Die Grenzboten. Jg. 29, 1870, II. Semester. II. Band.Oder sollen die andern alle ihre Flaggen umfärben lassen, weil Herrn Buffey's Aber es ist kaum nöthig, die deutschen Bundesfarben gegen solche leicht¬ Oder sollen die andern alle ihre Flaggen umfärben lassen, weil Herrn Buffey's Aber es ist kaum nöthig, die deutschen Bundesfarben gegen solche leicht¬ <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0206" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/124912"/> <p xml:id="ID_617" prev="#ID_616"> Oder sollen die andern alle ihre Flaggen umfärben lassen, weil Herrn Buffey's<lb/> Witz Schwarzrothgold zu erkiesen beliebte? — Aber es wäre freundlich gegen<lb/> die lieben armen Süddeutschen, welche einmal die Schwäche haben, an der<lb/> großdeutschen Erinnerung zu hängen! Wir protestiren im Namen aller Süd¬<lb/> deutschen gegen diese demüthigende Annahme- Wenn die süddeutschen Demo¬<lb/> kraten oder auch Andere, welche über den Kleinstaat hinausdenken, zur Zeit<lb/> das schwarzrothgoldene Banner tragen, so thun sie dies darum, weil sie durch<lb/> die Farben der deutschen Bewegung von 1848 entweder gegen den nord¬<lb/> deutschen Bund oder gegen die Kleinstaaterei ihrer Heimath protestiren wollen.<lb/> Den Süddeutschen sind diese Farben immer noch das einzige Symbol deut¬<lb/> scher Zugehörigkeit, sie haben zur Zeit nichts Besseres. Aber sie wissen so<lb/> gut, als wir in Norddeutschland, warum sie ihre Farbe bekennen, und sie<lb/> werden die Zumuthung verlachen, sich durch ausgesteckte Tücher einfangen zu<lb/> lassen. Das Volk der Bayern flaggt übrigens in Stadt und Land mit Blau-<lb/> weiß, wenn deutsche Truppen einziehen.</p><lb/> <p xml:id="ID_618" next="#ID_619"> Aber es ist kaum nöthig, die deutschen Bundesfarben gegen solche leicht¬<lb/> fertige Klugheit zu vertheidigen. Erst das vierte Jahr ist es her, seit das<lb/> schwarzweißrothe Banner für dreißig Millionen Deutsche dÄs Zeichen ihrer<lb/> politischen Einheit und Stärke geworden, und schon ist es für alle Landsleute<lb/> in der Fremde, für weite Gebiete unserer wichtigsten Interessen ein theurer,<lb/> hochgeehrte Besitz, das Symbol der Sicherheit, des Rechts, der Ehre. Un¬<lb/> sere Barkschiffe und unsere Kriegscorvetten haben diese Farben in die ent¬<lb/> legensten Häfen fremder Welttheile getragen, von den Flaggenstangen hun¬<lb/> dert deutscher Consulate wehen dieselben feierlichen Farben über fremdes Gebiet,<lb/> halbwilde Nationen haben sich gewöhnt, mit scheuer Ehrfurcht darauf zu<lb/> blicken, und sie rühmen die neue Macht, die so plötzlich aus der Ferneherauf.<lb/> stieg und mit ihrem Zeichen so wunderbar schnell alle Meere, Häfen, Waa¬<lb/> renlager bedeckte. Es war nicht kleine Arbeit, die neue Flagge unter jedem<lb/> Himmelsstnch, in China, Brasilien, unter Arabern und Negern bekannt und<lb/> gefürchtet zu machen. Und es war etwas sehr Großes, daß in einem Jahre<lb/> über der ganzen bewohnten Erde die Männer deutscher Abstammung, Härte<lb/> kühle Geschäftsleute, jauchzend die Hüte schwenkten und einander mit thrä¬<lb/> nenden Augen umarmten, weil diese Farben über ihren Häuptern aufgezogen<lb/> wurden, um sie zu erlösen von der alten Unfreiheit, Jsolirung' Schutzlosig-<lb/> keit und ihnen in der Fremde eine gemeinsame Heimath zu geben, und den<lb/> höchsten und werthvollsten Männerstolz aus das entfernte deutsche Vaterland. —<lb/> Sie aber, Herr Hausbesitzer in Berlin, der Sie für die Aussicht auf ein grö¬<lb/> ßeres deutsches Reich bereits Ihr Fahnentuch accommodiren lassen, fragen Sie<lb/> doch wegen der Veränderung noch vorher herum, etwa das Mitglied eines<lb/> deutschen Sängerbundes aus S. ^ouis und S. Francisco, einen deutschen</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0206]
Oder sollen die andern alle ihre Flaggen umfärben lassen, weil Herrn Buffey's
Witz Schwarzrothgold zu erkiesen beliebte? — Aber es wäre freundlich gegen
die lieben armen Süddeutschen, welche einmal die Schwäche haben, an der
großdeutschen Erinnerung zu hängen! Wir protestiren im Namen aller Süd¬
deutschen gegen diese demüthigende Annahme- Wenn die süddeutschen Demo¬
kraten oder auch Andere, welche über den Kleinstaat hinausdenken, zur Zeit
das schwarzrothgoldene Banner tragen, so thun sie dies darum, weil sie durch
die Farben der deutschen Bewegung von 1848 entweder gegen den nord¬
deutschen Bund oder gegen die Kleinstaaterei ihrer Heimath protestiren wollen.
Den Süddeutschen sind diese Farben immer noch das einzige Symbol deut¬
scher Zugehörigkeit, sie haben zur Zeit nichts Besseres. Aber sie wissen so
gut, als wir in Norddeutschland, warum sie ihre Farbe bekennen, und sie
werden die Zumuthung verlachen, sich durch ausgesteckte Tücher einfangen zu
lassen. Das Volk der Bayern flaggt übrigens in Stadt und Land mit Blau-
weiß, wenn deutsche Truppen einziehen.
Aber es ist kaum nöthig, die deutschen Bundesfarben gegen solche leicht¬
fertige Klugheit zu vertheidigen. Erst das vierte Jahr ist es her, seit das
schwarzweißrothe Banner für dreißig Millionen Deutsche dÄs Zeichen ihrer
politischen Einheit und Stärke geworden, und schon ist es für alle Landsleute
in der Fremde, für weite Gebiete unserer wichtigsten Interessen ein theurer,
hochgeehrte Besitz, das Symbol der Sicherheit, des Rechts, der Ehre. Un¬
sere Barkschiffe und unsere Kriegscorvetten haben diese Farben in die ent¬
legensten Häfen fremder Welttheile getragen, von den Flaggenstangen hun¬
dert deutscher Consulate wehen dieselben feierlichen Farben über fremdes Gebiet,
halbwilde Nationen haben sich gewöhnt, mit scheuer Ehrfurcht darauf zu
blicken, und sie rühmen die neue Macht, die so plötzlich aus der Ferneherauf.
stieg und mit ihrem Zeichen so wunderbar schnell alle Meere, Häfen, Waa¬
renlager bedeckte. Es war nicht kleine Arbeit, die neue Flagge unter jedem
Himmelsstnch, in China, Brasilien, unter Arabern und Negern bekannt und
gefürchtet zu machen. Und es war etwas sehr Großes, daß in einem Jahre
über der ganzen bewohnten Erde die Männer deutscher Abstammung, Härte
kühle Geschäftsleute, jauchzend die Hüte schwenkten und einander mit thrä¬
nenden Augen umarmten, weil diese Farben über ihren Häuptern aufgezogen
wurden, um sie zu erlösen von der alten Unfreiheit, Jsolirung' Schutzlosig-
keit und ihnen in der Fremde eine gemeinsame Heimath zu geben, und den
höchsten und werthvollsten Männerstolz aus das entfernte deutsche Vaterland. —
Sie aber, Herr Hausbesitzer in Berlin, der Sie für die Aussicht auf ein grö¬
ßeres deutsches Reich bereits Ihr Fahnentuch accommodiren lassen, fragen Sie
doch wegen der Veränderung noch vorher herum, etwa das Mitglied eines
deutschen Sängerbundes aus S. ^ouis und S. Francisco, einen deutschen
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