für den 13. d. M. nach Wien einberufene Versammlung von Vertretern<lb/> aller nicht ungarischen Königreiche und Länder zu entsenden, damit sie dort<lb/> das dem tiroler Landtage zustehende Recht sowohl der Wahl in die Delega.<lb/> lion als auch der Betheiligung an der Berathung über die höchsten Inte¬<lb/> ressen des Reiches ausüben. Das Comite beantragt daher:</p><lb/> <p xml:id="ID_923"> Der hohe Landtag wolle die Wahl auf Grund des Anhangs der Lan-<lb/> desordnung vornehmen."</p><lb/> <p xml:id="ID_924" next="#ID_925"> Sonderbar genug bezog sich das Comite auf die Landtagsadresse vom<lb/> 1. März 1867, die doch vom Kaiser kurz nachher mit der Entscheidung vom<lb/> 8. Juli als unbegründet zurückgewiesen wurde, es wollte damit aber nur<lb/> andeuten, daß es sich auf den Rechtsboden des Octoberdiploms stelle, und<lb/> die spätere Verfassung nebst allen Staatsgrundgesetzen schlechterdings als<lb/> nicht zu Recht bestehend betrachte. Der eigentliche Grund, warum es dennoch<lb/> die Vornahme der Reichsrathswahlen durch den Landtag anrieth. lag in der<lb/> Furcht vor den directen, die höchst wahrscheinlich statt der ultramontanen<lb/> Declaranten sieben Liberale, nämlich drei vom adeligen Großgrundbesitz, einen<lb/> von den deutschen Städten und Handelskammern und drei aus Wälschtirol<lb/> ins cisleithanische Unterhaus gefördert hätten. Um jedoch damit nicht den<lb/> verabscheuten Reichsrath anzuerkennen, mußte man sich dagegen insbesondere<lb/> verwahren. Darum der Ausdruck „Boten" statt Abgeordneter, die sorg,<lb/> faltige Vermeidung der Benennung „Reichsrath", dem man eine namenlose<lb/> Versammlung der Vertreter der nicht ungarischen Königreiche und Länder<lb/> unterstellte, endlich die Beschränkung der Dauer und Ausdehnung des Mau¬<lb/> bads, das sich nur auf „diesmal", nämlich die durch die Zeitumstände be¬<lb/> dingte Einberufung, die Wahl in die Delegationen und die Berathung der<lb/> höchsten Interessen des Reiches erstrecken sollte. Das Comite' der Sieben er¬<lb/> klärte also das einberufene Parlament nicht als den ordentlichen, von der<lb/> Verfassung eingesetzten Reichsrath, sondern als eine Art Convent, der später<lb/> nach Bedarf und Belieben getauft werden könnte. Nichts wäre seitens der<lb/> Liberalen natürlicher gewesen, als dieser Anmaßung und Verdrehung gegen¬<lb/> über den Landtag zur bestimmten Erklärung aufzufordern, daß es der Reichs¬<lb/> rath, in des Wortes gesetzlicher Bedeutung, sei, den er beschicken wolle. Frei¬<lb/> lich Härten sie auch, um nicht nutzlos zu kämpfen, im Falle der Weigerung<lb/> mit dem Austritte drohen müssen, wodurch der Landtag, zu dessen Beschlu߬<lb/> fähigkeit 3S Stimmen erfordert werden, beschlußunfähig geworden wäre, da<lb/> die Clericalen nur über 33 Stimmen verfügten. Eine solche Erklärung konn¬<lb/> ten diese, ohne auf ihr Princip zu verzichten, nicht abgeben, die Liberalen<lb/> hätten also auf solche Weise die Beschickung des Reichsraths mit den Boten<lb/> der Reaction verhindert und directe Wahlen herbeigeführt. Zum alterum-</p><lb/> <fw type="sig" place="bottom"/><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0307]
Landtages wird dem hohen Landtage empfohlen, für diesmal Boten in die
für den 13. d. M. nach Wien einberufene Versammlung von Vertretern
aller nicht ungarischen Königreiche und Länder zu entsenden, damit sie dort
das dem tiroler Landtage zustehende Recht sowohl der Wahl in die Delega.
lion als auch der Betheiligung an der Berathung über die höchsten Inte¬
ressen des Reiches ausüben. Das Comite beantragt daher:
Der hohe Landtag wolle die Wahl auf Grund des Anhangs der Lan-
desordnung vornehmen."
Sonderbar genug bezog sich das Comite auf die Landtagsadresse vom
1. März 1867, die doch vom Kaiser kurz nachher mit der Entscheidung vom
8. Juli als unbegründet zurückgewiesen wurde, es wollte damit aber nur
andeuten, daß es sich auf den Rechtsboden des Octoberdiploms stelle, und
die spätere Verfassung nebst allen Staatsgrundgesetzen schlechterdings als
nicht zu Recht bestehend betrachte. Der eigentliche Grund, warum es dennoch
die Vornahme der Reichsrathswahlen durch den Landtag anrieth. lag in der
Furcht vor den directen, die höchst wahrscheinlich statt der ultramontanen
Declaranten sieben Liberale, nämlich drei vom adeligen Großgrundbesitz, einen
von den deutschen Städten und Handelskammern und drei aus Wälschtirol
ins cisleithanische Unterhaus gefördert hätten. Um jedoch damit nicht den
verabscheuten Reichsrath anzuerkennen, mußte man sich dagegen insbesondere
verwahren. Darum der Ausdruck „Boten" statt Abgeordneter, die sorg,
faltige Vermeidung der Benennung „Reichsrath", dem man eine namenlose
Versammlung der Vertreter der nicht ungarischen Königreiche und Länder
unterstellte, endlich die Beschränkung der Dauer und Ausdehnung des Mau¬
bads, das sich nur auf „diesmal", nämlich die durch die Zeitumstände be¬
dingte Einberufung, die Wahl in die Delegationen und die Berathung der
höchsten Interessen des Reiches erstrecken sollte. Das Comite' der Sieben er¬
klärte also das einberufene Parlament nicht als den ordentlichen, von der
Verfassung eingesetzten Reichsrath, sondern als eine Art Convent, der später
nach Bedarf und Belieben getauft werden könnte. Nichts wäre seitens der
Liberalen natürlicher gewesen, als dieser Anmaßung und Verdrehung gegen¬
über den Landtag zur bestimmten Erklärung aufzufordern, daß es der Reichs¬
rath, in des Wortes gesetzlicher Bedeutung, sei, den er beschicken wolle. Frei¬
lich Härten sie auch, um nicht nutzlos zu kämpfen, im Falle der Weigerung
mit dem Austritte drohen müssen, wodurch der Landtag, zu dessen Beschlu߬
fähigkeit 3S Stimmen erfordert werden, beschlußunfähig geworden wäre, da
die Clericalen nur über 33 Stimmen verfügten. Eine solche Erklärung konn¬
ten diese, ohne auf ihr Princip zu verzichten, nicht abgeben, die Liberalen
hätten also auf solche Weise die Beschickung des Reichsraths mit den Boten
der Reaction verhindert und directe Wahlen herbeigeführt. Zum alterum-
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