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Die Grenzboten. Jg. 28, 1869, II. Semester. II. Band.

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nach der Form des Berges vor dem verhängnißvollen Ausbruch. Zur Rechten
dagegen ist noch ein großes viereckiges Gebäude aufgenommen, welches wohl
für irgend welche mit den Gladiatorenspielen zusammenhängende Zwecke ge¬
dient hat. Eine der Vorderfront ausgemalte Inschrift scheint sich auf die
Zeit des Kaisers Nero zu beziehen. Bemerkenswerther aber ist, daß ein Er-
eigniß aus derselben Zeit die Handlung für das Bild abgibt. Man sieht
nämlich fliehende und verfolgende, kämpfende oder niedersteigende Männer
in der Tracht des geringen Volkes gruppenweise in der Arena, auf den
Stufen des Gebäudes, im freien Felde bei den aufgeschlagenen Verkaufs¬
buden und an dem gegen Süden gelegenen Thurme der Stadtmauer. Die
Bedeutung dieses Vorgangs wird klar durch eine Stelle aus den Annalen
des Taeitus, indem derselbe unter den Begebenheiten des Jahres 59 unsrer
Zeitrechnung Folgendes erzählt: „Zu dieser Zeit entstand aus geringem Anlaß
ein furchtbares Gemetzel zwischen den Nucerinern und Pompejanern bei einem
Gladiatorenschauspiel, welches Livineius Regulus veranstaltete. Mit muni¬
cipaler Zügellosigkeit sich gegenseitig reizend kam man von Schmähworten
zu Steinwürfen, endlich zum Schwerte, wobei die Pompejaner, in deren
Mauern das Schauspiel Statt fand, die stärkeren waren. Viele Nuceriner
wurden mit Wunden bedeckt in ihre Stadt gebracht, und mehrere noch be¬
weinten den Tod von Kindern oder Aeltern. Der Kaiser überließ die Unter¬
suchung der Sache dem Senat, der Senat den Consuln. Als diese wieder
den Senatoren darüber Vortrag gehalten, wurden den Pompejanern auf zehn
Jahre derartige Zusammenkünfte untersagt und die Collegien, welche sie ge¬
setzwidrig eingerichtet hatten, aufgelöst."

Ein Ereigniß. wie dieses, welches selbst dem sonst über Municipalbegeben¬
heiten ziemlich schweigsamen Geschichtsschreiber wichtig genug erschien, um eine
Stelle in seinen Annalen einzunehmen, mußte auf' die Stadtbewohner einen
um so stärkeren Eindruck machen, da sich daran als Folge die Einstellung
der hauptsächlichsten öffentlichen Vergnügungen knüpfte. Sonach liegt uns
hier ein historisch-topographisches Bild vor, und wenn man bedenkt, wie
überaus selten Darstellungen dieser Art aus den ersten Jahrhunderten der
Kaiserzeit sind, wird man dem neuen Funde ein nicht geringes Interesse
schenken. Auch zeigt sich künstlerisches Gefühl des Malers wenigstens darin,
daß er in der Schilderung des Gemetzels nicht zu ausführlich wurde und
sein Bild vielmehr von einer Ueberfüllung mit Figuren frei gehalten hat. —

Ein ganz anderes Gemälde hat das alte Tarquinii geliefert. In einer
halb eingestürzten Grabkammer fand man einen Marmorsarkophag gewöhn¬
licher Größe, welcher an allen vier Seiten mit einer ungemein schönen Ama¬
zonenschlacht in farbiger Darstellung, die in ihrer oberen Hälfte ziemlich un-


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 28, 1869, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341809_121754/176>, abgerufen am 23.01.2025.