Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 28, 1869, II. Semester. I. Band.

Bild:
<< vorherige Seite

ordentlich, schön, lobenswerth und vortrefflich, wenn der Marggraf den 19ten
dieses nach Schwetzingen mit höchstdenenselben kommen wollte, wo ich mich
dann ohnfehlbar einstellen würde; ich bekenne, daß die Forderung hoch ist,
aber ich habe auch viel Entschuldigungsgründe, warum ich dieses so herzlich
wünsche. Lassen Sie mir per Estoffette Antwort wissen und adressiren den
Brief an den Obrist und Erbjägermeister von Stein in k. preußischen Diensten
nach Maynz, welcher ihn mir einhändigen wird. Alleweile knallt der
Coadjutor auf den Maynzer Wällen. Leben Sie wohl und empfehlen mich
den Herrschaften.


Carl Aug. H. z. S.
5. Carl August an Carl Friedrich.

Weimar, d. 8. August 1788.
Theuerster Freund! Ihren Plan, einen gelehrten Allgemeingeist zu
stiften in unserem Vaterlande, das auf Abgeschnittenheit seiner Kräfte so zu
sagen gegründet ist, habe ich richtig erhalten. Ich danke Ihnen für das Zu"
trauen, welches Sie mir hiebey bezeigen. Die vergebenen Versuche, welche
einige Wohlgesinnte machten, um die Gemüther deutscher Regenten dahin zu
lenken, sich zum allgemeinen politischen gesetzlichen Ruhestand zu vereinigen,
haben mich überzeugt, daß ein jeder Fürst -- ich nehme Sie davon aus --
sein Land wie eine Insel und also Deutschland wie einen Archipel angesehen
haben will, in welcher er dann sehr eifersüchtig darauf ist. seine Insulaner
nach seiner Willkühr glücklich oder unglücklich, klug oder dumm zu machen:
meine Hoffnung zu einem Allgemeingeiste ist schwach; indessen verdienen
gewiß Ew. Durchlaucht gute Vorschläge reife Ueberlegung: leider ist Herder
nach Italien abgereiset und in dessen Abwesenheit zu Ausführung einer Idee
vorzuschreiten, an welcher er so vielen Antheil hat, wollte ich nicht rathen;
wir sollen also -- dünkt mir -- die Zwischenzeit bis zu seiner Rückkunft
benutzen, uns unter einander näher aufzuklären. Meiner Meinung nach ist
es noch zu früh, jetzt auf Ausbreitung des Allgemeingeistes unmittelbar los¬
zugehen; man sollte wohl erst die engern Institute zu benutzen suchen, die
sich von selbst gemacht und verbunden haben, gew sse einzelne wissenschaftliche
Gegenstände zu bearbeiten: was schon da ist. kann man, geschickt angewendet
und unterstützt, leichter zum allgemeinen Besten anwenden, als wenn man
das allgemeine Beste, auj's allgemeine wirken wollend, wie einen einzelnen
Gegenstand zu behandeln sich unterstand. Einen zweyten Zweck zu erhalten,
nehmlich durch allgemeine Behandlungen der Wissenschaften in Deutschland
Gelegenheit zu einer Fürstenversammlung Deutschlands zu geben, halte ich
vor unausführbar, weil die Häupter des Bundes zu unbeweglich, deren Mi¬
nisterien zu allmächtig, hölzern und strohern und die mindern, wohlgesinn-


ordentlich, schön, lobenswerth und vortrefflich, wenn der Marggraf den 19ten
dieses nach Schwetzingen mit höchstdenenselben kommen wollte, wo ich mich
dann ohnfehlbar einstellen würde; ich bekenne, daß die Forderung hoch ist,
aber ich habe auch viel Entschuldigungsgründe, warum ich dieses so herzlich
wünsche. Lassen Sie mir per Estoffette Antwort wissen und adressiren den
Brief an den Obrist und Erbjägermeister von Stein in k. preußischen Diensten
nach Maynz, welcher ihn mir einhändigen wird. Alleweile knallt der
Coadjutor auf den Maynzer Wällen. Leben Sie wohl und empfehlen mich
den Herrschaften.


Carl Aug. H. z. S.
5. Carl August an Carl Friedrich.

Weimar, d. 8. August 1788.
Theuerster Freund! Ihren Plan, einen gelehrten Allgemeingeist zu
stiften in unserem Vaterlande, das auf Abgeschnittenheit seiner Kräfte so zu
sagen gegründet ist, habe ich richtig erhalten. Ich danke Ihnen für das Zu»
trauen, welches Sie mir hiebey bezeigen. Die vergebenen Versuche, welche
einige Wohlgesinnte machten, um die Gemüther deutscher Regenten dahin zu
lenken, sich zum allgemeinen politischen gesetzlichen Ruhestand zu vereinigen,
haben mich überzeugt, daß ein jeder Fürst — ich nehme Sie davon aus —
sein Land wie eine Insel und also Deutschland wie einen Archipel angesehen
haben will, in welcher er dann sehr eifersüchtig darauf ist. seine Insulaner
nach seiner Willkühr glücklich oder unglücklich, klug oder dumm zu machen:
meine Hoffnung zu einem Allgemeingeiste ist schwach; indessen verdienen
gewiß Ew. Durchlaucht gute Vorschläge reife Ueberlegung: leider ist Herder
nach Italien abgereiset und in dessen Abwesenheit zu Ausführung einer Idee
vorzuschreiten, an welcher er so vielen Antheil hat, wollte ich nicht rathen;
wir sollen also — dünkt mir — die Zwischenzeit bis zu seiner Rückkunft
benutzen, uns unter einander näher aufzuklären. Meiner Meinung nach ist
es noch zu früh, jetzt auf Ausbreitung des Allgemeingeistes unmittelbar los¬
zugehen; man sollte wohl erst die engern Institute zu benutzen suchen, die
sich von selbst gemacht und verbunden haben, gew sse einzelne wissenschaftliche
Gegenstände zu bearbeiten: was schon da ist. kann man, geschickt angewendet
und unterstützt, leichter zum allgemeinen Besten anwenden, als wenn man
das allgemeine Beste, auj's allgemeine wirken wollend, wie einen einzelnen
Gegenstand zu behandeln sich unterstand. Einen zweyten Zweck zu erhalten,
nehmlich durch allgemeine Behandlungen der Wissenschaften in Deutschland
Gelegenheit zu einer Fürstenversammlung Deutschlands zu geben, halte ich
vor unausführbar, weil die Häupter des Bundes zu unbeweglich, deren Mi¬
nisterien zu allmächtig, hölzern und strohern und die mindern, wohlgesinn-


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <div n="2">
            <pb facs="#f0052" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/121273"/>
            <p xml:id="ID_174" prev="#ID_173"> ordentlich, schön, lobenswerth und vortrefflich, wenn der Marggraf den 19ten<lb/>
dieses nach Schwetzingen mit höchstdenenselben kommen wollte, wo ich mich<lb/>
dann ohnfehlbar einstellen würde; ich bekenne, daß die Forderung hoch ist,<lb/>
aber ich habe auch viel Entschuldigungsgründe, warum ich dieses so herzlich<lb/>
wünsche. Lassen Sie mir per Estoffette Antwort wissen und adressiren den<lb/>
Brief an den Obrist und Erbjägermeister von Stein in k. preußischen Diensten<lb/>
nach Maynz, welcher ihn mir einhändigen wird. Alleweile knallt der<lb/>
Coadjutor auf den Maynzer Wällen. Leben Sie wohl und empfehlen mich<lb/>
den Herrschaften.</p><lb/>
            <note type="bibl"> Carl Aug. H. z. S.</note><lb/>
          </div>
          <div n="2">
            <head> 5. Carl August an Carl Friedrich.</head><lb/>
            <p xml:id="ID_175" next="#ID_176"> Weimar, d. 8. August 1788.<lb/>
Theuerster Freund! Ihren Plan, einen gelehrten Allgemeingeist zu<lb/>
stiften in unserem Vaterlande, das auf Abgeschnittenheit seiner Kräfte so zu<lb/>
sagen gegründet ist, habe ich richtig erhalten. Ich danke Ihnen für das Zu»<lb/>
trauen, welches Sie mir hiebey bezeigen. Die vergebenen Versuche, welche<lb/>
einige Wohlgesinnte machten, um die Gemüther deutscher Regenten dahin zu<lb/>
lenken, sich zum allgemeinen politischen gesetzlichen Ruhestand zu vereinigen,<lb/>
haben mich überzeugt, daß ein jeder Fürst &#x2014; ich nehme Sie davon aus &#x2014;<lb/>
sein Land wie eine Insel und also Deutschland wie einen Archipel angesehen<lb/>
haben will, in welcher er dann sehr eifersüchtig darauf ist. seine Insulaner<lb/>
nach seiner Willkühr glücklich oder unglücklich, klug oder dumm zu machen:<lb/>
meine Hoffnung zu einem Allgemeingeiste ist schwach; indessen verdienen<lb/>
gewiß Ew. Durchlaucht gute Vorschläge reife Ueberlegung: leider ist Herder<lb/>
nach Italien abgereiset und in dessen Abwesenheit zu Ausführung einer Idee<lb/>
vorzuschreiten, an welcher er so vielen Antheil hat, wollte ich nicht rathen;<lb/>
wir sollen also &#x2014; dünkt mir &#x2014; die Zwischenzeit bis zu seiner Rückkunft<lb/>
benutzen, uns unter einander näher aufzuklären. Meiner Meinung nach ist<lb/>
es noch zu früh, jetzt auf Ausbreitung des Allgemeingeistes unmittelbar los¬<lb/>
zugehen; man sollte wohl erst die engern Institute zu benutzen suchen, die<lb/>
sich von selbst gemacht und verbunden haben, gew sse einzelne wissenschaftliche<lb/>
Gegenstände zu bearbeiten: was schon da ist. kann man, geschickt angewendet<lb/>
und unterstützt, leichter zum allgemeinen Besten anwenden, als wenn man<lb/>
das allgemeine Beste, auj's allgemeine wirken wollend, wie einen einzelnen<lb/>
Gegenstand zu behandeln sich unterstand. Einen zweyten Zweck zu erhalten,<lb/>
nehmlich durch allgemeine Behandlungen der Wissenschaften in Deutschland<lb/>
Gelegenheit zu einer Fürstenversammlung Deutschlands zu geben, halte ich<lb/>
vor unausführbar, weil die Häupter des Bundes zu unbeweglich, deren Mi¬<lb/>
nisterien zu allmächtig, hölzern und strohern und die mindern, wohlgesinn-</p><lb/>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0052] ordentlich, schön, lobenswerth und vortrefflich, wenn der Marggraf den 19ten dieses nach Schwetzingen mit höchstdenenselben kommen wollte, wo ich mich dann ohnfehlbar einstellen würde; ich bekenne, daß die Forderung hoch ist, aber ich habe auch viel Entschuldigungsgründe, warum ich dieses so herzlich wünsche. Lassen Sie mir per Estoffette Antwort wissen und adressiren den Brief an den Obrist und Erbjägermeister von Stein in k. preußischen Diensten nach Maynz, welcher ihn mir einhändigen wird. Alleweile knallt der Coadjutor auf den Maynzer Wällen. Leben Sie wohl und empfehlen mich den Herrschaften. Carl Aug. H. z. S. 5. Carl August an Carl Friedrich. Weimar, d. 8. August 1788. Theuerster Freund! Ihren Plan, einen gelehrten Allgemeingeist zu stiften in unserem Vaterlande, das auf Abgeschnittenheit seiner Kräfte so zu sagen gegründet ist, habe ich richtig erhalten. Ich danke Ihnen für das Zu» trauen, welches Sie mir hiebey bezeigen. Die vergebenen Versuche, welche einige Wohlgesinnte machten, um die Gemüther deutscher Regenten dahin zu lenken, sich zum allgemeinen politischen gesetzlichen Ruhestand zu vereinigen, haben mich überzeugt, daß ein jeder Fürst — ich nehme Sie davon aus — sein Land wie eine Insel und also Deutschland wie einen Archipel angesehen haben will, in welcher er dann sehr eifersüchtig darauf ist. seine Insulaner nach seiner Willkühr glücklich oder unglücklich, klug oder dumm zu machen: meine Hoffnung zu einem Allgemeingeiste ist schwach; indessen verdienen gewiß Ew. Durchlaucht gute Vorschläge reife Ueberlegung: leider ist Herder nach Italien abgereiset und in dessen Abwesenheit zu Ausführung einer Idee vorzuschreiten, an welcher er so vielen Antheil hat, wollte ich nicht rathen; wir sollen also — dünkt mir — die Zwischenzeit bis zu seiner Rückkunft benutzen, uns unter einander näher aufzuklären. Meiner Meinung nach ist es noch zu früh, jetzt auf Ausbreitung des Allgemeingeistes unmittelbar los¬ zugehen; man sollte wohl erst die engern Institute zu benutzen suchen, die sich von selbst gemacht und verbunden haben, gew sse einzelne wissenschaftliche Gegenstände zu bearbeiten: was schon da ist. kann man, geschickt angewendet und unterstützt, leichter zum allgemeinen Besten anwenden, als wenn man das allgemeine Beste, auj's allgemeine wirken wollend, wie einen einzelnen Gegenstand zu behandeln sich unterstand. Einen zweyten Zweck zu erhalten, nehmlich durch allgemeine Behandlungen der Wissenschaften in Deutschland Gelegenheit zu einer Fürstenversammlung Deutschlands zu geben, halte ich vor unausführbar, weil die Häupter des Bundes zu unbeweglich, deren Mi¬ nisterien zu allmächtig, hölzern und strohern und die mindern, wohlgesinn-

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341809_121220
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341809_121220/52
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 28, 1869, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341809_121220/52>, abgerufen am 01.07.2024.