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Die Grenzboten. Jg. 29, 1870, II. Semester. II. Band.

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König Heinrich II. verkündete 1552 in pomphaftem Manifest, daß er den
Krieg gegen Karl V. allein zur Erhaltung der Freiheit deutscher Nation be¬
ginne und fiel über die lothringischen Städte her. Toul und Verdun erga¬
ben sich ohne Schwertschlag, in Metz beredeten die französisch gesinnten Katho¬
liken mit ihrem Bischof die Bürgerschaft, dem französischen Heer die Thore
nur zum Durchzug zu öffnen, worauf die Franzosen die Stadt selbst einnahmen.
Vergebens belagerte Kaiser Karl V. im Winter 1552 die Stadt, vergebens ge¬
lobte er, Metz wieder zu nehmen oder zu sterben. Sein Heer weigerte den
Sturm; Metz, Toul und Verdun blieben seitdem französisch.

Damals im 1.1551 hatten deutsche Fürsten: Kurfürst Montz von Sachsen.
Herz. Albrecht von Mecklenburg, Landgraf Wilhelm von Hessen und die frän¬
kischen Markgrafen von Ansbach und Culmbach aus dem Hause Hohenzollern
durch geheimes Bündniß gegen Kaiser Karl V, dem König Heinrich II. von
Frankreich das Recht eingeräumt: Metz, Toul und Verdun in der Eigen-
chaft eines Reichsvicars zu besetzen.

Im Jahr 1870 führten Nachkommen jener deutschen Fürsten das Un¬
recht der Vorfahren. Kronprinz Albert von Sachsen, Großherzog Friedrich
Wilhelm von Mecklenburg, Prinz Ludwig von Hessen, mit vielen anderen
deutschen Fürsten eroberten unter dem Oberbefehl der königlichen - Hohen¬
zollern die Städte Metz, Toul, Verdun durch deutsche Heere.

Es ist lehrreich, mit den Stimmungen unserer Gegenwart jenes alte Lied
des Prttschmeisters von 1552 zu vergleichen. Das Lied lautet also:


Nun will ich wieder heben an.
Ein Liedlein singen, ob ich kann,
Wie sich's hat zugetragen
Zu Metz vor gar geringer Frist,
Wie's ihnen geht und gangen ist,
Sie han dran kein Behagen.
Als man zählt' tausendfünfhundert Jahr
Und zwei und fünfzig, das ist wahr
Und ist gar nit erlogen,
Da ist der König aus Frankreich
Vor Metz gezogen, das sag ich euch,
Und hat sie sehr> betrogen.
Denn er hat ihnen zugehen,
Niemandem woll' er thun kein Leid,
Und woll' sie lassen bleiben
Bei ihrem Brauch und Gerechtigkeit;
Hat's ihnen auf Ehre zugehen,
Er woll' auch Niemand vertreiben.

König Heinrich II. verkündete 1552 in pomphaftem Manifest, daß er den
Krieg gegen Karl V. allein zur Erhaltung der Freiheit deutscher Nation be¬
ginne und fiel über die lothringischen Städte her. Toul und Verdun erga¬
ben sich ohne Schwertschlag, in Metz beredeten die französisch gesinnten Katho¬
liken mit ihrem Bischof die Bürgerschaft, dem französischen Heer die Thore
nur zum Durchzug zu öffnen, worauf die Franzosen die Stadt selbst einnahmen.
Vergebens belagerte Kaiser Karl V. im Winter 1552 die Stadt, vergebens ge¬
lobte er, Metz wieder zu nehmen oder zu sterben. Sein Heer weigerte den
Sturm; Metz, Toul und Verdun blieben seitdem französisch.

Damals im 1.1551 hatten deutsche Fürsten: Kurfürst Montz von Sachsen.
Herz. Albrecht von Mecklenburg, Landgraf Wilhelm von Hessen und die frän¬
kischen Markgrafen von Ansbach und Culmbach aus dem Hause Hohenzollern
durch geheimes Bündniß gegen Kaiser Karl V, dem König Heinrich II. von
Frankreich das Recht eingeräumt: Metz, Toul und Verdun in der Eigen-
chaft eines Reichsvicars zu besetzen.

Im Jahr 1870 führten Nachkommen jener deutschen Fürsten das Un¬
recht der Vorfahren. Kronprinz Albert von Sachsen, Großherzog Friedrich
Wilhelm von Mecklenburg, Prinz Ludwig von Hessen, mit vielen anderen
deutschen Fürsten eroberten unter dem Oberbefehl der königlichen - Hohen¬
zollern die Städte Metz, Toul, Verdun durch deutsche Heere.

Es ist lehrreich, mit den Stimmungen unserer Gegenwart jenes alte Lied
des Prttschmeisters von 1552 zu vergleichen. Das Lied lautet also:


Nun will ich wieder heben an.
Ein Liedlein singen, ob ich kann,
Wie sich's hat zugetragen
Zu Metz vor gar geringer Frist,
Wie's ihnen geht und gangen ist,
Sie han dran kein Behagen.
Als man zählt' tausendfünfhundert Jahr
Und zwei und fünfzig, das ist wahr
Und ist gar nit erlogen,
Da ist der König aus Frankreich
Vor Metz gezogen, das sag ich euch,
Und hat sie sehr> betrogen.
Denn er hat ihnen zugehen,
Niemandem woll' er thun kein Leid,
Und woll' sie lassen bleiben
Bei ihrem Brauch und Gerechtigkeit;
Hat's ihnen auf Ehre zugehen,
Er woll' auch Niemand vertreiben.

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[0280] König Heinrich II. verkündete 1552 in pomphaftem Manifest, daß er den Krieg gegen Karl V. allein zur Erhaltung der Freiheit deutscher Nation be¬ ginne und fiel über die lothringischen Städte her. Toul und Verdun erga¬ ben sich ohne Schwertschlag, in Metz beredeten die französisch gesinnten Katho¬ liken mit ihrem Bischof die Bürgerschaft, dem französischen Heer die Thore nur zum Durchzug zu öffnen, worauf die Franzosen die Stadt selbst einnahmen. Vergebens belagerte Kaiser Karl V. im Winter 1552 die Stadt, vergebens ge¬ lobte er, Metz wieder zu nehmen oder zu sterben. Sein Heer weigerte den Sturm; Metz, Toul und Verdun blieben seitdem französisch. Damals im 1.1551 hatten deutsche Fürsten: Kurfürst Montz von Sachsen. Herz. Albrecht von Mecklenburg, Landgraf Wilhelm von Hessen und die frän¬ kischen Markgrafen von Ansbach und Culmbach aus dem Hause Hohenzollern durch geheimes Bündniß gegen Kaiser Karl V, dem König Heinrich II. von Frankreich das Recht eingeräumt: Metz, Toul und Verdun in der Eigen- chaft eines Reichsvicars zu besetzen. Im Jahr 1870 führten Nachkommen jener deutschen Fürsten das Un¬ recht der Vorfahren. Kronprinz Albert von Sachsen, Großherzog Friedrich Wilhelm von Mecklenburg, Prinz Ludwig von Hessen, mit vielen anderen deutschen Fürsten eroberten unter dem Oberbefehl der königlichen - Hohen¬ zollern die Städte Metz, Toul, Verdun durch deutsche Heere. Es ist lehrreich, mit den Stimmungen unserer Gegenwart jenes alte Lied des Prttschmeisters von 1552 zu vergleichen. Das Lied lautet also: Nun will ich wieder heben an. Ein Liedlein singen, ob ich kann, Wie sich's hat zugetragen Zu Metz vor gar geringer Frist, Wie's ihnen geht und gangen ist, Sie han dran kein Behagen. Als man zählt' tausendfünfhundert Jahr Und zwei und fünfzig, das ist wahr Und ist gar nit erlogen, Da ist der König aus Frankreich Vor Metz gezogen, das sag ich euch, Und hat sie sehr> betrogen. Denn er hat ihnen zugehen, Niemandem woll' er thun kein Leid, Und woll' sie lassen bleiben Bei ihrem Brauch und Gerechtigkeit; Hat's ihnen auf Ehre zugehen, Er woll' auch Niemand vertreiben.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 29, 1870, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341811_124705/280>, abgerufen am 22.12.2024.