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Die Grenzboten. Jg. 28, 1869, II. Semester. I. Band.

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Mendelssohn-Bartholdy in London) ganz besonders die im Anhang auszüglich ver¬
öffentlichen neun Aktenstücke, welche sich sämmtlich auf die Neugestaltung des deut¬
schen Bundes und Preußens Verhältniß zu demselben beziehen und zwischen dem
21 März 1648 und dem 5. Februar 1849, also zur Zeit der revolutionären Hoch-
fluth verfaßt worden sind: vier Denkschriften (Ueber die deutsche Bundesverfassung
-- Ueber das Verhältniß Oestreichs zu Deutschland -- Nothwendigkeit einer Ver¬
einbarung der deutschen Fürsten unter einander und mit dem Parlament über die
Reichsverfassung -- Ueber den östreichischen Vorschlag vom Januar 1849) zwei
Sendschreiben an das Frankfurter Parlament u. s. w. Neu sind ferner die Mit¬
theilungen aus Bunsens Tagebüchern, (unter denen besonders die Berichte über die
Besuche Deutschlands in den Jahren 1848 und 1849 von höchstem Interesse sind)
aus den Korrespondenzen mit dem Kronprinzen, späteren König Friedrich IV., mit
Bluntschli, Canitz u. A.

Soviel von den Nachträgen zum zweiten Bande. Das eigentliche Interesse
desselben machen aber nicht diese, sondern die Darstellungen aus Bunsen's vielbewegten
Leben aus, welche der englischen Version des Werks eine außergewöhnliche Stellung
in der neueren historischen Literatur sicherten und die der Herr Uebersetzer durch
eine Reihe interessanter Zusätze und Ausführungen vermehrt hat. Grade der vor¬
liegende Theil dieses Buches hat es mit einem Abschnitt neuerer deutscher Geschichte
zu thun, der bisher wenig bekannt war und dessen Wirkungen bis in unsere Tage
hinein bestimmend gewesen sind, jener Zeit des Schwankens in den preußischen Re¬
gierungskreisen, welche der Entscheidung für eine rein reactionäre Politik im Innern
und der schmachvollen Unterordnung unter Felix Schwarzenbergs Olmützer Forde¬
rungen vorherging. Ob sich Bunsen gleich der Mehrzahl seiner Zeitgenossen die
künftige Gestaltung Deutschlands als eine rein föderative dachte und den Einheits¬
staat für unausführbar hielt, war er entschiedener und klarer Gegner von Oestreichs
deutschen Ansprüchen, deren Unvereinbarkeit mit den Bedürfnissen Deutschlands er in
seinen Denkschriften an den König immer wieder hervorhob. So sehen wir in ihm
einen der energischesten Gegner des unheilvollen Schritts, den die preußische Ne-
actionspartei bei dem Könige durchsetzte, und viele Einzelheiten der damaligen
inneren Kämpfe werden erst durch seine Aufzeichnungen bekannt. Das Erscheinen
des dritten Bandes, welcher die letzten Jahre von Bunsen's diplomatischer Thätig-
keit, dessen Uebersiedelung nach Deutschland und dortige Arbeiten zum Gegenstande
hat, ist in der Vorrede schon sür die nächste Zukunft verhießen und wird dieses ver¬
dienstvolle Werk abschließen.




Verantwortliche Redacteure: Gustav Freytag u. Julius Eckardt.
Verlag von F. L. Herbig. - Druck von Hüthel L Lkgler in Leipzig.

Mendelssohn-Bartholdy in London) ganz besonders die im Anhang auszüglich ver¬
öffentlichen neun Aktenstücke, welche sich sämmtlich auf die Neugestaltung des deut¬
schen Bundes und Preußens Verhältniß zu demselben beziehen und zwischen dem
21 März 1648 und dem 5. Februar 1849, also zur Zeit der revolutionären Hoch-
fluth verfaßt worden sind: vier Denkschriften (Ueber die deutsche Bundesverfassung
— Ueber das Verhältniß Oestreichs zu Deutschland — Nothwendigkeit einer Ver¬
einbarung der deutschen Fürsten unter einander und mit dem Parlament über die
Reichsverfassung — Ueber den östreichischen Vorschlag vom Januar 1849) zwei
Sendschreiben an das Frankfurter Parlament u. s. w. Neu sind ferner die Mit¬
theilungen aus Bunsens Tagebüchern, (unter denen besonders die Berichte über die
Besuche Deutschlands in den Jahren 1848 und 1849 von höchstem Interesse sind)
aus den Korrespondenzen mit dem Kronprinzen, späteren König Friedrich IV., mit
Bluntschli, Canitz u. A.

Soviel von den Nachträgen zum zweiten Bande. Das eigentliche Interesse
desselben machen aber nicht diese, sondern die Darstellungen aus Bunsen's vielbewegten
Leben aus, welche der englischen Version des Werks eine außergewöhnliche Stellung
in der neueren historischen Literatur sicherten und die der Herr Uebersetzer durch
eine Reihe interessanter Zusätze und Ausführungen vermehrt hat. Grade der vor¬
liegende Theil dieses Buches hat es mit einem Abschnitt neuerer deutscher Geschichte
zu thun, der bisher wenig bekannt war und dessen Wirkungen bis in unsere Tage
hinein bestimmend gewesen sind, jener Zeit des Schwankens in den preußischen Re¬
gierungskreisen, welche der Entscheidung für eine rein reactionäre Politik im Innern
und der schmachvollen Unterordnung unter Felix Schwarzenbergs Olmützer Forde¬
rungen vorherging. Ob sich Bunsen gleich der Mehrzahl seiner Zeitgenossen die
künftige Gestaltung Deutschlands als eine rein föderative dachte und den Einheits¬
staat für unausführbar hielt, war er entschiedener und klarer Gegner von Oestreichs
deutschen Ansprüchen, deren Unvereinbarkeit mit den Bedürfnissen Deutschlands er in
seinen Denkschriften an den König immer wieder hervorhob. So sehen wir in ihm
einen der energischesten Gegner des unheilvollen Schritts, den die preußische Ne-
actionspartei bei dem Könige durchsetzte, und viele Einzelheiten der damaligen
inneren Kämpfe werden erst durch seine Aufzeichnungen bekannt. Das Erscheinen
des dritten Bandes, welcher die letzten Jahre von Bunsen's diplomatischer Thätig-
keit, dessen Uebersiedelung nach Deutschland und dortige Arbeiten zum Gegenstande
hat, ist in der Vorrede schon sür die nächste Zukunft verhießen und wird dieses ver¬
dienstvolle Werk abschließen.




Verantwortliche Redacteure: Gustav Freytag u. Julius Eckardt.
Verlag von F. L. Herbig. - Druck von Hüthel L Lkgler in Leipzig.
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[0328] Mendelssohn-Bartholdy in London) ganz besonders die im Anhang auszüglich ver¬ öffentlichen neun Aktenstücke, welche sich sämmtlich auf die Neugestaltung des deut¬ schen Bundes und Preußens Verhältniß zu demselben beziehen und zwischen dem 21 März 1648 und dem 5. Februar 1849, also zur Zeit der revolutionären Hoch- fluth verfaßt worden sind: vier Denkschriften (Ueber die deutsche Bundesverfassung — Ueber das Verhältniß Oestreichs zu Deutschland — Nothwendigkeit einer Ver¬ einbarung der deutschen Fürsten unter einander und mit dem Parlament über die Reichsverfassung — Ueber den östreichischen Vorschlag vom Januar 1849) zwei Sendschreiben an das Frankfurter Parlament u. s. w. Neu sind ferner die Mit¬ theilungen aus Bunsens Tagebüchern, (unter denen besonders die Berichte über die Besuche Deutschlands in den Jahren 1848 und 1849 von höchstem Interesse sind) aus den Korrespondenzen mit dem Kronprinzen, späteren König Friedrich IV., mit Bluntschli, Canitz u. A. Soviel von den Nachträgen zum zweiten Bande. Das eigentliche Interesse desselben machen aber nicht diese, sondern die Darstellungen aus Bunsen's vielbewegten Leben aus, welche der englischen Version des Werks eine außergewöhnliche Stellung in der neueren historischen Literatur sicherten und die der Herr Uebersetzer durch eine Reihe interessanter Zusätze und Ausführungen vermehrt hat. Grade der vor¬ liegende Theil dieses Buches hat es mit einem Abschnitt neuerer deutscher Geschichte zu thun, der bisher wenig bekannt war und dessen Wirkungen bis in unsere Tage hinein bestimmend gewesen sind, jener Zeit des Schwankens in den preußischen Re¬ gierungskreisen, welche der Entscheidung für eine rein reactionäre Politik im Innern und der schmachvollen Unterordnung unter Felix Schwarzenbergs Olmützer Forde¬ rungen vorherging. Ob sich Bunsen gleich der Mehrzahl seiner Zeitgenossen die künftige Gestaltung Deutschlands als eine rein föderative dachte und den Einheits¬ staat für unausführbar hielt, war er entschiedener und klarer Gegner von Oestreichs deutschen Ansprüchen, deren Unvereinbarkeit mit den Bedürfnissen Deutschlands er in seinen Denkschriften an den König immer wieder hervorhob. So sehen wir in ihm einen der energischesten Gegner des unheilvollen Schritts, den die preußische Ne- actionspartei bei dem Könige durchsetzte, und viele Einzelheiten der damaligen inneren Kämpfe werden erst durch seine Aufzeichnungen bekannt. Das Erscheinen des dritten Bandes, welcher die letzten Jahre von Bunsen's diplomatischer Thätig- keit, dessen Uebersiedelung nach Deutschland und dortige Arbeiten zum Gegenstande hat, ist in der Vorrede schon sür die nächste Zukunft verhießen und wird dieses ver¬ dienstvolle Werk abschließen. Verantwortliche Redacteure: Gustav Freytag u. Julius Eckardt. Verlag von F. L. Herbig. - Druck von Hüthel L Lkgler in Leipzig.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 28, 1869, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341809_121220/328>, abgerufen am 03.07.2024.