Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 28, 1869, II. Semester. I. Band.

Bild:
<< vorherige Seite

leider sind dieselben seit mehreren Jahren in solche drückende Schuldenlasten
gerathen, daß sie kaum im Stand seyn werden, zu irgend einer außerordent¬
lichen Reichshülfe etwas erkleckliches beyzutragen.

Was indessen Chursachsen selbst betrifft, so ist dieses von der Art. daß
Sie oder der Landgraf von Cassel schon mit ihm vertraulich communicirt
werden haben.

Uebrigens kann ich Ihnen, mein theuerster Freund, in Wahrheit nicht
verhehlen, daß ein verlängerter Krieg meinen Einsichten nach nothwendig die
schlimmsten Folgen haben muß, uns daß jetzt überhaupt ein Krieg mit Frank-
reich, wo man sich jedes, auch das unmenschlichste Mittel erlaubt, um ihn
aushalten zu können, für Teutschland auch bei den nachdrücklichsten Maß.
regeln ohnmöglich von guten Folgen seyn kann. Ich glaube daher mit meh¬
reren andern einsehn zu müssen, daß man von Seiten des gesammten Reichs
die dringendsten Vorstellungen möge an den Kayser gelangen lassen, um bald
möglichst Frieden zu schließen. Ich sehe zwar sehr wohl ein, wie traurig ein
solcher Friede just ausfallen muß. ich fühle aber auch auf's lebhafteste, daß
in den jetzigen Umständen ein nachtheiliger und schlechter Friede doch gewiß
das kleinere zu erwartende Uebel seyn wird. ,

Verzeihen Sie mir, theuerster Freund, die Freymüthgkeit, mit der ich
Ihnen meine Gesinnungen eröffnet habe und erhalten Sie mir fortdauernd
Ihre Gewogenheit und Freundschaft, der ich mit der aufrichtigsten Anhäng¬
lichkeit und Ergebenheit verbleibe


Ew. Durchl.
treu ergebenster Freund, Vetter,

Weimar. 4. Novbr. 1794.


Gevatter u. Diener
Carl August.
11. Carl August an Carl Friedrich.

Theuerster Freund. Welche lebhafte Freude ich über Ihre Errettung")
empfunden habe, können Sie Sich vorstellen, wenn Sie meiner Ergebenheit
und Freundschaft für Sich Gerechtigkeit wiederfahren lassen. Der Himmel
wende von Ihnen und von uns allen auf ewige Zeiten dergleichen abscheu¬
liche Gefahren ab. wie die waren, in welchen wir uns, und Ew. Durchlaucht
zumahlen Sich neuerlich befanden.

Diesen Glückwunschbrief überbringt Ihnen einer Ihrer Unterthanen, ein
ausgezeichnet gutes, treues Subject, der junge Wippermann, Sohn Ihres



- ") Bezieht sich auf die Besetzung der Markgrafschaft Baden durch die Franzosen, vor
denen Carl Fiiedrich mit den Seinen geflohen war.
Grenzboten til. 18K9. 7

leider sind dieselben seit mehreren Jahren in solche drückende Schuldenlasten
gerathen, daß sie kaum im Stand seyn werden, zu irgend einer außerordent¬
lichen Reichshülfe etwas erkleckliches beyzutragen.

Was indessen Chursachsen selbst betrifft, so ist dieses von der Art. daß
Sie oder der Landgraf von Cassel schon mit ihm vertraulich communicirt
werden haben.

Uebrigens kann ich Ihnen, mein theuerster Freund, in Wahrheit nicht
verhehlen, daß ein verlängerter Krieg meinen Einsichten nach nothwendig die
schlimmsten Folgen haben muß, uns daß jetzt überhaupt ein Krieg mit Frank-
reich, wo man sich jedes, auch das unmenschlichste Mittel erlaubt, um ihn
aushalten zu können, für Teutschland auch bei den nachdrücklichsten Maß.
regeln ohnmöglich von guten Folgen seyn kann. Ich glaube daher mit meh¬
reren andern einsehn zu müssen, daß man von Seiten des gesammten Reichs
die dringendsten Vorstellungen möge an den Kayser gelangen lassen, um bald
möglichst Frieden zu schließen. Ich sehe zwar sehr wohl ein, wie traurig ein
solcher Friede just ausfallen muß. ich fühle aber auch auf's lebhafteste, daß
in den jetzigen Umständen ein nachtheiliger und schlechter Friede doch gewiß
das kleinere zu erwartende Uebel seyn wird. ,

Verzeihen Sie mir, theuerster Freund, die Freymüthgkeit, mit der ich
Ihnen meine Gesinnungen eröffnet habe und erhalten Sie mir fortdauernd
Ihre Gewogenheit und Freundschaft, der ich mit der aufrichtigsten Anhäng¬
lichkeit und Ergebenheit verbleibe


Ew. Durchl.
treu ergebenster Freund, Vetter,

Weimar. 4. Novbr. 1794.


Gevatter u. Diener
Carl August.
11. Carl August an Carl Friedrich.

Theuerster Freund. Welche lebhafte Freude ich über Ihre Errettung")
empfunden habe, können Sie Sich vorstellen, wenn Sie meiner Ergebenheit
und Freundschaft für Sich Gerechtigkeit wiederfahren lassen. Der Himmel
wende von Ihnen und von uns allen auf ewige Zeiten dergleichen abscheu¬
liche Gefahren ab. wie die waren, in welchen wir uns, und Ew. Durchlaucht
zumahlen Sich neuerlich befanden.

Diesen Glückwunschbrief überbringt Ihnen einer Ihrer Unterthanen, ein
ausgezeichnet gutes, treues Subject, der junge Wippermann, Sohn Ihres



- ") Bezieht sich auf die Besetzung der Markgrafschaft Baden durch die Franzosen, vor
denen Carl Fiiedrich mit den Seinen geflohen war.
Grenzboten til. 18K9. 7
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <div n="2">
            <pb facs="#f0057" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/121278"/>
            <p xml:id="ID_195" prev="#ID_194"> leider sind dieselben seit mehreren Jahren in solche drückende Schuldenlasten<lb/>
gerathen, daß sie kaum im Stand seyn werden, zu irgend einer außerordent¬<lb/>
lichen Reichshülfe etwas erkleckliches beyzutragen.</p><lb/>
            <p xml:id="ID_196"> Was indessen Chursachsen selbst betrifft, so ist dieses von der Art. daß<lb/>
Sie oder der Landgraf von Cassel schon mit ihm vertraulich communicirt<lb/>
werden haben.</p><lb/>
            <p xml:id="ID_197"> Uebrigens kann ich Ihnen, mein theuerster Freund, in Wahrheit nicht<lb/>
verhehlen, daß ein verlängerter Krieg meinen Einsichten nach nothwendig die<lb/>
schlimmsten Folgen haben muß, uns daß jetzt überhaupt ein Krieg mit Frank-<lb/>
reich, wo man sich jedes, auch das unmenschlichste Mittel erlaubt, um ihn<lb/>
aushalten zu können, für Teutschland auch bei den nachdrücklichsten Maß.<lb/>
regeln ohnmöglich von guten Folgen seyn kann. Ich glaube daher mit meh¬<lb/>
reren andern einsehn zu müssen, daß man von Seiten des gesammten Reichs<lb/>
die dringendsten Vorstellungen möge an den Kayser gelangen lassen, um bald<lb/>
möglichst Frieden zu schließen. Ich sehe zwar sehr wohl ein, wie traurig ein<lb/>
solcher Friede just ausfallen muß. ich fühle aber auch auf's lebhafteste, daß<lb/>
in den jetzigen Umständen ein nachtheiliger und schlechter Friede doch gewiß<lb/>
das kleinere zu erwartende Uebel seyn wird. ,</p><lb/>
            <p xml:id="ID_198"> Verzeihen Sie mir, theuerster Freund, die Freymüthgkeit, mit der ich<lb/>
Ihnen meine Gesinnungen eröffnet habe und erhalten Sie mir fortdauernd<lb/>
Ihre Gewogenheit und Freundschaft, der ich mit der aufrichtigsten Anhäng¬<lb/>
lichkeit und Ergebenheit verbleibe</p><lb/>
            <note type="closer"> Ew. Durchl.<lb/>
treu ergebenster Freund, Vetter,</note><lb/>
            <p xml:id="ID_199"> Weimar. 4. Novbr. 1794.</p><lb/>
            <note type="bibl"> Gevatter u. Diener<lb/>
Carl August.</note><lb/>
          </div>
          <div n="2">
            <head> 11. Carl August an Carl Friedrich.</head><lb/>
            <p xml:id="ID_200"> Theuerster Freund. Welche lebhafte Freude ich über Ihre Errettung")<lb/>
empfunden habe, können Sie Sich vorstellen, wenn Sie meiner Ergebenheit<lb/>
und Freundschaft für Sich Gerechtigkeit wiederfahren lassen. Der Himmel<lb/>
wende von Ihnen und von uns allen auf ewige Zeiten dergleichen abscheu¬<lb/>
liche Gefahren ab. wie die waren, in welchen wir uns, und Ew. Durchlaucht<lb/>
zumahlen Sich neuerlich befanden.</p><lb/>
            <p xml:id="ID_201" next="#ID_202"> Diesen Glückwunschbrief überbringt Ihnen einer Ihrer Unterthanen, ein<lb/>
ausgezeichnet gutes, treues Subject, der junge Wippermann, Sohn Ihres</p><lb/>
            <note xml:id="FID_15" place="foot"> - ") Bezieht sich auf die Besetzung der Markgrafschaft Baden durch die Franzosen, vor<lb/>
denen Carl Fiiedrich mit den Seinen geflohen war.</note><lb/>
            <fw type="sig" place="bottom"> Grenzboten til. 18K9. 7</fw><lb/>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0057] leider sind dieselben seit mehreren Jahren in solche drückende Schuldenlasten gerathen, daß sie kaum im Stand seyn werden, zu irgend einer außerordent¬ lichen Reichshülfe etwas erkleckliches beyzutragen. Was indessen Chursachsen selbst betrifft, so ist dieses von der Art. daß Sie oder der Landgraf von Cassel schon mit ihm vertraulich communicirt werden haben. Uebrigens kann ich Ihnen, mein theuerster Freund, in Wahrheit nicht verhehlen, daß ein verlängerter Krieg meinen Einsichten nach nothwendig die schlimmsten Folgen haben muß, uns daß jetzt überhaupt ein Krieg mit Frank- reich, wo man sich jedes, auch das unmenschlichste Mittel erlaubt, um ihn aushalten zu können, für Teutschland auch bei den nachdrücklichsten Maß. regeln ohnmöglich von guten Folgen seyn kann. Ich glaube daher mit meh¬ reren andern einsehn zu müssen, daß man von Seiten des gesammten Reichs die dringendsten Vorstellungen möge an den Kayser gelangen lassen, um bald möglichst Frieden zu schließen. Ich sehe zwar sehr wohl ein, wie traurig ein solcher Friede just ausfallen muß. ich fühle aber auch auf's lebhafteste, daß in den jetzigen Umständen ein nachtheiliger und schlechter Friede doch gewiß das kleinere zu erwartende Uebel seyn wird. , Verzeihen Sie mir, theuerster Freund, die Freymüthgkeit, mit der ich Ihnen meine Gesinnungen eröffnet habe und erhalten Sie mir fortdauernd Ihre Gewogenheit und Freundschaft, der ich mit der aufrichtigsten Anhäng¬ lichkeit und Ergebenheit verbleibe Ew. Durchl. treu ergebenster Freund, Vetter, Weimar. 4. Novbr. 1794. Gevatter u. Diener Carl August. 11. Carl August an Carl Friedrich. Theuerster Freund. Welche lebhafte Freude ich über Ihre Errettung") empfunden habe, können Sie Sich vorstellen, wenn Sie meiner Ergebenheit und Freundschaft für Sich Gerechtigkeit wiederfahren lassen. Der Himmel wende von Ihnen und von uns allen auf ewige Zeiten dergleichen abscheu¬ liche Gefahren ab. wie die waren, in welchen wir uns, und Ew. Durchlaucht zumahlen Sich neuerlich befanden. Diesen Glückwunschbrief überbringt Ihnen einer Ihrer Unterthanen, ein ausgezeichnet gutes, treues Subject, der junge Wippermann, Sohn Ihres - ") Bezieht sich auf die Besetzung der Markgrafschaft Baden durch die Franzosen, vor denen Carl Fiiedrich mit den Seinen geflohen war. Grenzboten til. 18K9. 7

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341809_121220
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341809_121220/57
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 28, 1869, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341809_121220/57>, abgerufen am 26.06.2024.