Die Grenzboten. Jg. 29, 1870, II. Semester. II. Band.Aber der Nachschub wurde noch durch andere Umstände höchlich erschwert. Als nun damals nach den Schlachten bei Metz die wilde Jagd hinter Mac Aber der Nachschub wurde noch durch andere Umstände höchlich erschwert. Als nun damals nach den Schlachten bei Metz die wilde Jagd hinter Mac <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0126" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/124832"/> <p xml:id="ID_395"> Aber der Nachschub wurde noch durch andere Umstände höchlich erschwert.<lb/> Jedes Heer ist in seinen Verbindungen nach rückwärts zunächst auf die Straßen<lb/> angewiesen, welche es selbst gezogen ist und dem Feinde entrissen hat. Auf<lb/> den Linien seiner Marschroute läßt es hinter sich besetzte Etappen, welche die<lb/> Straßen, Ortschaften, die Communiccition mit der Heimath sichern. Der<lb/> Kronprinz war vom Süden her über die -.Vogesen auf die große Straße<lb/> nach Paris vorgedrungen, seiner Armee blieb längere Zeit nur die Verbin¬<lb/> dung über Weißenburg, das war den preußischen Corps für Post und Pro¬<lb/> viant ein weiter Umweg, zuerst auf fremden deutschen Eisenbahnen, in Frank¬<lb/> reich von Sulz aus nur auf Chausseen über das Gebirge. Das erschwerte Alles.<lb/> Auch als endlich die Eisenbahn von Weißenburg bis Nancy und Pont g. Moussou<lb/> wieder hergestellt war, wurde dieser Schienenstrang für Massentransport durch<lb/> lange, entscheidende Wochen die einzige nutzbare Verbindung, trotz seiner lang¬<lb/> samen Beförderung immer noch die Lebensader für alle späteren Operationen,<lb/> die ohne seinen Besitz in dieser Schnelle ganz unmöglich gewesen wären.</p><lb/> <p xml:id="ID_396" next="#ID_397"> Als nun damals nach den Schlachten bei Metz die wilde Jagd hinter Mac<lb/> Mahon herging, als außer der Südarmee des Kronprinzen noch die Maas¬<lb/> armee des Kronprinzen von Sachsen auf parallelen Straßen nach Nordosten<lb/> zog, viele Regimenter in Kriegsmärschen, wie sie bis dahin ihre Geschichte<lb/> nicht zu berichten wußte, da begann sich in Feindesland zwischen dem deut¬<lb/> schen Heere und dem Endpunkt der neuen Verkehrsader wieder eine weite<lb/> Kluft aufzuthun, welche für die Verpflegung nur durch zeitraubendes Aus¬<lb/> laden und durch Beförderung auf requirirten Wagen zu überschiffen war.<lb/> Tausende von Bauernwagen, schlechtes Fuhrwerk, verzweifelte Leute, lang¬<lb/> sames, oft gehemmtes Fortschleichen, auf wenigen Straßen hinter Truppen<lb/> her, welche täglich 5—7 Meilen vorrückren, und am Abend von ihren Pro¬<lb/> viantwagen, die sich aus den Colonnen mühevoll versorgt hatten, in den<lb/> Bivuaks nicht mehr erreicht oder gar nicht aufgefunden werden konnten. Das<lb/> waren vom 20. August bis nach dem 1. September Tage, wie sie nur ein<lb/> so geduldiges, ausdauerndes, treues Heer ohne schwere Einbuße an Kraft<lb/> und Disciplin zu überstehen vermag. Aber diese Tage waren zugleich und<lb/> trotz allen Entbehrungen der Truppen schwere und rühmliche Kraftproben für<lb/> unsere oberste Armeeverpflegung. Es ging nicht gut, das war unmöglich<lb/> durchzusetzen. Aber daß es dennoch ging, und daß die Schlacht am 1. Sep¬<lb/> tember geschlagen wurde, das verdanken wir nächst der Aufopferung der Trup¬<lb/> pen der energischen, sicher combinirenden, unerschütterlichen Kraft des General¬<lb/> intendanten der deutschen Armee und dem unternehmenden Geist, den er in<lb/> seinen Beamten zu erwecken wußte. Der Soldat wird sich bei jenen Tagen<lb/> immer zunächst der Strapazen und der mangelhaften Beköstigung erinnern<lb/> und keinen freundlichen Gruß für seine Jntendcmturbeamten bereit halten.</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0126]
Aber der Nachschub wurde noch durch andere Umstände höchlich erschwert.
Jedes Heer ist in seinen Verbindungen nach rückwärts zunächst auf die Straßen
angewiesen, welche es selbst gezogen ist und dem Feinde entrissen hat. Auf
den Linien seiner Marschroute läßt es hinter sich besetzte Etappen, welche die
Straßen, Ortschaften, die Communiccition mit der Heimath sichern. Der
Kronprinz war vom Süden her über die -.Vogesen auf die große Straße
nach Paris vorgedrungen, seiner Armee blieb längere Zeit nur die Verbin¬
dung über Weißenburg, das war den preußischen Corps für Post und Pro¬
viant ein weiter Umweg, zuerst auf fremden deutschen Eisenbahnen, in Frank¬
reich von Sulz aus nur auf Chausseen über das Gebirge. Das erschwerte Alles.
Auch als endlich die Eisenbahn von Weißenburg bis Nancy und Pont g. Moussou
wieder hergestellt war, wurde dieser Schienenstrang für Massentransport durch
lange, entscheidende Wochen die einzige nutzbare Verbindung, trotz seiner lang¬
samen Beförderung immer noch die Lebensader für alle späteren Operationen,
die ohne seinen Besitz in dieser Schnelle ganz unmöglich gewesen wären.
Als nun damals nach den Schlachten bei Metz die wilde Jagd hinter Mac
Mahon herging, als außer der Südarmee des Kronprinzen noch die Maas¬
armee des Kronprinzen von Sachsen auf parallelen Straßen nach Nordosten
zog, viele Regimenter in Kriegsmärschen, wie sie bis dahin ihre Geschichte
nicht zu berichten wußte, da begann sich in Feindesland zwischen dem deut¬
schen Heere und dem Endpunkt der neuen Verkehrsader wieder eine weite
Kluft aufzuthun, welche für die Verpflegung nur durch zeitraubendes Aus¬
laden und durch Beförderung auf requirirten Wagen zu überschiffen war.
Tausende von Bauernwagen, schlechtes Fuhrwerk, verzweifelte Leute, lang¬
sames, oft gehemmtes Fortschleichen, auf wenigen Straßen hinter Truppen
her, welche täglich 5—7 Meilen vorrückren, und am Abend von ihren Pro¬
viantwagen, die sich aus den Colonnen mühevoll versorgt hatten, in den
Bivuaks nicht mehr erreicht oder gar nicht aufgefunden werden konnten. Das
waren vom 20. August bis nach dem 1. September Tage, wie sie nur ein
so geduldiges, ausdauerndes, treues Heer ohne schwere Einbuße an Kraft
und Disciplin zu überstehen vermag. Aber diese Tage waren zugleich und
trotz allen Entbehrungen der Truppen schwere und rühmliche Kraftproben für
unsere oberste Armeeverpflegung. Es ging nicht gut, das war unmöglich
durchzusetzen. Aber daß es dennoch ging, und daß die Schlacht am 1. Sep¬
tember geschlagen wurde, das verdanken wir nächst der Aufopferung der Trup¬
pen der energischen, sicher combinirenden, unerschütterlichen Kraft des General¬
intendanten der deutschen Armee und dem unternehmenden Geist, den er in
seinen Beamten zu erwecken wußte. Der Soldat wird sich bei jenen Tagen
immer zunächst der Strapazen und der mangelhaften Beköstigung erinnern
und keinen freundlichen Gruß für seine Jntendcmturbeamten bereit halten.
Informationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja; Nachkorrektur erfolgte automatisch.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |