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Die Grenzboten. Jg. 29, 1870, I. Semester. I. Band.

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Academien des ganzen Landes im Jahre 1863 auf 203,092 Fras. 84 Cent,
belaufen! Die acht Marschälle Frankreichs allein kosten jährlich 240.000 Fras.!
Merkwürdig aber ist, daß manche Facultäten eine Quelle von Geldeinnahme
für den Staat sind; jene Summe von 203,092 Fras. vertheilt sich nämlich
wie folgt:

Facultäten. Ueberschuß der Ausgaben. Ueberschuß der Einnahmen.
Theologie 161,713. SS. --
Recht -- 627,667. 33.
Medicin 172,772. 20. --
Naturwissenschaft 549,105. 22. --
heitres -- S2.830. 80.
883.590. 97. 680,498. 13.
Totalüberschuß der Ausgaben 203,092. 84.

In den I'aoulte's ach lettres sind die Gehalte der Professoren nicht
gerade glänzend, aber im Allgemeinen können sie doch als genügend be¬
zeichnet werden. In Paris erhält ein academischer Lehrer, Alles inbegriffen,
12,500 Fras., in der Provinz ein Fixum von 4000 Fras., wozu noch 800
bis über 300 Fras. an Prüfungsgebühren hinzukommen. Große, recht übel
angebrachte Ersparnisse scheint man aber an dem Material? und an den Ge-
bäulichkeiten der Academien zu machen. Viermal werden von der officiellen
Statistik die Schulgebäude als zu ihrer Verwendung völlig ungeeignet be¬
zeichnet; in den meisten Fällen entsprechen sie ihrem Zwecke nur unvollkom¬
men; nur die neuen, eigens errichteten Gebäude erfüllen ihre Bestimmung.
Auch der Zustand des Mobiliars unterliegt einem scharfen Tadel. Nur bei
fünf Academien wird die historisch"philologische Bibliothek genügend gefunden;
in den elf anderen ist sie mangelhaft, wie meistens auch für die anderen
Fächer*).

Dagegen fließen den Facultäten bedeutende Summen zu durch die Prü¬
fungen, die vor ihnen bestanden werden. Das IZg.eeulaure'u.t, es lettres (es
entspricht etwa den Maturitäts- oder Abiturienteneramen) ist für jede Staats¬
anstellung, sogar zum Eintritte in die Militärschulen nothwendig. Die Ge-
bühren dazu betragen 100 Fras., zu der Licenz und dem Doctorat belaufen
sie sich auf je 140 Fras. Bedenkt man aber, daß im Schuljahre 186S
9110 Baecalaureats- und 260 Licentiatsexamina (wovon freilich nur 4097
resp. 100 bestanden) gemacht wurden, so sieht man bald ein, daß diese Sum-



°) Es möge uns gestattet sein, hier einen anscheinend geringfügigen, doch bezeichnenden
Umstand zu erwähnen. In den französischen Auditorien finden sich keine Tische, überhaupt
keine Einrichtungen zum Schreiben. Wer Notizen nehmen will, muß eben seine Knie als Pult
benutzen! So wenig rechnet man darauf, daß Jemand den Wunsch habe, von dem, was er im
Colleg gehört, etwas schwarz auf weiß nach Hause zu bringen!
Grenzboten 1.1870. 33

Academien des ganzen Landes im Jahre 1863 auf 203,092 Fras. 84 Cent,
belaufen! Die acht Marschälle Frankreichs allein kosten jährlich 240.000 Fras.!
Merkwürdig aber ist, daß manche Facultäten eine Quelle von Geldeinnahme
für den Staat sind; jene Summe von 203,092 Fras. vertheilt sich nämlich
wie folgt:

Facultäten. Ueberschuß der Ausgaben. Ueberschuß der Einnahmen.
Theologie 161,713. SS. —
Recht — 627,667. 33.
Medicin 172,772. 20. —
Naturwissenschaft 549,105. 22. —
heitres — S2.830. 80.
883.590. 97. 680,498. 13.
Totalüberschuß der Ausgaben 203,092. 84.

In den I'aoulte's ach lettres sind die Gehalte der Professoren nicht
gerade glänzend, aber im Allgemeinen können sie doch als genügend be¬
zeichnet werden. In Paris erhält ein academischer Lehrer, Alles inbegriffen,
12,500 Fras., in der Provinz ein Fixum von 4000 Fras., wozu noch 800
bis über 300 Fras. an Prüfungsgebühren hinzukommen. Große, recht übel
angebrachte Ersparnisse scheint man aber an dem Material? und an den Ge-
bäulichkeiten der Academien zu machen. Viermal werden von der officiellen
Statistik die Schulgebäude als zu ihrer Verwendung völlig ungeeignet be¬
zeichnet; in den meisten Fällen entsprechen sie ihrem Zwecke nur unvollkom¬
men; nur die neuen, eigens errichteten Gebäude erfüllen ihre Bestimmung.
Auch der Zustand des Mobiliars unterliegt einem scharfen Tadel. Nur bei
fünf Academien wird die historisch»philologische Bibliothek genügend gefunden;
in den elf anderen ist sie mangelhaft, wie meistens auch für die anderen
Fächer*).

Dagegen fließen den Facultäten bedeutende Summen zu durch die Prü¬
fungen, die vor ihnen bestanden werden. Das IZg.eeulaure'u.t, es lettres (es
entspricht etwa den Maturitäts- oder Abiturienteneramen) ist für jede Staats¬
anstellung, sogar zum Eintritte in die Militärschulen nothwendig. Die Ge-
bühren dazu betragen 100 Fras., zu der Licenz und dem Doctorat belaufen
sie sich auf je 140 Fras. Bedenkt man aber, daß im Schuljahre 186S
9110 Baecalaureats- und 260 Licentiatsexamina (wovon freilich nur 4097
resp. 100 bestanden) gemacht wurden, so sieht man bald ein, daß diese Sum-



°) Es möge uns gestattet sein, hier einen anscheinend geringfügigen, doch bezeichnenden
Umstand zu erwähnen. In den französischen Auditorien finden sich keine Tische, überhaupt
keine Einrichtungen zum Schreiben. Wer Notizen nehmen will, muß eben seine Knie als Pult
benutzen! So wenig rechnet man darauf, daß Jemand den Wunsch habe, von dem, was er im
Colleg gehört, etwas schwarz auf weiß nach Hause zu bringen!
Grenzboten 1.1870. 33
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[0263] Academien des ganzen Landes im Jahre 1863 auf 203,092 Fras. 84 Cent, belaufen! Die acht Marschälle Frankreichs allein kosten jährlich 240.000 Fras.! Merkwürdig aber ist, daß manche Facultäten eine Quelle von Geldeinnahme für den Staat sind; jene Summe von 203,092 Fras. vertheilt sich nämlich wie folgt: Facultäten. Ueberschuß der Ausgaben. Ueberschuß der Einnahmen. Theologie 161,713. SS. — Recht — 627,667. 33. Medicin 172,772. 20. — Naturwissenschaft 549,105. 22. — heitres — S2.830. 80. 883.590. 97. 680,498. 13. Totalüberschuß der Ausgaben 203,092. 84. In den I'aoulte's ach lettres sind die Gehalte der Professoren nicht gerade glänzend, aber im Allgemeinen können sie doch als genügend be¬ zeichnet werden. In Paris erhält ein academischer Lehrer, Alles inbegriffen, 12,500 Fras., in der Provinz ein Fixum von 4000 Fras., wozu noch 800 bis über 300 Fras. an Prüfungsgebühren hinzukommen. Große, recht übel angebrachte Ersparnisse scheint man aber an dem Material? und an den Ge- bäulichkeiten der Academien zu machen. Viermal werden von der officiellen Statistik die Schulgebäude als zu ihrer Verwendung völlig ungeeignet be¬ zeichnet; in den meisten Fällen entsprechen sie ihrem Zwecke nur unvollkom¬ men; nur die neuen, eigens errichteten Gebäude erfüllen ihre Bestimmung. Auch der Zustand des Mobiliars unterliegt einem scharfen Tadel. Nur bei fünf Academien wird die historisch»philologische Bibliothek genügend gefunden; in den elf anderen ist sie mangelhaft, wie meistens auch für die anderen Fächer*). Dagegen fließen den Facultäten bedeutende Summen zu durch die Prü¬ fungen, die vor ihnen bestanden werden. Das IZg.eeulaure'u.t, es lettres (es entspricht etwa den Maturitäts- oder Abiturienteneramen) ist für jede Staats¬ anstellung, sogar zum Eintritte in die Militärschulen nothwendig. Die Ge- bühren dazu betragen 100 Fras., zu der Licenz und dem Doctorat belaufen sie sich auf je 140 Fras. Bedenkt man aber, daß im Schuljahre 186S 9110 Baecalaureats- und 260 Licentiatsexamina (wovon freilich nur 4097 resp. 100 bestanden) gemacht wurden, so sieht man bald ein, daß diese Sum- °) Es möge uns gestattet sein, hier einen anscheinend geringfügigen, doch bezeichnenden Umstand zu erwähnen. In den französischen Auditorien finden sich keine Tische, überhaupt keine Einrichtungen zum Schreiben. Wer Notizen nehmen will, muß eben seine Knie als Pult benutzen! So wenig rechnet man darauf, daß Jemand den Wunsch habe, von dem, was er im Colleg gehört, etwas schwarz auf weiß nach Hause zu bringen! Grenzboten 1.1870. 33

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 29, 1870, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341811_123087/263>, abgerufen am 28.09.2024.