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Die Grenzboten. Jg. 29, 1870, I. Semester. II. Band.

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noch größerem Einflüsse war das Erscheinen von Julius Meyer's bekanntem
Buche. Dieses Werk, das dem Vernehmen nach eben ins Französische über¬
setzt wird -- eine Anerkennung, die auf diesem Gebiete selten einem deutschen
Gelehrten widerfährt -- hat das Verdienst gehabt, zuerst in einer sowohl
auf den sorgfältigsten Einzeluntersuchungen beruhenden, als nach den weite¬
sten und fruchtbarsten Gesich tspunkten angelegten historischen Darstellung
die Entwickelung der französischen Malerei zu erläutern; die einheimischen
Forscher hatten es nicht über eine Künstlergeschichte hinaus gebracht. Auch
für den in Frankreich selbst wohnenden ist dies Buch unentbehrlich, denn die
meisten Bilder der modernen Schulen befinden sich im Privatbesitz, so daß
die vertrauteste Kenntniß der öffentlichen Sammlungen in Paris und der
Provinz nicht ausreicht; in Meyer's Werke aber ist die gesammte Thätigkeit
der Maler in Betracht gezogen worden. Endlich wollen wir die deutsche
Invasion nicht außer Acht lassen, die Paris im Sommer der Ausstellung
überschwemmte; es waren zwar nur flüchtige Eindrücke, welche die meisten
mit nach Hause nahmen, aber diese erste Bekanntschaft hat doch Vielen den
Impuls gegeben und zu näherer Beschäftigung mit französischer Kunst ver¬
anlaßt.

Den Deutschen liegt die Frage nahe, welche Stellung inmitten des regen
Kunstlebens von Frankreich die Staatsverwaltung eingenommen hat, ob und
wie weit sie durch ihr Eingreifen ihren Einfluß fühlen läßt. Wir glauben
diesem Wunsche einiger Leser am besten zu entsprechen, wenn wir eine nach
Kräften vollständige Uebersicht sämmtlicher vom Staate gegründeten und be¬
zahlten Kunstanstalten geben. Die Kostenangaben entnehmen wir der offi-
ciellen Budgetvorlage für 1870, können also für deren Genauigkeit einstehen.
Eine solche Aufzählung bleibt ihrer Natur nach immer etwas trocken, und
wir bitten daher wegen des unvermeidlich geschäftsmäßigen Tons folgender
Darstellung um Nachsicht. Das der Sache innewohnende hohe Interesse muß
hier allein alles Andere ersetzen.

Die oberste Centralbehörde für die Verwaltung der schönen Künste ist
das erst seit dem 2. Januar dieses Jahres selbständig constituirte Mmstörk
ass LöÄUx-^res. Bis zum Jahre 1863 waren fast alle in dieses Fach ein¬
schlagende Angelegenheiten vom Staatsministerium besorgt worden, nur einige
wenige von dem des Innern. Durch ein kaiserliches Decret vom 23.Juni 1863
wurde aber jener Administration ein großer Theil ihrer Competenzen ent¬
zogen; einige, wie z. B. alle das Institut betreffende Geschäfte gingen auf
das Unterrichtsministerium über, die meisten jedoch wurden zum Gebiete des
Staatssecretariats geschlagen, das bisher mit dem kaiserlichen Hause betraut
war und nun den Namen Umistöre ac la Utüsvn as I'Lmpersur se des
Leaux-^res annahm. Verschmolzen wurden indeß die beiden Verwaltungen


Grenzboten II. 1870. 22

noch größerem Einflüsse war das Erscheinen von Julius Meyer's bekanntem
Buche. Dieses Werk, das dem Vernehmen nach eben ins Französische über¬
setzt wird — eine Anerkennung, die auf diesem Gebiete selten einem deutschen
Gelehrten widerfährt — hat das Verdienst gehabt, zuerst in einer sowohl
auf den sorgfältigsten Einzeluntersuchungen beruhenden, als nach den weite¬
sten und fruchtbarsten Gesich tspunkten angelegten historischen Darstellung
die Entwickelung der französischen Malerei zu erläutern; die einheimischen
Forscher hatten es nicht über eine Künstlergeschichte hinaus gebracht. Auch
für den in Frankreich selbst wohnenden ist dies Buch unentbehrlich, denn die
meisten Bilder der modernen Schulen befinden sich im Privatbesitz, so daß
die vertrauteste Kenntniß der öffentlichen Sammlungen in Paris und der
Provinz nicht ausreicht; in Meyer's Werke aber ist die gesammte Thätigkeit
der Maler in Betracht gezogen worden. Endlich wollen wir die deutsche
Invasion nicht außer Acht lassen, die Paris im Sommer der Ausstellung
überschwemmte; es waren zwar nur flüchtige Eindrücke, welche die meisten
mit nach Hause nahmen, aber diese erste Bekanntschaft hat doch Vielen den
Impuls gegeben und zu näherer Beschäftigung mit französischer Kunst ver¬
anlaßt.

Den Deutschen liegt die Frage nahe, welche Stellung inmitten des regen
Kunstlebens von Frankreich die Staatsverwaltung eingenommen hat, ob und
wie weit sie durch ihr Eingreifen ihren Einfluß fühlen läßt. Wir glauben
diesem Wunsche einiger Leser am besten zu entsprechen, wenn wir eine nach
Kräften vollständige Uebersicht sämmtlicher vom Staate gegründeten und be¬
zahlten Kunstanstalten geben. Die Kostenangaben entnehmen wir der offi-
ciellen Budgetvorlage für 1870, können also für deren Genauigkeit einstehen.
Eine solche Aufzählung bleibt ihrer Natur nach immer etwas trocken, und
wir bitten daher wegen des unvermeidlich geschäftsmäßigen Tons folgender
Darstellung um Nachsicht. Das der Sache innewohnende hohe Interesse muß
hier allein alles Andere ersetzen.

Die oberste Centralbehörde für die Verwaltung der schönen Künste ist
das erst seit dem 2. Januar dieses Jahres selbständig constituirte Mmstörk
ass LöÄUx-^res. Bis zum Jahre 1863 waren fast alle in dieses Fach ein¬
schlagende Angelegenheiten vom Staatsministerium besorgt worden, nur einige
wenige von dem des Innern. Durch ein kaiserliches Decret vom 23.Juni 1863
wurde aber jener Administration ein großer Theil ihrer Competenzen ent¬
zogen; einige, wie z. B. alle das Institut betreffende Geschäfte gingen auf
das Unterrichtsministerium über, die meisten jedoch wurden zum Gebiete des
Staatssecretariats geschlagen, das bisher mit dem kaiserlichen Hause betraut
war und nun den Namen Umistöre ac la Utüsvn as I'Lmpersur se des
Leaux-^res annahm. Verschmolzen wurden indeß die beiden Verwaltungen


Grenzboten II. 1870. 22
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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 29, 1870, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341811_123619/175>, abgerufen am 27.07.2024.