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Die Grenzboten. Jg. 29, 1870, I. Semester. II. Band.

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nicht; es war, wenn wir uns so ausdrücken dürfen, eine Art von Personal¬
union unter demselben Vorsteher, dem alten Marschall Vaillant. Das Ca-
binet Ollivier-Daru vollzog die gänzliche Trennung; es ließ die Vorstands¬
schaft der Civilliste ihrem bisherigen Inhaber und gab das nun abgesonderte
Ministerium der schönen Künste Herrn Maurice Richard, einem noch jungen,
thätigen Manne, der in der kurzen Zeit seines Amtes schon sehr anerkennens-
werthe Reformen bewerkstelligt hat und jetzt auch interimistisch mit dem
öffentlichen Unterrichte betraut ist. In Folge der letzthin eingetretenen Krisis
ist vielfach die Rede davon, das Ministerium der schönen Künste gänzlich
abzuschaffen; in diesem Falle würde es wohl als ein besonderes Departement
dem des Innern einverleibt werden. Soviel über Entstehung und Schick¬
sale der obersten Behörde. -- Von ihr geht aus jede Maßregel, die der
Staat in künstlerischen Dingen trifft, in Paris sowohl als in der Provinz;
die Bureaux der Centralverwaltung, in welche alle diese Angelegenheiten zu¬
sammenfließen, verursachen an Kostenaufwand 317,000 Fr., wobei der Mi¬
nister, wie alle seine Collegen, mit 100.000 Fr. bedacht ist -- es ist die
Region der hohen Gehälter!

Eins der wichtigsten Geschäfte ist die Sorge für Aufführung und Er¬
haltung der öffentlichen Gebäude und Monumente, unter zwei getrennte Ru¬
briken vertheilt: Ouvrages ä'art et ä6eora.ti<in Ach eäiüees xudlies mit
930,000 Fr. und Loustructivn et entretien ach batimeuts eivils mit
2,330.000 Fr. (Außerordentliches Budget für 1870: 2,260.000 Fr.) Hierher
gehört namentlich die Ausschmückung der Kirchen, Straßen und Plätze, worin
die Franzosen bekanntlich einen unübergetroffenen Geschmack und Geschicklich-
keit besitzen. Eins der schönsten in den letzten Jahren vollendeten Gebäude
ist das neue von Herrn Due erbaute Calais ac -sustiee, in einem seiner Be¬
stimmung entsprechenden ernsten, ja fast herben Stil, das von den charakter¬
losen modernen architektonischen Werken in einsamer Größe absticht. Es
brachte seinem Schöpfer die goldene Medaille von 100.000 Fr. ein. -- Die
Aufgabe der Vollendung der Tuilerien und des Louvre ist ebenfalls vom
Staatsministerium auf das der schönen Künste übergegangen. Der Flügel,
der die beiden Königsburgen auf der Wasserseite vereinigt, ist jetzt im Aeuße-
ren unter der Leitung des Herrn Lefuel völlig ausgebaut, in möglichster An¬
lehnung an das Muster der schon bestehenden Theile; auf manchen pracht¬
vollen Schmuck mußte freilich verzichtet werden, so z. B. auf die Fortsetzung
der reizenden Statuenreihe, die sich, in der Höhe des ersten Stockwerkes,
zwischen den Fenstern hinzieht; die Kosten wären zu einer unersteigbaren
Höhe angewachsen; sie belaufen sich ohnedies jährlich auf 2--3 Millionen.

Wer in Paris gewesen ist, hat sicher bewundert, mit welcher geschmack¬
vollen Schonung des noch Bestehenden und mit welcher geschickten Benutzung


nicht; es war, wenn wir uns so ausdrücken dürfen, eine Art von Personal¬
union unter demselben Vorsteher, dem alten Marschall Vaillant. Das Ca-
binet Ollivier-Daru vollzog die gänzliche Trennung; es ließ die Vorstands¬
schaft der Civilliste ihrem bisherigen Inhaber und gab das nun abgesonderte
Ministerium der schönen Künste Herrn Maurice Richard, einem noch jungen,
thätigen Manne, der in der kurzen Zeit seines Amtes schon sehr anerkennens-
werthe Reformen bewerkstelligt hat und jetzt auch interimistisch mit dem
öffentlichen Unterrichte betraut ist. In Folge der letzthin eingetretenen Krisis
ist vielfach die Rede davon, das Ministerium der schönen Künste gänzlich
abzuschaffen; in diesem Falle würde es wohl als ein besonderes Departement
dem des Innern einverleibt werden. Soviel über Entstehung und Schick¬
sale der obersten Behörde. — Von ihr geht aus jede Maßregel, die der
Staat in künstlerischen Dingen trifft, in Paris sowohl als in der Provinz;
die Bureaux der Centralverwaltung, in welche alle diese Angelegenheiten zu¬
sammenfließen, verursachen an Kostenaufwand 317,000 Fr., wobei der Mi¬
nister, wie alle seine Collegen, mit 100.000 Fr. bedacht ist — es ist die
Region der hohen Gehälter!

Eins der wichtigsten Geschäfte ist die Sorge für Aufführung und Er¬
haltung der öffentlichen Gebäude und Monumente, unter zwei getrennte Ru¬
briken vertheilt: Ouvrages ä'art et ä6eora.ti<in Ach eäiüees xudlies mit
930,000 Fr. und Loustructivn et entretien ach batimeuts eivils mit
2,330.000 Fr. (Außerordentliches Budget für 1870: 2,260.000 Fr.) Hierher
gehört namentlich die Ausschmückung der Kirchen, Straßen und Plätze, worin
die Franzosen bekanntlich einen unübergetroffenen Geschmack und Geschicklich-
keit besitzen. Eins der schönsten in den letzten Jahren vollendeten Gebäude
ist das neue von Herrn Due erbaute Calais ac -sustiee, in einem seiner Be¬
stimmung entsprechenden ernsten, ja fast herben Stil, das von den charakter¬
losen modernen architektonischen Werken in einsamer Größe absticht. Es
brachte seinem Schöpfer die goldene Medaille von 100.000 Fr. ein. — Die
Aufgabe der Vollendung der Tuilerien und des Louvre ist ebenfalls vom
Staatsministerium auf das der schönen Künste übergegangen. Der Flügel,
der die beiden Königsburgen auf der Wasserseite vereinigt, ist jetzt im Aeuße-
ren unter der Leitung des Herrn Lefuel völlig ausgebaut, in möglichster An¬
lehnung an das Muster der schon bestehenden Theile; auf manchen pracht¬
vollen Schmuck mußte freilich verzichtet werden, so z. B. auf die Fortsetzung
der reizenden Statuenreihe, die sich, in der Höhe des ersten Stockwerkes,
zwischen den Fenstern hinzieht; die Kosten wären zu einer unersteigbaren
Höhe angewachsen; sie belaufen sich ohnedies jährlich auf 2—3 Millionen.

Wer in Paris gewesen ist, hat sicher bewundert, mit welcher geschmack¬
vollen Schonung des noch Bestehenden und mit welcher geschickten Benutzung


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[0176] nicht; es war, wenn wir uns so ausdrücken dürfen, eine Art von Personal¬ union unter demselben Vorsteher, dem alten Marschall Vaillant. Das Ca- binet Ollivier-Daru vollzog die gänzliche Trennung; es ließ die Vorstands¬ schaft der Civilliste ihrem bisherigen Inhaber und gab das nun abgesonderte Ministerium der schönen Künste Herrn Maurice Richard, einem noch jungen, thätigen Manne, der in der kurzen Zeit seines Amtes schon sehr anerkennens- werthe Reformen bewerkstelligt hat und jetzt auch interimistisch mit dem öffentlichen Unterrichte betraut ist. In Folge der letzthin eingetretenen Krisis ist vielfach die Rede davon, das Ministerium der schönen Künste gänzlich abzuschaffen; in diesem Falle würde es wohl als ein besonderes Departement dem des Innern einverleibt werden. Soviel über Entstehung und Schick¬ sale der obersten Behörde. — Von ihr geht aus jede Maßregel, die der Staat in künstlerischen Dingen trifft, in Paris sowohl als in der Provinz; die Bureaux der Centralverwaltung, in welche alle diese Angelegenheiten zu¬ sammenfließen, verursachen an Kostenaufwand 317,000 Fr., wobei der Mi¬ nister, wie alle seine Collegen, mit 100.000 Fr. bedacht ist — es ist die Region der hohen Gehälter! Eins der wichtigsten Geschäfte ist die Sorge für Aufführung und Er¬ haltung der öffentlichen Gebäude und Monumente, unter zwei getrennte Ru¬ briken vertheilt: Ouvrages ä'art et ä6eora.ti<in Ach eäiüees xudlies mit 930,000 Fr. und Loustructivn et entretien ach batimeuts eivils mit 2,330.000 Fr. (Außerordentliches Budget für 1870: 2,260.000 Fr.) Hierher gehört namentlich die Ausschmückung der Kirchen, Straßen und Plätze, worin die Franzosen bekanntlich einen unübergetroffenen Geschmack und Geschicklich- keit besitzen. Eins der schönsten in den letzten Jahren vollendeten Gebäude ist das neue von Herrn Due erbaute Calais ac -sustiee, in einem seiner Be¬ stimmung entsprechenden ernsten, ja fast herben Stil, das von den charakter¬ losen modernen architektonischen Werken in einsamer Größe absticht. Es brachte seinem Schöpfer die goldene Medaille von 100.000 Fr. ein. — Die Aufgabe der Vollendung der Tuilerien und des Louvre ist ebenfalls vom Staatsministerium auf das der schönen Künste übergegangen. Der Flügel, der die beiden Königsburgen auf der Wasserseite vereinigt, ist jetzt im Aeuße- ren unter der Leitung des Herrn Lefuel völlig ausgebaut, in möglichster An¬ lehnung an das Muster der schon bestehenden Theile; auf manchen pracht¬ vollen Schmuck mußte freilich verzichtet werden, so z. B. auf die Fortsetzung der reizenden Statuenreihe, die sich, in der Höhe des ersten Stockwerkes, zwischen den Fenstern hinzieht; die Kosten wären zu einer unersteigbaren Höhe angewachsen; sie belaufen sich ohnedies jährlich auf 2—3 Millionen. Wer in Paris gewesen ist, hat sicher bewundert, mit welcher geschmack¬ vollen Schonung des noch Bestehenden und mit welcher geschickten Benutzung

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 29, 1870, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341811_123619/176>, abgerufen am 18.12.2024.