Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 28, 1869, II. Semester. I. Band.

Bild:
<< vorherige Seite

sich dann auch die Linus xudlies, und der Genius des Kaisers, öfter auch der
Genius des römischen Volks und zu verschiedenen Zeiten und bei verschie¬
denen Festgelegenheiten andere Gottheiten anschließen; bei einer Siegesfeier
Jovis Victor und Mars Ultor. Victoria und Fortuna, ganz spät auch die
I^res Militäres, sonst abstracte Mächte wie Felicitas, Concordia, Par, Pro-
videntia; endlich bei Familienfesten die heiliggesprochenen Mitglieder des
jütischen Hauses, deren Cult erst Vitellius aufhob. Als Kaiser Trajan im
März des Jahres 101 zum ersten dorischen Feldzug aufbricht, bieten die Ur-
vater in weitschweifigen Gelübden den ganzen römischen Olymp auf, den
Herrscher aus den Gegenden, die er zu Wasser und zu Lande betreten, un¬
versehrt und siegreich zur Stadt zurückzuführen; die Gottheiten erschienen zu
Gruppen verbunden, als letzte Neptun, der Hüter der Seefahrt, mit Herkules
Victor, dem Triumphalgott. Die Versammlungsstätte der Brüder zu solchen
Zwecken ist nicht der heilige Hain, der nur dem Maifest und den nöthigen
Sühnopfern bestimmt bleibt, sondern regelmäßig das Capital als Sitz der
Stadtgottheiten und specieller der Pronaos des Jupitertempels; für die
dem Augustischen Hause geltenden Handlungen der neue Tempel August's,
und bei besonderen Anlässen das Forum Augustum. Selbst die feierliche
Ankündigung des Maifestes geschieht in der Stadt anfangs im Pantheon,
später beständig in der Vorhalle des Concordiatempels auf dem Forum; der
Meister des Collegs oder sein Stellvertreter sprach vor der Halle, das ver¬
hüllte Haupt nach Osten gewendet, das Gebet und bestimmte die drei Mai¬
tage. An derselben Stätte wurden später auch die neuen Mitglieder des
Collegs gewählt (früher auch im Kaiserpalast oder im Tempel des Dipus
Julius); nur die jährliche Wahl des Meisters und des Priesters (Flamen)
fand am Haupttage des Maifestes im Haine statt. Die Kaiser bekleideten
die Würde des Magisters häufig selbst, jedenfalls waren sie stets Mitglieder
des Arvalencollegs. Die Cooptation eines Mitgliedes geschah zwar mittelst
schriftlicher Abstimmung, aber auf briefliche Empfehlung, das heißt auf Ordre
des Kaisers. Einige dieser kaiserlichen Handschreiben werden in den Pro¬
tokollen referirt; sie sind durch des Kaisers Siegel (meist den Augustuskopf)
beglaubigt und lauten ganz lakonisch) "Kaiser Trajanus !c. entbietet den Arval-
brüdern. seinen Collegen. Gruß. An Stelle des N. N. cooptire ich uns als
Collegen mit meiner Stimme den N. N." Eine Debatte knüpft sich nicht
daran; der betreffende Cooptirte wohnt regelmäßig bereits der Verlesung
bei. Die Mitglieder des Collegiums, deren Anwesenheit bei jeder Zusammen¬
kunft verzeichnet wird, gehören zu den höchsten, dem Kaiserhause am nächsten
stehenden Familien; es ist die Elite des römischen Beamtenadels, wir finden
unter den Brüdern Verwandte des Kaisers, Generale und spätere Kaiser,
wie Otho und Vitellius; kein Zweifel, daß in der Corporation der zwölf


sich dann auch die Linus xudlies, und der Genius des Kaisers, öfter auch der
Genius des römischen Volks und zu verschiedenen Zeiten und bei verschie¬
denen Festgelegenheiten andere Gottheiten anschließen; bei einer Siegesfeier
Jovis Victor und Mars Ultor. Victoria und Fortuna, ganz spät auch die
I^res Militäres, sonst abstracte Mächte wie Felicitas, Concordia, Par, Pro-
videntia; endlich bei Familienfesten die heiliggesprochenen Mitglieder des
jütischen Hauses, deren Cult erst Vitellius aufhob. Als Kaiser Trajan im
März des Jahres 101 zum ersten dorischen Feldzug aufbricht, bieten die Ur-
vater in weitschweifigen Gelübden den ganzen römischen Olymp auf, den
Herrscher aus den Gegenden, die er zu Wasser und zu Lande betreten, un¬
versehrt und siegreich zur Stadt zurückzuführen; die Gottheiten erschienen zu
Gruppen verbunden, als letzte Neptun, der Hüter der Seefahrt, mit Herkules
Victor, dem Triumphalgott. Die Versammlungsstätte der Brüder zu solchen
Zwecken ist nicht der heilige Hain, der nur dem Maifest und den nöthigen
Sühnopfern bestimmt bleibt, sondern regelmäßig das Capital als Sitz der
Stadtgottheiten und specieller der Pronaos des Jupitertempels; für die
dem Augustischen Hause geltenden Handlungen der neue Tempel August's,
und bei besonderen Anlässen das Forum Augustum. Selbst die feierliche
Ankündigung des Maifestes geschieht in der Stadt anfangs im Pantheon,
später beständig in der Vorhalle des Concordiatempels auf dem Forum; der
Meister des Collegs oder sein Stellvertreter sprach vor der Halle, das ver¬
hüllte Haupt nach Osten gewendet, das Gebet und bestimmte die drei Mai¬
tage. An derselben Stätte wurden später auch die neuen Mitglieder des
Collegs gewählt (früher auch im Kaiserpalast oder im Tempel des Dipus
Julius); nur die jährliche Wahl des Meisters und des Priesters (Flamen)
fand am Haupttage des Maifestes im Haine statt. Die Kaiser bekleideten
die Würde des Magisters häufig selbst, jedenfalls waren sie stets Mitglieder
des Arvalencollegs. Die Cooptation eines Mitgliedes geschah zwar mittelst
schriftlicher Abstimmung, aber auf briefliche Empfehlung, das heißt auf Ordre
des Kaisers. Einige dieser kaiserlichen Handschreiben werden in den Pro¬
tokollen referirt; sie sind durch des Kaisers Siegel (meist den Augustuskopf)
beglaubigt und lauten ganz lakonisch) „Kaiser Trajanus !c. entbietet den Arval-
brüdern. seinen Collegen. Gruß. An Stelle des N. N. cooptire ich uns als
Collegen mit meiner Stimme den N. N." Eine Debatte knüpft sich nicht
daran; der betreffende Cooptirte wohnt regelmäßig bereits der Verlesung
bei. Die Mitglieder des Collegiums, deren Anwesenheit bei jeder Zusammen¬
kunft verzeichnet wird, gehören zu den höchsten, dem Kaiserhause am nächsten
stehenden Familien; es ist die Elite des römischen Beamtenadels, wir finden
unter den Brüdern Verwandte des Kaisers, Generale und spätere Kaiser,
wie Otho und Vitellius; kein Zweifel, daß in der Corporation der zwölf


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0495" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/121716"/>
          <p xml:id="ID_1518" prev="#ID_1517" next="#ID_1519"> sich dann auch die Linus xudlies, und der Genius des Kaisers, öfter auch der<lb/>
Genius des römischen Volks und zu verschiedenen Zeiten und bei verschie¬<lb/>
denen Festgelegenheiten andere Gottheiten anschließen; bei einer Siegesfeier<lb/>
Jovis Victor und Mars Ultor. Victoria und Fortuna, ganz spät auch die<lb/>
I^res Militäres, sonst abstracte Mächte wie Felicitas, Concordia, Par, Pro-<lb/>
videntia; endlich bei Familienfesten die heiliggesprochenen Mitglieder des<lb/>
jütischen Hauses, deren Cult erst Vitellius aufhob.  Als Kaiser Trajan im<lb/>
März des Jahres 101 zum ersten dorischen Feldzug aufbricht, bieten die Ur-<lb/>
vater in weitschweifigen Gelübden den ganzen römischen Olymp auf, den<lb/>
Herrscher aus den Gegenden, die er zu Wasser und zu Lande betreten, un¬<lb/>
versehrt und siegreich zur Stadt zurückzuführen; die Gottheiten erschienen zu<lb/>
Gruppen verbunden, als letzte Neptun, der Hüter der Seefahrt, mit Herkules<lb/>
Victor, dem Triumphalgott.  Die Versammlungsstätte der Brüder zu solchen<lb/>
Zwecken ist nicht der heilige Hain, der nur dem Maifest und den nöthigen<lb/>
Sühnopfern bestimmt bleibt, sondern regelmäßig das Capital als Sitz der<lb/>
Stadtgottheiten und specieller der Pronaos des Jupitertempels; für die<lb/>
dem Augustischen Hause geltenden Handlungen der neue Tempel August's,<lb/>
und bei besonderen Anlässen das Forum Augustum.  Selbst die feierliche<lb/>
Ankündigung des Maifestes geschieht in der Stadt anfangs im Pantheon,<lb/>
später beständig in der Vorhalle des Concordiatempels auf dem Forum; der<lb/>
Meister des Collegs oder sein Stellvertreter sprach vor der Halle, das ver¬<lb/>
hüllte Haupt nach Osten gewendet, das Gebet und bestimmte die drei Mai¬<lb/>
tage.  An derselben Stätte wurden später auch die neuen Mitglieder des<lb/>
Collegs gewählt (früher auch im Kaiserpalast oder im Tempel des Dipus<lb/>
Julius); nur die jährliche Wahl des Meisters und des Priesters (Flamen)<lb/>
fand am Haupttage des Maifestes im Haine statt.  Die Kaiser bekleideten<lb/>
die Würde des Magisters häufig selbst, jedenfalls waren sie stets Mitglieder<lb/>
des Arvalencollegs.  Die Cooptation eines Mitgliedes geschah zwar mittelst<lb/>
schriftlicher Abstimmung, aber auf briefliche Empfehlung, das heißt auf Ordre<lb/>
des Kaisers.  Einige dieser kaiserlichen Handschreiben werden in den Pro¬<lb/>
tokollen referirt; sie sind durch des Kaisers Siegel (meist den Augustuskopf)<lb/>
beglaubigt und lauten ganz lakonisch) &#x201E;Kaiser Trajanus !c. entbietet den Arval-<lb/>
brüdern. seinen Collegen. Gruß. An Stelle des N. N. cooptire ich uns als<lb/>
Collegen mit meiner Stimme den N. N."  Eine Debatte knüpft sich nicht<lb/>
daran; der betreffende Cooptirte wohnt regelmäßig bereits der Verlesung<lb/>
bei.  Die Mitglieder des Collegiums, deren Anwesenheit bei jeder Zusammen¬<lb/>
kunft verzeichnet wird, gehören zu den höchsten, dem Kaiserhause am nächsten<lb/>
stehenden Familien; es ist die Elite des römischen Beamtenadels, wir finden<lb/>
unter den Brüdern Verwandte des Kaisers, Generale und spätere Kaiser,<lb/>
wie Otho und Vitellius; kein Zweifel, daß in der Corporation der zwölf</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0495] sich dann auch die Linus xudlies, und der Genius des Kaisers, öfter auch der Genius des römischen Volks und zu verschiedenen Zeiten und bei verschie¬ denen Festgelegenheiten andere Gottheiten anschließen; bei einer Siegesfeier Jovis Victor und Mars Ultor. Victoria und Fortuna, ganz spät auch die I^res Militäres, sonst abstracte Mächte wie Felicitas, Concordia, Par, Pro- videntia; endlich bei Familienfesten die heiliggesprochenen Mitglieder des jütischen Hauses, deren Cult erst Vitellius aufhob. Als Kaiser Trajan im März des Jahres 101 zum ersten dorischen Feldzug aufbricht, bieten die Ur- vater in weitschweifigen Gelübden den ganzen römischen Olymp auf, den Herrscher aus den Gegenden, die er zu Wasser und zu Lande betreten, un¬ versehrt und siegreich zur Stadt zurückzuführen; die Gottheiten erschienen zu Gruppen verbunden, als letzte Neptun, der Hüter der Seefahrt, mit Herkules Victor, dem Triumphalgott. Die Versammlungsstätte der Brüder zu solchen Zwecken ist nicht der heilige Hain, der nur dem Maifest und den nöthigen Sühnopfern bestimmt bleibt, sondern regelmäßig das Capital als Sitz der Stadtgottheiten und specieller der Pronaos des Jupitertempels; für die dem Augustischen Hause geltenden Handlungen der neue Tempel August's, und bei besonderen Anlässen das Forum Augustum. Selbst die feierliche Ankündigung des Maifestes geschieht in der Stadt anfangs im Pantheon, später beständig in der Vorhalle des Concordiatempels auf dem Forum; der Meister des Collegs oder sein Stellvertreter sprach vor der Halle, das ver¬ hüllte Haupt nach Osten gewendet, das Gebet und bestimmte die drei Mai¬ tage. An derselben Stätte wurden später auch die neuen Mitglieder des Collegs gewählt (früher auch im Kaiserpalast oder im Tempel des Dipus Julius); nur die jährliche Wahl des Meisters und des Priesters (Flamen) fand am Haupttage des Maifestes im Haine statt. Die Kaiser bekleideten die Würde des Magisters häufig selbst, jedenfalls waren sie stets Mitglieder des Arvalencollegs. Die Cooptation eines Mitgliedes geschah zwar mittelst schriftlicher Abstimmung, aber auf briefliche Empfehlung, das heißt auf Ordre des Kaisers. Einige dieser kaiserlichen Handschreiben werden in den Pro¬ tokollen referirt; sie sind durch des Kaisers Siegel (meist den Augustuskopf) beglaubigt und lauten ganz lakonisch) „Kaiser Trajanus !c. entbietet den Arval- brüdern. seinen Collegen. Gruß. An Stelle des N. N. cooptire ich uns als Collegen mit meiner Stimme den N. N." Eine Debatte knüpft sich nicht daran; der betreffende Cooptirte wohnt regelmäßig bereits der Verlesung bei. Die Mitglieder des Collegiums, deren Anwesenheit bei jeder Zusammen¬ kunft verzeichnet wird, gehören zu den höchsten, dem Kaiserhause am nächsten stehenden Familien; es ist die Elite des römischen Beamtenadels, wir finden unter den Brüdern Verwandte des Kaisers, Generale und spätere Kaiser, wie Otho und Vitellius; kein Zweifel, daß in der Corporation der zwölf

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341809_121220
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341809_121220/495
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 28, 1869, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341809_121220/495>, abgerufen am 24.08.2024.