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Die Grenzboten. Jg. 29, 1870, I. Semester. I. Band.

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setzen ^bestimmten Betrag hinaus ausstellen oder ausstellen lassen wollen.
Einen solchen Eid haben der Chef der Seehandlung und seine Beamten nicht
zu leisten und wenn wir gleich volles Vertrauen haben, daß, solange Män¬
ner vom Schlage Camphausens an ihrer Spitze stehen, auch keine Um¬
gehung des Gesetzes statthaben kann, so sind doch Menschen sterblich und
constitutionell ist kein Hinderniß da, unter der Firma der Seehandlung versteckte
Schulden in der Form von Vorschüssen zu machen. Man hat das Institut
auch von dem Standpunkte aus zu vertheidigen gesucht, daß es der Regie¬
rung die Unterbringung von Anleihen erleichtere und sie von den Bankiers
unabhängig mache; aber, fragen wir, wie macht es denn ohne ein ähnliches
Institut die englische Regierung? und wozu hat die preußische Bank ihr Mo¬
nopol, wenn sie nicht der Regierung solche Dienste leisten kann?

Diese Rücksichten erheischen gebieterisch die Auflösung eines Instituts,
welches sich jedenfalls überlebt hat: seine Activa sind zu capitalisiren und
zur Tilgung von Staatsschulden zu verwenden.

Auch die Königliche Porcellanmanufaktur und die Staatsdruckerei könn¬
ten ohne Schaden aufgehoben werden; die preußische Industrie ist vorge¬
schritten genug, um für beide Institute Ersatz zu bieten und keiner Muster¬
wirthschaften mehr zu bedürfen.

Nehmen wir nun die erwähnten Positionen des Staatsvermögens zu¬
sammen nach dem Budget von 1869:

Ertrag: Kosten:
Domcnnen....... 9,767,340 Thlr. 2.091,860 Thlr.
Berg-, Hütten-, Salinenwesen 24,881,686 " 20,706,638 "
Seehandlung...... 700.000 "
Porcellanmanufaktur .... 180,000 " 135,000 "
Staatsdruckerei ...... 261.000 " 202,300 "
^
35?750.226Thlr? 23,055,798 Thlr^
abzüglich Kosten 23,055,798 Thlr.
12,694.428 Thlr.

Durch Realisirung dieser Posten des activen Staatsvermögens wäre also
der Staat, wenn man nur zu 4 Procent capitcilisirt, im Stande, mehr als
300 Mill. Schulden zu tilgen, womit zugleich die Amortisation erspart würde.
Den Einwand, daß man sich durch eine so reducirte Staatsschuld verleiten
lassen würde, bald ohne dringende Noth neue Anleihen zu machen, kann man
kaum gelten lassen, ohne der Landesvertretung ein Armuthszeugniß aus¬
zustellen. Wozu ist sie da, als dies zu verhindern? eine Steuerverminderung
aber, die eventuell einträte, würde die productiven Kräfte des Landes steigern.
Wir halten demnach eine derartige successive Mobilisirung jener Posten des
Staatsvermögens zum Behuf der Schuldentilgung für wirthschaftlich richtig.




Gmizlwle" l, 1670,27

setzen ^bestimmten Betrag hinaus ausstellen oder ausstellen lassen wollen.
Einen solchen Eid haben der Chef der Seehandlung und seine Beamten nicht
zu leisten und wenn wir gleich volles Vertrauen haben, daß, solange Män¬
ner vom Schlage Camphausens an ihrer Spitze stehen, auch keine Um¬
gehung des Gesetzes statthaben kann, so sind doch Menschen sterblich und
constitutionell ist kein Hinderniß da, unter der Firma der Seehandlung versteckte
Schulden in der Form von Vorschüssen zu machen. Man hat das Institut
auch von dem Standpunkte aus zu vertheidigen gesucht, daß es der Regie¬
rung die Unterbringung von Anleihen erleichtere und sie von den Bankiers
unabhängig mache; aber, fragen wir, wie macht es denn ohne ein ähnliches
Institut die englische Regierung? und wozu hat die preußische Bank ihr Mo¬
nopol, wenn sie nicht der Regierung solche Dienste leisten kann?

Diese Rücksichten erheischen gebieterisch die Auflösung eines Instituts,
welches sich jedenfalls überlebt hat: seine Activa sind zu capitalisiren und
zur Tilgung von Staatsschulden zu verwenden.

Auch die Königliche Porcellanmanufaktur und die Staatsdruckerei könn¬
ten ohne Schaden aufgehoben werden; die preußische Industrie ist vorge¬
schritten genug, um für beide Institute Ersatz zu bieten und keiner Muster¬
wirthschaften mehr zu bedürfen.

Nehmen wir nun die erwähnten Positionen des Staatsvermögens zu¬
sammen nach dem Budget von 1869:

Ertrag: Kosten:
Domcnnen....... 9,767,340 Thlr. 2.091,860 Thlr.
Berg-, Hütten-, Salinenwesen 24,881,686 „ 20,706,638 „
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^
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abzüglich Kosten 23,055,798 Thlr.
12,694.428 Thlr.

Durch Realisirung dieser Posten des activen Staatsvermögens wäre also
der Staat, wenn man nur zu 4 Procent capitcilisirt, im Stande, mehr als
300 Mill. Schulden zu tilgen, womit zugleich die Amortisation erspart würde.
Den Einwand, daß man sich durch eine so reducirte Staatsschuld verleiten
lassen würde, bald ohne dringende Noth neue Anleihen zu machen, kann man
kaum gelten lassen, ohne der Landesvertretung ein Armuthszeugniß aus¬
zustellen. Wozu ist sie da, als dies zu verhindern? eine Steuerverminderung
aber, die eventuell einträte, würde die productiven Kräfte des Landes steigern.
Wir halten demnach eine derartige successive Mobilisirung jener Posten des
Staatsvermögens zum Behuf der Schuldentilgung für wirthschaftlich richtig.




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[0215] setzen ^bestimmten Betrag hinaus ausstellen oder ausstellen lassen wollen. Einen solchen Eid haben der Chef der Seehandlung und seine Beamten nicht zu leisten und wenn wir gleich volles Vertrauen haben, daß, solange Män¬ ner vom Schlage Camphausens an ihrer Spitze stehen, auch keine Um¬ gehung des Gesetzes statthaben kann, so sind doch Menschen sterblich und constitutionell ist kein Hinderniß da, unter der Firma der Seehandlung versteckte Schulden in der Form von Vorschüssen zu machen. Man hat das Institut auch von dem Standpunkte aus zu vertheidigen gesucht, daß es der Regie¬ rung die Unterbringung von Anleihen erleichtere und sie von den Bankiers unabhängig mache; aber, fragen wir, wie macht es denn ohne ein ähnliches Institut die englische Regierung? und wozu hat die preußische Bank ihr Mo¬ nopol, wenn sie nicht der Regierung solche Dienste leisten kann? Diese Rücksichten erheischen gebieterisch die Auflösung eines Instituts, welches sich jedenfalls überlebt hat: seine Activa sind zu capitalisiren und zur Tilgung von Staatsschulden zu verwenden. Auch die Königliche Porcellanmanufaktur und die Staatsdruckerei könn¬ ten ohne Schaden aufgehoben werden; die preußische Industrie ist vorge¬ schritten genug, um für beide Institute Ersatz zu bieten und keiner Muster¬ wirthschaften mehr zu bedürfen. Nehmen wir nun die erwähnten Positionen des Staatsvermögens zu¬ sammen nach dem Budget von 1869: Ertrag: Kosten: Domcnnen....... 9,767,340 Thlr. 2.091,860 Thlr. Berg-, Hütten-, Salinenwesen 24,881,686 „ 20,706,638 „ Seehandlung...... 700.000 „ Porcellanmanufaktur .... 180,000 „ 135,000 „ Staatsdruckerei ...... 261.000 „ 202,300 „ ^ 35?750.226Thlr? 23,055,798 Thlr^ abzüglich Kosten 23,055,798 Thlr. 12,694.428 Thlr. Durch Realisirung dieser Posten des activen Staatsvermögens wäre also der Staat, wenn man nur zu 4 Procent capitcilisirt, im Stande, mehr als 300 Mill. Schulden zu tilgen, womit zugleich die Amortisation erspart würde. Den Einwand, daß man sich durch eine so reducirte Staatsschuld verleiten lassen würde, bald ohne dringende Noth neue Anleihen zu machen, kann man kaum gelten lassen, ohne der Landesvertretung ein Armuthszeugniß aus¬ zustellen. Wozu ist sie da, als dies zu verhindern? eine Steuerverminderung aber, die eventuell einträte, würde die productiven Kräfte des Landes steigern. Wir halten demnach eine derartige successive Mobilisirung jener Posten des Staatsvermögens zum Behuf der Schuldentilgung für wirthschaftlich richtig. Gmizlwle» l, 1670,27

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 29, 1870, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341811_123087/215>, abgerufen am 26.06.2024.