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Die Grenzboten. Jg. 28, 1869, II. Semester. I. Band.

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dieses Bildes habe ihm einen solchen Eindruck gemacht, daß er alles Andere
bei Seite ließ und nach Flandern fuhr, um mit jenem Meister bekannt zu
werden. Dieser vertraute ihm denn auch die Geheimnisse seiner Oelmalerei,
Antonello ging mit dem Erwerb nach Messina zurück, und wandte sich
schließlich nach Venedig, wo er dauernden Aufenthalt nahm und starb. --

Maurolyeo, ein Stadtgenosse des Messanesen, dessen Sicilianische Chronik
zuerst i. I. 1562 gedruckt wurde, weiß noch Bestimmteres als Vasari:
Antonello sei in Messina um der vorzüglichen Weise willen, mit welcher er
die Naturwirklichkeit und Thiere dargestellt habe, sehr gefeiert worden, habe
Aufträge von der venezianischen Regierung erhalten und in Mailand in Ruf
gestanden; der Chronist fügt hinzu, er habe eine neue Malmethode ange¬
wandt, und nennt auch eins seiner Bilder in Palermo, -- Aelter noch als
die Notizen Vasari's und Maurolyco's ist die des neapolitanischen Architekten
Summonzio in seinem Briefe an Marcantonio Michele in Venedig (ä. ä. 20.
März 1524). Er sagt, "Colantonio del Fiore hätte die Oeltechnik vom
"Ne Raniero" (Rene von Anjou) erlernt, habe sich aber nicht so lange mit der
Sache beschäftigen können, um es in der Zeichnung zu gleicher Fertigkeit zu
bringen wie Antonello da Messina, sein Schüler", der damals, wie es scheint,
in Venedig wohlbekannt war.

In den Niederlanden begegnen wir nun andererseits der Autorität
van Mander's, der den Bericht Vasari's mir erklärlicher Treue nachschreibt.
Bestätigung findet derselbe jedoch in einem Manuscript, das ein belgischer
Kritiker Mr, de Bast erwähnt, und worin es heißt, "Antonello von Sicilien
sei nicht aus Flandern weggegangen, ohne ein Gedenkstück dessen zu hinter¬
lassen, was er vom Meister Johann van Eyck gelernt, denn eins seiner
Tafelbilder habe er zum Beweis seiner Fertigkeit in die Johanneskirche ge¬
stiftet.- Das Positive an der Angabe dieses Zeugen ist. daß jenes Manu¬
script im Jahre 1636 Eigenthum des Karl van Ryn. Herrn von Bellen,
war; bekannt wurde es Herrn de Bast durch eine Abschrift, welche in un¬
serem Jahrhundert dem Herrn van der Bete, weiland Stadtsecretair zu
Gent, gehörte.

Prüfen wir diese literarischen Quellen über Antonello's Lebensgang an
der directen künstlerischen Hinterlassenschaft des Meisters, so haben wir zuerst
das Portrait im Berliner Museum mit der Inschrift:


"1445 ^.nttmsllus Nessavsus me xinxit";

sodann eine Kreuzigung in der Gallerie zu Antwerpen, bezeichnet:


"1475. ^ritonellus Nsssimsus ins pinxit",

von dem jedoch angenommen wird, daß seine Signatur ursprünglich mit der
des Berliner Bildes identisch gewesen sei; dann einen "Christus als Welt¬
heiland" in der Nationalgallerie zu London, signirt:


dieses Bildes habe ihm einen solchen Eindruck gemacht, daß er alles Andere
bei Seite ließ und nach Flandern fuhr, um mit jenem Meister bekannt zu
werden. Dieser vertraute ihm denn auch die Geheimnisse seiner Oelmalerei,
Antonello ging mit dem Erwerb nach Messina zurück, und wandte sich
schließlich nach Venedig, wo er dauernden Aufenthalt nahm und starb. —

Maurolyeo, ein Stadtgenosse des Messanesen, dessen Sicilianische Chronik
zuerst i. I. 1562 gedruckt wurde, weiß noch Bestimmteres als Vasari:
Antonello sei in Messina um der vorzüglichen Weise willen, mit welcher er
die Naturwirklichkeit und Thiere dargestellt habe, sehr gefeiert worden, habe
Aufträge von der venezianischen Regierung erhalten und in Mailand in Ruf
gestanden; der Chronist fügt hinzu, er habe eine neue Malmethode ange¬
wandt, und nennt auch eins seiner Bilder in Palermo, — Aelter noch als
die Notizen Vasari's und Maurolyco's ist die des neapolitanischen Architekten
Summonzio in seinem Briefe an Marcantonio Michele in Venedig (ä. ä. 20.
März 1524). Er sagt, „Colantonio del Fiore hätte die Oeltechnik vom
„Ne Raniero" (Rene von Anjou) erlernt, habe sich aber nicht so lange mit der
Sache beschäftigen können, um es in der Zeichnung zu gleicher Fertigkeit zu
bringen wie Antonello da Messina, sein Schüler", der damals, wie es scheint,
in Venedig wohlbekannt war.

In den Niederlanden begegnen wir nun andererseits der Autorität
van Mander's, der den Bericht Vasari's mir erklärlicher Treue nachschreibt.
Bestätigung findet derselbe jedoch in einem Manuscript, das ein belgischer
Kritiker Mr, de Bast erwähnt, und worin es heißt, „Antonello von Sicilien
sei nicht aus Flandern weggegangen, ohne ein Gedenkstück dessen zu hinter¬
lassen, was er vom Meister Johann van Eyck gelernt, denn eins seiner
Tafelbilder habe er zum Beweis seiner Fertigkeit in die Johanneskirche ge¬
stiftet.- Das Positive an der Angabe dieses Zeugen ist. daß jenes Manu¬
script im Jahre 1636 Eigenthum des Karl van Ryn. Herrn von Bellen,
war; bekannt wurde es Herrn de Bast durch eine Abschrift, welche in un¬
serem Jahrhundert dem Herrn van der Bete, weiland Stadtsecretair zu
Gent, gehörte.

Prüfen wir diese literarischen Quellen über Antonello's Lebensgang an
der directen künstlerischen Hinterlassenschaft des Meisters, so haben wir zuerst
das Portrait im Berliner Museum mit der Inschrift:


„1445 ^.nttmsllus Nessavsus me xinxit";

sodann eine Kreuzigung in der Gallerie zu Antwerpen, bezeichnet:


„1475. ^ritonellus Nsssimsus ins pinxit",

von dem jedoch angenommen wird, daß seine Signatur ursprünglich mit der
des Berliner Bildes identisch gewesen sei; dann einen „Christus als Welt¬
heiland" in der Nationalgallerie zu London, signirt:


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 28, 1869, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341809_121220/62>, abgerufen am 01.07.2024.