Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 28, 1869, II. Semester. I. Band.

Bild:
<< vorherige Seite

Obgleich diese Briefe keine neuen Aufschlüsse über zweifelhaft gebliebene Partien der Zeit¬
geschichte oder auch nur der Lebensgeschichte beider Männer enthalten, zwischen denen sie
gewechselt worden, werden sie einem großen Theil der deutschen Lesewelt willkommen
sein, schon weil sie von dem ungeheuren Universalismus der Ideen und Interessen
Humboldt's zeugen, dem die Gebiete, auf denen Bunsen sich ausgezeichnet hat,
eigentlich alle gleich fern abzuliegen schienen. -- Das Hauptgewicht ist auf die
zweite Hälfte der Sammlung, die in den Jahren 1848 bis 1856 geschriebenen
Briese zu legen, sowohl weil denselben eine vertrautere Bekanntschaft zwischen Brief¬
steller und Briefempfänger vorausgegangen, als weil dieselben ausführlicher sind und
sich wenigstens zum Theil auf politische Gegenstände beziehen. Zwischen Mitthei¬
lungen privater oder doch nebensächlicher Natur, welche sich auf Empfehlungen, aus¬
getauschte Bücher und tgi. beziehen, laufen Andeutungen und Berichte Humboldt's
über die politische Lage, die Stimmung des Königs und seiner Umgebung und die
von den verschiedenen Parteien geübten Einflüsse unter, die entschieden lesenswert!)
sind. Besondere Aufmerksamkeit verdienen in dieser Beziehung die dreizehn zum
Theil ziemlich ausführlichen Briefe aus den Jahren 1851 und 1852, durch welche
Humboldt's Freisinn und seine richtige Beurtheilung der politischen Lage aufs neue
bestätigt werde. Namentlich die Schmach von Olmütz ist von dem großen Freunde
Friedrich Wilhelms IV. bitter empfunden worden und der Unmuth über dieselbe
mischt sich ziemlich deutlich der nicht eben vortheilhaften Schilderung zu, welche von
dem Kaiser Franz Joseph ("häßlich, mit stieren Augenbrauen über nichtssagenden
Augen u. s. w.") und dessen Bruder Maximilian bei Gelegenheit des Besuchs vom
December 1852 entworfen wird. Von den Briefen der letzten Jahre sind beson¬
ders diejenigen merkwürdig, welche Humboldt's tiefe Verstimmung über Preußens
Verhalten während des orientalischen Kriegs bekunden -- ein Punkt, in welchem
Humboldt bekanntlich mit Bunsen, dem Anwalt einer Alliance mit England, beson¬
ders lebhast sympathisirte.




Mit Ur. -MO beginnt diese Zeitschrift ein neues Quartal,
welches durch alle Buchhandlungen und Dvstämter zu be¬
ziehen ist.
Leipzig, im September 1869.Die Verlagshandlung




Verantwortliche Redacteure: Gustav Freytag u. Julius Eckardt.
Verlag von F. L. Herbig. -- Druck von Hüthel Legler in Leipzig.

Obgleich diese Briefe keine neuen Aufschlüsse über zweifelhaft gebliebene Partien der Zeit¬
geschichte oder auch nur der Lebensgeschichte beider Männer enthalten, zwischen denen sie
gewechselt worden, werden sie einem großen Theil der deutschen Lesewelt willkommen
sein, schon weil sie von dem ungeheuren Universalismus der Ideen und Interessen
Humboldt's zeugen, dem die Gebiete, auf denen Bunsen sich ausgezeichnet hat,
eigentlich alle gleich fern abzuliegen schienen. — Das Hauptgewicht ist auf die
zweite Hälfte der Sammlung, die in den Jahren 1848 bis 1856 geschriebenen
Briese zu legen, sowohl weil denselben eine vertrautere Bekanntschaft zwischen Brief¬
steller und Briefempfänger vorausgegangen, als weil dieselben ausführlicher sind und
sich wenigstens zum Theil auf politische Gegenstände beziehen. Zwischen Mitthei¬
lungen privater oder doch nebensächlicher Natur, welche sich auf Empfehlungen, aus¬
getauschte Bücher und tgi. beziehen, laufen Andeutungen und Berichte Humboldt's
über die politische Lage, die Stimmung des Königs und seiner Umgebung und die
von den verschiedenen Parteien geübten Einflüsse unter, die entschieden lesenswert!)
sind. Besondere Aufmerksamkeit verdienen in dieser Beziehung die dreizehn zum
Theil ziemlich ausführlichen Briefe aus den Jahren 1851 und 1852, durch welche
Humboldt's Freisinn und seine richtige Beurtheilung der politischen Lage aufs neue
bestätigt werde. Namentlich die Schmach von Olmütz ist von dem großen Freunde
Friedrich Wilhelms IV. bitter empfunden worden und der Unmuth über dieselbe
mischt sich ziemlich deutlich der nicht eben vortheilhaften Schilderung zu, welche von
dem Kaiser Franz Joseph („häßlich, mit stieren Augenbrauen über nichtssagenden
Augen u. s. w.") und dessen Bruder Maximilian bei Gelegenheit des Besuchs vom
December 1852 entworfen wird. Von den Briefen der letzten Jahre sind beson¬
ders diejenigen merkwürdig, welche Humboldt's tiefe Verstimmung über Preußens
Verhalten während des orientalischen Kriegs bekunden — ein Punkt, in welchem
Humboldt bekanntlich mit Bunsen, dem Anwalt einer Alliance mit England, beson¬
ders lebhast sympathisirte.




Mit Ur. -MO beginnt diese Zeitschrift ein neues Quartal,
welches durch alle Buchhandlungen und Dvstämter zu be¬
ziehen ist.
Leipzig, im September 1869.Die Verlagshandlung




Verantwortliche Redacteure: Gustav Freytag u. Julius Eckardt.
Verlag von F. L. Herbig. — Druck von Hüthel Legler in Leipzig.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0488" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/121709"/>
          <p xml:id="ID_1501" prev="#ID_1500"> Obgleich diese Briefe keine neuen Aufschlüsse über zweifelhaft gebliebene Partien der Zeit¬<lb/>
geschichte oder auch nur der Lebensgeschichte beider Männer enthalten, zwischen denen sie<lb/>
gewechselt worden, werden sie einem großen Theil der deutschen Lesewelt willkommen<lb/>
sein, schon weil sie von dem ungeheuren Universalismus der Ideen und Interessen<lb/>
Humboldt's zeugen, dem die Gebiete, auf denen Bunsen sich ausgezeichnet hat,<lb/>
eigentlich alle gleich fern abzuliegen schienen. &#x2014; Das Hauptgewicht ist auf die<lb/>
zweite Hälfte der Sammlung, die in den Jahren 1848 bis 1856 geschriebenen<lb/>
Briese zu legen, sowohl weil denselben eine vertrautere Bekanntschaft zwischen Brief¬<lb/>
steller und Briefempfänger vorausgegangen, als weil dieselben ausführlicher sind und<lb/>
sich wenigstens zum Theil auf politische Gegenstände beziehen. Zwischen Mitthei¬<lb/>
lungen privater oder doch nebensächlicher Natur, welche sich auf Empfehlungen, aus¬<lb/>
getauschte Bücher und tgi. beziehen, laufen Andeutungen und Berichte Humboldt's<lb/>
über die politische Lage, die Stimmung des Königs und seiner Umgebung und die<lb/>
von den verschiedenen Parteien geübten Einflüsse unter, die entschieden lesenswert!)<lb/>
sind. Besondere Aufmerksamkeit verdienen in dieser Beziehung die dreizehn zum<lb/>
Theil ziemlich ausführlichen Briefe aus den Jahren 1851 und 1852, durch welche<lb/>
Humboldt's Freisinn und seine richtige Beurtheilung der politischen Lage aufs neue<lb/>
bestätigt werde. Namentlich die Schmach von Olmütz ist von dem großen Freunde<lb/>
Friedrich Wilhelms IV. bitter empfunden worden und der Unmuth über dieselbe<lb/>
mischt sich ziemlich deutlich der nicht eben vortheilhaften Schilderung zu, welche von<lb/>
dem Kaiser Franz Joseph (&#x201E;häßlich, mit stieren Augenbrauen über nichtssagenden<lb/>
Augen u. s. w.") und dessen Bruder Maximilian bei Gelegenheit des Besuchs vom<lb/>
December 1852 entworfen wird. Von den Briefen der letzten Jahre sind beson¬<lb/>
ders diejenigen merkwürdig, welche Humboldt's tiefe Verstimmung über Preußens<lb/>
Verhalten während des orientalischen Kriegs bekunden &#x2014; ein Punkt, in welchem<lb/>
Humboldt bekanntlich mit Bunsen, dem Anwalt einer Alliance mit England, beson¬<lb/>
ders lebhast sympathisirte.</p><lb/>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
        </div>
        <div>
          <floatingText>
            <body>
              <div type="advertisement">
                <p> Mit Ur. -MO beginnt diese Zeitschrift ein neues Quartal,<lb/>
welches durch alle Buchhandlungen und Dvstämter zu be¬<lb/>
ziehen ist.<lb/>
Leipzig, im September 1869.Die Verlagshandlung</p>
              </div>
            </body>
          </floatingText>
        </div><lb/>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
        <note type="byline"> Verantwortliche Redacteure: Gustav Freytag u. Julius Eckardt.<lb/>
Verlag von F. L. Herbig. &#x2014; Druck von Hüthel  Legler in Leipzig.</note><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0488] Obgleich diese Briefe keine neuen Aufschlüsse über zweifelhaft gebliebene Partien der Zeit¬ geschichte oder auch nur der Lebensgeschichte beider Männer enthalten, zwischen denen sie gewechselt worden, werden sie einem großen Theil der deutschen Lesewelt willkommen sein, schon weil sie von dem ungeheuren Universalismus der Ideen und Interessen Humboldt's zeugen, dem die Gebiete, auf denen Bunsen sich ausgezeichnet hat, eigentlich alle gleich fern abzuliegen schienen. — Das Hauptgewicht ist auf die zweite Hälfte der Sammlung, die in den Jahren 1848 bis 1856 geschriebenen Briese zu legen, sowohl weil denselben eine vertrautere Bekanntschaft zwischen Brief¬ steller und Briefempfänger vorausgegangen, als weil dieselben ausführlicher sind und sich wenigstens zum Theil auf politische Gegenstände beziehen. Zwischen Mitthei¬ lungen privater oder doch nebensächlicher Natur, welche sich auf Empfehlungen, aus¬ getauschte Bücher und tgi. beziehen, laufen Andeutungen und Berichte Humboldt's über die politische Lage, die Stimmung des Königs und seiner Umgebung und die von den verschiedenen Parteien geübten Einflüsse unter, die entschieden lesenswert!) sind. Besondere Aufmerksamkeit verdienen in dieser Beziehung die dreizehn zum Theil ziemlich ausführlichen Briefe aus den Jahren 1851 und 1852, durch welche Humboldt's Freisinn und seine richtige Beurtheilung der politischen Lage aufs neue bestätigt werde. Namentlich die Schmach von Olmütz ist von dem großen Freunde Friedrich Wilhelms IV. bitter empfunden worden und der Unmuth über dieselbe mischt sich ziemlich deutlich der nicht eben vortheilhaften Schilderung zu, welche von dem Kaiser Franz Joseph („häßlich, mit stieren Augenbrauen über nichtssagenden Augen u. s. w.") und dessen Bruder Maximilian bei Gelegenheit des Besuchs vom December 1852 entworfen wird. Von den Briefen der letzten Jahre sind beson¬ ders diejenigen merkwürdig, welche Humboldt's tiefe Verstimmung über Preußens Verhalten während des orientalischen Kriegs bekunden — ein Punkt, in welchem Humboldt bekanntlich mit Bunsen, dem Anwalt einer Alliance mit England, beson¬ ders lebhast sympathisirte. Mit Ur. -MO beginnt diese Zeitschrift ein neues Quartal, welches durch alle Buchhandlungen und Dvstämter zu be¬ ziehen ist. Leipzig, im September 1869.Die Verlagshandlung Verantwortliche Redacteure: Gustav Freytag u. Julius Eckardt. Verlag von F. L. Herbig. — Druck von Hüthel Legler in Leipzig.

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341809_121220
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341809_121220/488
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 28, 1869, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341809_121220/488>, abgerufen am 01.07.2024.