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Die Grenzboten. Jg. 29, 1870, II. Semeter. I. Band.

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er nicht durchgeprügelt und abgeführt wird; dabei kommt nichts heraus.
Die Spione, welche wir zu fürchten haben, sind ganz andere Leute, wohl¬
bekannte und angesehene Männer, welche Einfluß auf den kleinen Mann
haben, als Gutsbesitzer, oder weil sie einen großen Titel führen. Unsere
Gefahr ist, daß die. schlechten Subjecte den kleinen Mann in ihrer Nähe, der
gewöhnt ist ihren Worten zu folgen, zu einer Missethat verleiten. So
mag es geschehen, daß der Arme, dem das Urtheil fehlt, der die Anstifter
fürchtet oder durch ihr Geld verlockt wird, den Franzosen oder andern
Landesverräthern bei den Franzosen Botschaften überbringt, Wege weist.
Kunde von unserem Heere zuträgt, an der Küste Lichtsignale aufsteckt, tiefes
Fahrwasser und seichte Stellen angibt und vieles Aehnliche. Diese Art
vornehmer Spione und teuflischer Verführer ist schwerer zu fassen. Sie ver¬
schwören sich in dem Zimmer eines adligen Gutes, sie senden ihren Landes¬
verrat!) in zarten Damenbriefen mit Wappen und Krone, sie haben ihre
Verbindungen und persönlichen Freunde in deutschen Regierungen und an
Höfen, und erhalten im Nothfall Winke und Warnungen, sich der Gefahr
zu entziehen. Gegen diese Art ist ein angestrengter Nachtdienst der ehrlichen
Leute nöthig, und es ist ebenso nöthig, jedem Manne in Deutschland die
Sicherheit zu geben, daß ihm, wenn er seine Pflicht erfüllt und einen Ver¬
räther an Vollführung des Verrathes hindert, kein Schaden an Leben,
Gut und Glück entstehen werde.

Mehrere begeisterte Landsleute haben aus der Fremde und unter uns
Preise ausgesetzt für die erste Fahne, welche von den Franzosen erobert wird.
Das ist gut gemeint, aber schwerer Verdienst , denn die Franzosen führen
überhaupt keine Fahnen und keine Ehrenzeichen bei den Bataillonen; nur
die Regimenter haben irgend etwas auf einer Stange, was man jetzt, ohne
nach irgend einer Richtung zu beleidigen, aus vollem Herzen Kukuk nennen
darf. Den Soldaten zu belohnen, möchte ich als Bürger am liebsten dem
Kriegsherrn übeilassen, obgleich ich auch der Meinung bin, daß es für das
Militärcommando in manchen Fällen sehr rathsam ist, hohe Prämien auszu¬
setzen, welche dann aber wirklich an die einzelnen Soldaten ausgezahlt werden
müssen und nicht in die Regiments- oder Bataillonskasse. Dagegen kann
die Vaterlandsliebe, welche sich in Geldprämien zu äußern vermag, nach an¬
derer Richtung nützlich werden. Es wäre sehr verdienstlich, wenn bei diesem
Kriege durch Privatleute Belohnungen ausgesetzt würden, für solche
ni chtmtlitärs, welche sich durch eine wackere patriotische
That, die nicht innerhalb der g e w ö h riech en Pfl icht e n ihres
Berufs liegt, ein ausgezeichnetes Verdienst erwerben. Zum
Richter darüber kann die Bundesregierung gesetzt werden oder auch Privat¬
personen von gutem Namen, z. B. Mitglieder des Reichstags. Will aber


er nicht durchgeprügelt und abgeführt wird; dabei kommt nichts heraus.
Die Spione, welche wir zu fürchten haben, sind ganz andere Leute, wohl¬
bekannte und angesehene Männer, welche Einfluß auf den kleinen Mann
haben, als Gutsbesitzer, oder weil sie einen großen Titel führen. Unsere
Gefahr ist, daß die. schlechten Subjecte den kleinen Mann in ihrer Nähe, der
gewöhnt ist ihren Worten zu folgen, zu einer Missethat verleiten. So
mag es geschehen, daß der Arme, dem das Urtheil fehlt, der die Anstifter
fürchtet oder durch ihr Geld verlockt wird, den Franzosen oder andern
Landesverräthern bei den Franzosen Botschaften überbringt, Wege weist.
Kunde von unserem Heere zuträgt, an der Küste Lichtsignale aufsteckt, tiefes
Fahrwasser und seichte Stellen angibt und vieles Aehnliche. Diese Art
vornehmer Spione und teuflischer Verführer ist schwerer zu fassen. Sie ver¬
schwören sich in dem Zimmer eines adligen Gutes, sie senden ihren Landes¬
verrat!) in zarten Damenbriefen mit Wappen und Krone, sie haben ihre
Verbindungen und persönlichen Freunde in deutschen Regierungen und an
Höfen, und erhalten im Nothfall Winke und Warnungen, sich der Gefahr
zu entziehen. Gegen diese Art ist ein angestrengter Nachtdienst der ehrlichen
Leute nöthig, und es ist ebenso nöthig, jedem Manne in Deutschland die
Sicherheit zu geben, daß ihm, wenn er seine Pflicht erfüllt und einen Ver¬
räther an Vollführung des Verrathes hindert, kein Schaden an Leben,
Gut und Glück entstehen werde.

Mehrere begeisterte Landsleute haben aus der Fremde und unter uns
Preise ausgesetzt für die erste Fahne, welche von den Franzosen erobert wird.
Das ist gut gemeint, aber schwerer Verdienst , denn die Franzosen führen
überhaupt keine Fahnen und keine Ehrenzeichen bei den Bataillonen; nur
die Regimenter haben irgend etwas auf einer Stange, was man jetzt, ohne
nach irgend einer Richtung zu beleidigen, aus vollem Herzen Kukuk nennen
darf. Den Soldaten zu belohnen, möchte ich als Bürger am liebsten dem
Kriegsherrn übeilassen, obgleich ich auch der Meinung bin, daß es für das
Militärcommando in manchen Fällen sehr rathsam ist, hohe Prämien auszu¬
setzen, welche dann aber wirklich an die einzelnen Soldaten ausgezahlt werden
müssen und nicht in die Regiments- oder Bataillonskasse. Dagegen kann
die Vaterlandsliebe, welche sich in Geldprämien zu äußern vermag, nach an¬
derer Richtung nützlich werden. Es wäre sehr verdienstlich, wenn bei diesem
Kriege durch Privatleute Belohnungen ausgesetzt würden, für solche
ni chtmtlitärs, welche sich durch eine wackere patriotische
That, die nicht innerhalb der g e w ö h riech en Pfl icht e n ihres
Berufs liegt, ein ausgezeichnetes Verdienst erwerben. Zum
Richter darüber kann die Bundesregierung gesetzt werden oder auch Privat¬
personen von gutem Namen, z. B. Mitglieder des Reichstags. Will aber


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 29, 1870, II. Semeter. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341811_124151/234>, abgerufen am 05.07.2024.