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Die Grenzboten. Jg. 28, 1869, II. Semester. II. Band.

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, In der jüngsten Uebersetzung von Baskerville (?oetrv ok Körmanv
Leipzig 1854), die freilich auch kein hohes Muster ist, wird man doch immer¬
hin unseren Bürger wiedererkennen. Vergleicht man damit z. B. Stellen aus
W. Scott's Uebersetzung des "Wilden Jägers", so hat man zwar mehr den
Eindruck der Verarbeitung als der Uebersetzung, aber doch hat sich Scott
trotz seines oberflächlichen Umspringens mit allen charakteristischen Feinheiten
oder Derbheiten unseres Bürger gerade als Uebersetzer sehr große Verdienste
um die Würdigung des literarischen Deutschlands bei den Engländern er¬
worben, und zwar fast mehr noch als durch die beiden Bürger'schen Balladen
durch Goethe's "Erlkönig" und "Götz von Berlichingen". Was dieses letztere
Stück betrifft, so war es keineswegs das erste drüben bekannt gewordene
Drama unserer Sturm- und Drangperiode. Schon 1792 waren Schiller's
"Räuber" von Alex. Fräser Tytl er, später Lord Woodhouselee, im
Jahre 1797 "Kabale und Liebe" von "Noick' Lewis ins Englische über¬
tragen und mit lebhafter Theilnahme aufgenommen worden. Die deutsche
Ritter-, Räuber- und Schauerromanti?, selbst nur Regeneration englischer
Stoffe und Stimmungen, war überhaupt in den neunziger Jahren in Gro߬
britannien an der Tagesordnung. Dem damaligen literarischen John Bull
erschien jedoch diese deutsche Richtung gefährlich für die Autonomie Altenglands.
Sowohl William Gifford, der spätere Herausgeber der konservativen
"Huarterlv lisvisn", als auch George Canning, der spätere Staatsmann,
traten mit derber Satire gegen die "deutsche Schule" eines ^Noric' Lewis,
Taylor, Tytler u. A. in die Schranken. Gifford zog in seiner "Ng,<zviM",
einer Nachahmung des Horaz, gegen die Stücke von Schiller und Kotzebue
zu Felde, welche er, bezeichnend für seine Einseitigkeit, um nicht zu sagen
Unwissenheit, als gleichartig unter der Bezeichnung ^LS,vo lumderiiiF, iwä
moriotonous stuMit/ zusammenfaßt. Canning schrieb als Mitarbeiter des
"^uti-^g-eodirt" (1797--8) den größten Theil einer Parodie auf Schiller's
Räuber unter dem Titel "?Il<z Rovers" (die "Landstreicher"), aus welcher wir
zur Probe einige Liederverse hierhersetzen wollen, deren Witz sich mehr durch
Plattheit als Schärfe auszeichnet:


Mbons'or vitlr IraZZarä o?es I vis^v
?bis ärmMOn etat I'in rottinZ in,
I tbiick ok tboss vomxaiüons truo
^Vbo swäioä vitlr ins at tuo II--
niversitv ot Kottingon,
nivsrsitv c>t KottinZM.

Er zieht sein blaues Taschentuch und fährt fort:


Grenzboten IV. 186S. 37

, In der jüngsten Uebersetzung von Baskerville (?oetrv ok Körmanv
Leipzig 1854), die freilich auch kein hohes Muster ist, wird man doch immer¬
hin unseren Bürger wiedererkennen. Vergleicht man damit z. B. Stellen aus
W. Scott's Uebersetzung des „Wilden Jägers", so hat man zwar mehr den
Eindruck der Verarbeitung als der Uebersetzung, aber doch hat sich Scott
trotz seines oberflächlichen Umspringens mit allen charakteristischen Feinheiten
oder Derbheiten unseres Bürger gerade als Uebersetzer sehr große Verdienste
um die Würdigung des literarischen Deutschlands bei den Engländern er¬
worben, und zwar fast mehr noch als durch die beiden Bürger'schen Balladen
durch Goethe's „Erlkönig" und „Götz von Berlichingen". Was dieses letztere
Stück betrifft, so war es keineswegs das erste drüben bekannt gewordene
Drama unserer Sturm- und Drangperiode. Schon 1792 waren Schiller's
„Räuber" von Alex. Fräser Tytl er, später Lord Woodhouselee, im
Jahre 1797 „Kabale und Liebe" von "Noick' Lewis ins Englische über¬
tragen und mit lebhafter Theilnahme aufgenommen worden. Die deutsche
Ritter-, Räuber- und Schauerromanti?, selbst nur Regeneration englischer
Stoffe und Stimmungen, war überhaupt in den neunziger Jahren in Gro߬
britannien an der Tagesordnung. Dem damaligen literarischen John Bull
erschien jedoch diese deutsche Richtung gefährlich für die Autonomie Altenglands.
Sowohl William Gifford, der spätere Herausgeber der konservativen
„Huarterlv lisvisn", als auch George Canning, der spätere Staatsmann,
traten mit derber Satire gegen die „deutsche Schule" eines ^Noric' Lewis,
Taylor, Tytler u. A. in die Schranken. Gifford zog in seiner "Ng,<zviM",
einer Nachahmung des Horaz, gegen die Stücke von Schiller und Kotzebue
zu Felde, welche er, bezeichnend für seine Einseitigkeit, um nicht zu sagen
Unwissenheit, als gleichartig unter der Bezeichnung ^LS,vo lumderiiiF, iwä
moriotonous stuMit/ zusammenfaßt. Canning schrieb als Mitarbeiter des
"^uti-^g-eodirt" (1797—8) den größten Theil einer Parodie auf Schiller's
Räuber unter dem Titel "?Il<z Rovers" (die „Landstreicher"), aus welcher wir
zur Probe einige Liederverse hierhersetzen wollen, deren Witz sich mehr durch
Plattheit als Schärfe auszeichnet:


Mbons'or vitlr IraZZarä o?es I vis^v
?bis ärmMOn etat I'in rottinZ in,
I tbiick ok tboss vomxaiüons truo
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Er zieht sein blaues Taschentuch und fährt fort:


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[0297] , In der jüngsten Uebersetzung von Baskerville (?oetrv ok Körmanv Leipzig 1854), die freilich auch kein hohes Muster ist, wird man doch immer¬ hin unseren Bürger wiedererkennen. Vergleicht man damit z. B. Stellen aus W. Scott's Uebersetzung des „Wilden Jägers", so hat man zwar mehr den Eindruck der Verarbeitung als der Uebersetzung, aber doch hat sich Scott trotz seines oberflächlichen Umspringens mit allen charakteristischen Feinheiten oder Derbheiten unseres Bürger gerade als Uebersetzer sehr große Verdienste um die Würdigung des literarischen Deutschlands bei den Engländern er¬ worben, und zwar fast mehr noch als durch die beiden Bürger'schen Balladen durch Goethe's „Erlkönig" und „Götz von Berlichingen". Was dieses letztere Stück betrifft, so war es keineswegs das erste drüben bekannt gewordene Drama unserer Sturm- und Drangperiode. Schon 1792 waren Schiller's „Räuber" von Alex. Fräser Tytl er, später Lord Woodhouselee, im Jahre 1797 „Kabale und Liebe" von "Noick' Lewis ins Englische über¬ tragen und mit lebhafter Theilnahme aufgenommen worden. Die deutsche Ritter-, Räuber- und Schauerromanti?, selbst nur Regeneration englischer Stoffe und Stimmungen, war überhaupt in den neunziger Jahren in Gro߬ britannien an der Tagesordnung. Dem damaligen literarischen John Bull erschien jedoch diese deutsche Richtung gefährlich für die Autonomie Altenglands. Sowohl William Gifford, der spätere Herausgeber der konservativen „Huarterlv lisvisn", als auch George Canning, der spätere Staatsmann, traten mit derber Satire gegen die „deutsche Schule" eines ^Noric' Lewis, Taylor, Tytler u. A. in die Schranken. Gifford zog in seiner "Ng,<zviM", einer Nachahmung des Horaz, gegen die Stücke von Schiller und Kotzebue zu Felde, welche er, bezeichnend für seine Einseitigkeit, um nicht zu sagen Unwissenheit, als gleichartig unter der Bezeichnung ^LS,vo lumderiiiF, iwä moriotonous stuMit/ zusammenfaßt. Canning schrieb als Mitarbeiter des "^uti-^g-eodirt" (1797—8) den größten Theil einer Parodie auf Schiller's Räuber unter dem Titel "?Il<z Rovers" (die „Landstreicher"), aus welcher wir zur Probe einige Liederverse hierhersetzen wollen, deren Witz sich mehr durch Plattheit als Schärfe auszeichnet: Mbons'or vitlr IraZZarä o?es I vis^v ?bis ärmMOn etat I'in rottinZ in, I tbiick ok tboss vomxaiüons truo ^Vbo swäioä vitlr ins at tuo II— niversitv ot Kottingon, nivsrsitv c>t KottinZM. Er zieht sein blaues Taschentuch und fährt fort: Grenzboten IV. 186S. 37

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 28, 1869, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341809_121754/297>, abgerufen am 24.08.2024.