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Die Grenzboten. Jg. 29, 1870, I. Semester. I. Band.

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Gebäude der deutschen Colonie errichtet werden: eine protestantische Kirche
zur Vereinigung aller deutschen Protestanten, welche, nebenbei bemerkt,
meist Süddeutsche sind, dann eine von Diaconissinnen aus Kaiserswerth ge¬
gründete Schule für 200--300 Kinder der Eingeborenen, eine von Herrn
Scheller zur Zeit der Maroniten-Ermordung gestiftete Waisenanstalt für 80
Knaben, ein Krankenhaus und ein Hospiz des preußischen Johanniterordens,
endlich das norddeutsche Generalconsulat. Vorläufig hat, wie wir hören,
der Johanniterorden sich bereit erklärt, mit allen seinen Mitteln zur Förde¬
rung des Werkes beizutragen. Diese Vereinigung, für welche der Kronprinz
an Ort und Stelle eifrig bemüht war. wird dem deutschen Elemente Zu¬
sammenhang, Kraft und Einfluß bringen.

Von Jerusalem kehrte der Kronprinz nach Jaffa zurück, von dort segelte
er mit dem Geschwader nach Beirut. In diesem Hafenplatz von Damaskus
concentrirt sich der Handel des Libanon und der Verkehr Syriens und Per-
siens mit dem mittelländischen Meer. Die günstige Lage hat Beirut zu
einem aufblühenden Platze gemacht, überall sieht man reges Leben, energischen
Fortschritt und viel Gedeihen. Jeder Zuwachs an Cultur im Hinterkante
kommt alsbald diesem Orte zu Gute. Und hier ist merkwürdig, welche uner¬
wartete Folgen die bekannte gräuliche Maroniten-Ermordung sür den Libanon
gehabt hat. Wie einst der Brand von Hamburg eine neue großartige Ent¬
faltung der Stadtkraft zur Folge hatte, so hat auch dem Libanon das plötz¬
liche große Elend die Interessen und Kräfte Europas zugelenkt. Nicht nur
Geld auch Menschen sind hingewandert. Gläubige Seelen eilten herzu, um
die Waisen zu retten, christliche Schulen und Krankenanstalten wurden ge¬
baut, um Geist und Leib jener bis dahin vergessenen und versunkenen Stämme
wurde gesorgt. Und wenn auch hier und da zu viel und nicht in der rich¬
tigen Weise curirt worden ist, der ausgestreute Same fiel doch nicht ganz
unter Dornen. Das Land gedeiht jetzt und scheint eine Zukunft zu haben.
In Beirut haben deutsche Protestanten, Johanniter und Diaconissinnen ein
Krankenhaus und eine Schule errichtet. Zwar ist die deutsche Colonie nur
klein, doch ist hier vielleicht der günstigste Ort der Levante, wo die großen
deutschen Tugenden: Fleiß und Ausdauer in Handel und Ackerbau, reiche
Ernte zu gewinnen vermögen. Die türkische Oberhoheit ist für Fremde, welche
mächtigen Staaten angehören, aus naheliegenden Gründen in vieler Hinsicht
die freieste und bequemste, welche man finden kann.

Der Kronprinz verwerthete jede Gelegenheit, den Deutschen in Beirut
zu nützen. Von dort unternahm er einen Ausflug nach dem Libanon und
nach Damaskus. Ueberall wurde ihm ein Empfang, welcher bewies, daß
man vor der Macht, die er repräsentirte, Respect gewonnen habe.

Gleicher Empfang wurde ihm, als er nach Egypten kam. In diesem


Gebäude der deutschen Colonie errichtet werden: eine protestantische Kirche
zur Vereinigung aller deutschen Protestanten, welche, nebenbei bemerkt,
meist Süddeutsche sind, dann eine von Diaconissinnen aus Kaiserswerth ge¬
gründete Schule für 200—300 Kinder der Eingeborenen, eine von Herrn
Scheller zur Zeit der Maroniten-Ermordung gestiftete Waisenanstalt für 80
Knaben, ein Krankenhaus und ein Hospiz des preußischen Johanniterordens,
endlich das norddeutsche Generalconsulat. Vorläufig hat, wie wir hören,
der Johanniterorden sich bereit erklärt, mit allen seinen Mitteln zur Förde¬
rung des Werkes beizutragen. Diese Vereinigung, für welche der Kronprinz
an Ort und Stelle eifrig bemüht war. wird dem deutschen Elemente Zu¬
sammenhang, Kraft und Einfluß bringen.

Von Jerusalem kehrte der Kronprinz nach Jaffa zurück, von dort segelte
er mit dem Geschwader nach Beirut. In diesem Hafenplatz von Damaskus
concentrirt sich der Handel des Libanon und der Verkehr Syriens und Per-
siens mit dem mittelländischen Meer. Die günstige Lage hat Beirut zu
einem aufblühenden Platze gemacht, überall sieht man reges Leben, energischen
Fortschritt und viel Gedeihen. Jeder Zuwachs an Cultur im Hinterkante
kommt alsbald diesem Orte zu Gute. Und hier ist merkwürdig, welche uner¬
wartete Folgen die bekannte gräuliche Maroniten-Ermordung sür den Libanon
gehabt hat. Wie einst der Brand von Hamburg eine neue großartige Ent¬
faltung der Stadtkraft zur Folge hatte, so hat auch dem Libanon das plötz¬
liche große Elend die Interessen und Kräfte Europas zugelenkt. Nicht nur
Geld auch Menschen sind hingewandert. Gläubige Seelen eilten herzu, um
die Waisen zu retten, christliche Schulen und Krankenanstalten wurden ge¬
baut, um Geist und Leib jener bis dahin vergessenen und versunkenen Stämme
wurde gesorgt. Und wenn auch hier und da zu viel und nicht in der rich¬
tigen Weise curirt worden ist, der ausgestreute Same fiel doch nicht ganz
unter Dornen. Das Land gedeiht jetzt und scheint eine Zukunft zu haben.
In Beirut haben deutsche Protestanten, Johanniter und Diaconissinnen ein
Krankenhaus und eine Schule errichtet. Zwar ist die deutsche Colonie nur
klein, doch ist hier vielleicht der günstigste Ort der Levante, wo die großen
deutschen Tugenden: Fleiß und Ausdauer in Handel und Ackerbau, reiche
Ernte zu gewinnen vermögen. Die türkische Oberhoheit ist für Fremde, welche
mächtigen Staaten angehören, aus naheliegenden Gründen in vieler Hinsicht
die freieste und bequemste, welche man finden kann.

Der Kronprinz verwerthete jede Gelegenheit, den Deutschen in Beirut
zu nützen. Von dort unternahm er einen Ausflug nach dem Libanon und
nach Damaskus. Ueberall wurde ihm ein Empfang, welcher bewies, daß
man vor der Macht, die er repräsentirte, Respect gewonnen habe.

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[0092] Gebäude der deutschen Colonie errichtet werden: eine protestantische Kirche zur Vereinigung aller deutschen Protestanten, welche, nebenbei bemerkt, meist Süddeutsche sind, dann eine von Diaconissinnen aus Kaiserswerth ge¬ gründete Schule für 200—300 Kinder der Eingeborenen, eine von Herrn Scheller zur Zeit der Maroniten-Ermordung gestiftete Waisenanstalt für 80 Knaben, ein Krankenhaus und ein Hospiz des preußischen Johanniterordens, endlich das norddeutsche Generalconsulat. Vorläufig hat, wie wir hören, der Johanniterorden sich bereit erklärt, mit allen seinen Mitteln zur Förde¬ rung des Werkes beizutragen. Diese Vereinigung, für welche der Kronprinz an Ort und Stelle eifrig bemüht war. wird dem deutschen Elemente Zu¬ sammenhang, Kraft und Einfluß bringen. Von Jerusalem kehrte der Kronprinz nach Jaffa zurück, von dort segelte er mit dem Geschwader nach Beirut. In diesem Hafenplatz von Damaskus concentrirt sich der Handel des Libanon und der Verkehr Syriens und Per- siens mit dem mittelländischen Meer. Die günstige Lage hat Beirut zu einem aufblühenden Platze gemacht, überall sieht man reges Leben, energischen Fortschritt und viel Gedeihen. Jeder Zuwachs an Cultur im Hinterkante kommt alsbald diesem Orte zu Gute. Und hier ist merkwürdig, welche uner¬ wartete Folgen die bekannte gräuliche Maroniten-Ermordung sür den Libanon gehabt hat. Wie einst der Brand von Hamburg eine neue großartige Ent¬ faltung der Stadtkraft zur Folge hatte, so hat auch dem Libanon das plötz¬ liche große Elend die Interessen und Kräfte Europas zugelenkt. Nicht nur Geld auch Menschen sind hingewandert. Gläubige Seelen eilten herzu, um die Waisen zu retten, christliche Schulen und Krankenanstalten wurden ge¬ baut, um Geist und Leib jener bis dahin vergessenen und versunkenen Stämme wurde gesorgt. Und wenn auch hier und da zu viel und nicht in der rich¬ tigen Weise curirt worden ist, der ausgestreute Same fiel doch nicht ganz unter Dornen. Das Land gedeiht jetzt und scheint eine Zukunft zu haben. In Beirut haben deutsche Protestanten, Johanniter und Diaconissinnen ein Krankenhaus und eine Schule errichtet. Zwar ist die deutsche Colonie nur klein, doch ist hier vielleicht der günstigste Ort der Levante, wo die großen deutschen Tugenden: Fleiß und Ausdauer in Handel und Ackerbau, reiche Ernte zu gewinnen vermögen. Die türkische Oberhoheit ist für Fremde, welche mächtigen Staaten angehören, aus naheliegenden Gründen in vieler Hinsicht die freieste und bequemste, welche man finden kann. Der Kronprinz verwerthete jede Gelegenheit, den Deutschen in Beirut zu nützen. Von dort unternahm er einen Ausflug nach dem Libanon und nach Damaskus. Ueberall wurde ihm ein Empfang, welcher bewies, daß man vor der Macht, die er repräsentirte, Respect gewonnen habe. Gleicher Empfang wurde ihm, als er nach Egypten kam. In diesem

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 29, 1870, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341811_123087/92>, abgerufen am 26.06.2024.