Die Grenzboten. Jg. 29, 1870, II. Semester. II. Band.In dieser Woche sind die Bevollmächtigten Badens, Würtembergs und Zum Glück hatte der freie Gedankenaustausch, der in München stattfand, Zu manchen dieser Glossen oder Seufzer mag Herr v. Delbrück die Älcnjbotcn IV. 1870. 25
In dieser Woche sind die Bevollmächtigten Badens, Würtembergs und Zum Glück hatte der freie Gedankenaustausch, der in München stattfand, Zu manchen dieser Glossen oder Seufzer mag Herr v. Delbrück die Älcnjbotcn IV. 1870. 25
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In dieser Woche sind die Bevollmächtigten Badens, Würtembergs und
Bayerns nach dem großen Hauptquartier in Versailles abgereist. Schwerlich
wäre ihnen diese Einladung zugekommen, wenn man nicht im Hauptquartier
die bestimmte Hoffnung auf einen günstigen Ausgang fest hielte; eine Hoff¬
nung, die also auch durch das Ergebniß der Münchner Conferenzen nicht
erschüttert worden ist. Diejenige Politik freilich, die es darauf abgesehen
hatte, in erster Linie Bayern zu gewinnen und welche die geneigteren Staaten
gebieterisch zwang, auf die bessere Einsicht der minder geneigten geduldig zu
warten, wird sich vielleicht modificiren müssen. Den minder geneigten wird
man zeigen müssen, daß man ja zunächst mit den geneigteren den Anfang
machen und zur Abwechslung jenen die Rolle der Wartenden zutheilen kann.
Divse Aussicht wird Wunder wirken. Nur auf diese Rechnung kann sich die
Zuversicht des großen Hauptquartiers gründen.
Zum Glück hatte der freie Gedankenaustausch, der in München stattfand,
nicht den Zweck die bestimmten unweigerlichen Bedingungen fest zu setzen,
welche die süddeutschen Staaten für das Eingehen eines engeren Verhältnisses
mit dem Nordbund stellen zu müssen glauben. Es waren ungezwungene
Erörterungen, Wünsche. Einfälle, welche Herr von Delbrück entgegen nahm.
Man legte die norddeutsche Bundesverfassung vor sich, nahm die einzelnen
Paragraphen durch, und Bayern entwickelte in Randbemerkungen zu jedem
Paragraphen, wie eine Bundesverfassung aussehen würde, wenn deren Be¬
stimmungen lediglich von ihm abhingen. Der Abänderungen war freilich
eine große Zahl und leider betrafen sie nicht blos harmlose Dinge, wie z.B.
die angestammten hellblauen Uniformen des bayrischen Heers, oder die schwarz¬
roth-goldene Fahne des Jahres 1848, die Graf Bray an Stelle der
norddeutschen Farben gesetzt wünscht, oder die Biersteuer, auf welcher, wie
nachdrücklich versichert wird, das ganze bayrische Finanzsystem ruht, sondern
zuweilen sehr ernsthafte Dinge, die den Charakter des Bundesstaates erheb¬
lich in Frage stellen würden, wie z. B. die völkerrechtliche Stellung der
Krone Bayerns und die selbstständige Führung über das Heer in Friedens¬
zeiten, bis auf die Bestimmung der Präsenzhöhe und auf das Werdergewehr
hinaus, dann das Stimmverhältniß im Bundesrath, das sich von der wirk¬
lichen Bedeutung der Bundesstaaten noch weiter entfernen würde, als schon
bisher der Fall ist, endlich die selbständige Verwaltung der Verkehrsanstalten,
die in Bayern der Volksmund als die „verkehrten Anstalten" bezeichnet.
Zu manchen dieser Glossen oder Seufzer mag Herr v. Delbrück die
Achseln gezuckt haben; auch Herr v. Mittnacht, der würtenbergische Bevoll¬
mächtigte, that es, der indessen seiner kalten überlegten Natur gemäß einer
großen Zurückhaltung sich befleißigte und zumal bei militärischen Dingen
ganz sich eigener Meinungsäußerung entschlug, weil er sie seinem College«
Älcnjbotcn IV. 1870. 25
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