Die Grenzboten. Jg. 29, 1870, I. Semester. II. Band.druck, wenn man ihn aus der römischen Sprache erklärt, einen Haupthahn Ein anderer Cultus, der aus der Fremde nach Ostia gekommen, war Mit diesen Rivalen hattte das Christenthum zu kämpfen und man muß - v -- druck, wenn man ihn aus der römischen Sprache erklärt, einen Haupthahn Ein anderer Cultus, der aus der Fremde nach Ostia gekommen, war Mit diesen Rivalen hattte das Christenthum zu kämpfen und man muß - v — <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0349" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/123969"/> <p xml:id="ID_1038" prev="#ID_1037"> druck, wenn man ihn aus der römischen Sprache erklärt, einen Haupthahn<lb/> und daneben ist Modius das römische Wort für Scheffel. Es ist hier also<lb/> der große Scheffel, Erzcapaun von Ostia, in einer Weise versinnbildlicht, die,<lb/> geschmacklos sie auch ist, doch nicht geradezu für eine Parodie von absicht¬<lb/> lich rein komischer Wirkung zu halten sein dürfte. Auch auf antiken Grab-<lb/> steinen finden sich ähnliche Wortspiele, wo der Witz den Ernst nicht beein¬<lb/> trächtigt zu haben scheint. — Außer den Gallen hatte die Göttin auch Prie¬<lb/> sterinnen. Eine derselben, die vielleicht nicht wenig dazu beigetragen hat,<lb/> den Cultus in Aufnahme zu bringen, war die Frau eines Zunftmeisters der<lb/> Zimmerleute, ihr Mann nennt sie aus seinem Sarkophage seine sehr fromme<lb/> Gattin und eine gewisse Frömmigkeit mag selbst in dieser wüsten Religion<lb/> Möglich gewesen sein.</p><lb/> <p xml:id="ID_1039"> Ein anderer Cultus, der aus der Fremde nach Ostia gekommen, war<lb/> derjenige der ägyptischen Isis, der schon darum in der Hafenstadt viel An¬<lb/> dächtige gefunden haben muß, weil Isis als eine mächtige Herrscherin über<lb/> alle Fluthen galt und der Schifffahrt günstig war. Es sind ihr reiche<lb/> Gaben dargebracht und eine lange Reihe von ihren Priestern, Priesterinnen<lb/> und Anhängern ist bereits bekannt, aber da man ihren Tempel bisher<lb/> noch nicht gefunden, verzichten wir darauf, in die Einzelheiten des so uner¬<lb/> freulichen ägyptischen Aberglaubens näher einzugehen. Ebensowenig braucht<lb/> der Dienst des persischen Mithras, der wichtigste und verbreitetste, vielleicht<lb/> auch der gedankenreichste unter den verschiedenen Sonnenculten, die dem<lb/> Orient entstammen und den Occident weithin durchzogen haben, hier erörtert<lb/> Zu werden. Freilich hat man in Ostia bis jetzt schon nicht weniger als drei<lb/> diesem Gott gewidmete Capellen aufgedeckt, aber ihre Monumente können<lb/> steh an Bedeutung mit denjenigen nicht messen, welche das südliche Deutsch¬<lb/> land und Oestreich, die Hauptländer für die Geschichte dieser Religion aus<lb/> der Stufe ihrer höchsten Entwickelung, so reichlich geliefert haben.</p><lb/> <p xml:id="ID_1040"> Mit diesen Rivalen hattte das Christenthum zu kämpfen und man muß<lb/> staunen, wie hartnäckig sie ihm den Weg streitig zu machen vermochten.<lb/> Auch in Ostia scheint die Lehre nur sehr allmälig Boden gewonnen zu haben.<lb/> Allerdings nennt die kirchliche Tradition diese Stadt sogar als den ältesten<lb/> Bischofssitz in der Umgegend Roms uyd schreibt vor, daß der Cardinal<lb/> Bischof von Ostia den neu erwählten Papst als Bischof von Rom consacrirt,<lb/> aber die Chronologie der christlichen Gräber reicht nur ausnahmsweise über<lb/> das vierte Jahrhundert zurück und die Kunst ist gegen die Anfänge des<lb/> Christenthums hier sogar noch karger und stiefmütterlicher gewesen als an<lb/> anderen Orten.</p><lb/> <note type="byline"> - v —</note><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0349]
druck, wenn man ihn aus der römischen Sprache erklärt, einen Haupthahn
und daneben ist Modius das römische Wort für Scheffel. Es ist hier also
der große Scheffel, Erzcapaun von Ostia, in einer Weise versinnbildlicht, die,
geschmacklos sie auch ist, doch nicht geradezu für eine Parodie von absicht¬
lich rein komischer Wirkung zu halten sein dürfte. Auch auf antiken Grab-
steinen finden sich ähnliche Wortspiele, wo der Witz den Ernst nicht beein¬
trächtigt zu haben scheint. — Außer den Gallen hatte die Göttin auch Prie¬
sterinnen. Eine derselben, die vielleicht nicht wenig dazu beigetragen hat,
den Cultus in Aufnahme zu bringen, war die Frau eines Zunftmeisters der
Zimmerleute, ihr Mann nennt sie aus seinem Sarkophage seine sehr fromme
Gattin und eine gewisse Frömmigkeit mag selbst in dieser wüsten Religion
Möglich gewesen sein.
Ein anderer Cultus, der aus der Fremde nach Ostia gekommen, war
derjenige der ägyptischen Isis, der schon darum in der Hafenstadt viel An¬
dächtige gefunden haben muß, weil Isis als eine mächtige Herrscherin über
alle Fluthen galt und der Schifffahrt günstig war. Es sind ihr reiche
Gaben dargebracht und eine lange Reihe von ihren Priestern, Priesterinnen
und Anhängern ist bereits bekannt, aber da man ihren Tempel bisher
noch nicht gefunden, verzichten wir darauf, in die Einzelheiten des so uner¬
freulichen ägyptischen Aberglaubens näher einzugehen. Ebensowenig braucht
der Dienst des persischen Mithras, der wichtigste und verbreitetste, vielleicht
auch der gedankenreichste unter den verschiedenen Sonnenculten, die dem
Orient entstammen und den Occident weithin durchzogen haben, hier erörtert
Zu werden. Freilich hat man in Ostia bis jetzt schon nicht weniger als drei
diesem Gott gewidmete Capellen aufgedeckt, aber ihre Monumente können
steh an Bedeutung mit denjenigen nicht messen, welche das südliche Deutsch¬
land und Oestreich, die Hauptländer für die Geschichte dieser Religion aus
der Stufe ihrer höchsten Entwickelung, so reichlich geliefert haben.
Mit diesen Rivalen hattte das Christenthum zu kämpfen und man muß
staunen, wie hartnäckig sie ihm den Weg streitig zu machen vermochten.
Auch in Ostia scheint die Lehre nur sehr allmälig Boden gewonnen zu haben.
Allerdings nennt die kirchliche Tradition diese Stadt sogar als den ältesten
Bischofssitz in der Umgegend Roms uyd schreibt vor, daß der Cardinal
Bischof von Ostia den neu erwählten Papst als Bischof von Rom consacrirt,
aber die Chronologie der christlichen Gräber reicht nur ausnahmsweise über
das vierte Jahrhundert zurück und die Kunst ist gegen die Anfänge des
Christenthums hier sogar noch karger und stiefmütterlicher gewesen als an
anderen Orten.
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