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Die Grenzboten. Jg. 28, 1869, II. Semester. I. Band.

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diese ernste Gesellschaft. Doch wird der treuen Seele unserer Guten es ge¬
wiß scherzhaft erscheinen, daß ich sie, die Allerbeständigste, daß ich sie um das
Verhalten des Allerbeweglichsten befrage,

Die schönsten Grüße und ein herzliches Lebewohl!

Weimar, den 21. IM) 1825.


Goethe."
10.

Schon seit einigen Tagen gehe ich, theuerste Freundin, mit dem Ge¬
danken um, Ihnen etwas Liebes und Gutes zu erweisen; aber ich konnte
nichts finden, was meinen Wünschen und Gefühlen genügt hätte. Und so
will ich denn auch jetzt nur mit Worten ausdrücken, welchen Dank ich em¬
pfinde für den Antheil, mit dem Sie immerfort an mir und den Meinigen
festhalten, besonders auch für die treue Neigung, die Sie Ihrem Frühge¬
spielen und Hofgenossen unverändert gönnen wollen.

Sodann verzeihen Sie, wenn ich diese Gelegenheit ergreife auszusprechen:
daß die körperlichen Leiden, welche Sie von Ihren Freunden, wie von der
Welt scheiden, mir höchst peinlich sind, und Sie werden meinen Zustand
schmerzlicher mitempfinden, wenn ich versichere: daß ich, bei Ihrer letzten An¬
Herkunft, mit der Hoffnung geschmeichelt habe, Sie würden die einsamen,
fast öden Stunden, die sich manchmal um mich her zu lagern drohen, durch
Ihre Gegenwart beleben und gestalten. Hiermit aber sei genug, wo nicht
zu viel gesagt!

Gönnen Sie mir Ein Wort, wo ich irgend zu Ihrer Zufriedenheit bei¬
tragen kann! Eine gestrige Absenkung nach Petersburg wird unserm Freund
ein Lächeln abgewinnen; dies verleihen Sie auch mir und bleiben einer ewigen
Anhänglichkeit versichert.

W. d. 31, Jan. 1826. unwandelbar


Goethe.
11.

"Abschriftlicher Auszug,
Schreibens des Herrn Hofrath Rochlitz,
Leipzig, d. 23. Juli 1829."

""Bei mir meldet sich zunächst die Gräfin Egloffstein. Daß ich diese,
wie weit das in wenigen Stunden möglich, habe kennen lernen, achte ich
für ein wahres Glück. Kaum erinnere ich mich einer Dame, die, bei erster
Bekanntschaft, einen so geistig aufregenden, würdig-anmuthigen, wohlthuend-
befriedigenden Eindruck und ohne irgend ein merkliches Darausanlegen, von
der ersten Minute ihrer Gegenwart auf mich gemacht und bis zur letzten


diese ernste Gesellschaft. Doch wird der treuen Seele unserer Guten es ge¬
wiß scherzhaft erscheinen, daß ich sie, die Allerbeständigste, daß ich sie um das
Verhalten des Allerbeweglichsten befrage,

Die schönsten Grüße und ein herzliches Lebewohl!

Weimar, den 21. IM) 1825.


Goethe."
10.

Schon seit einigen Tagen gehe ich, theuerste Freundin, mit dem Ge¬
danken um, Ihnen etwas Liebes und Gutes zu erweisen; aber ich konnte
nichts finden, was meinen Wünschen und Gefühlen genügt hätte. Und so
will ich denn auch jetzt nur mit Worten ausdrücken, welchen Dank ich em¬
pfinde für den Antheil, mit dem Sie immerfort an mir und den Meinigen
festhalten, besonders auch für die treue Neigung, die Sie Ihrem Frühge¬
spielen und Hofgenossen unverändert gönnen wollen.

Sodann verzeihen Sie, wenn ich diese Gelegenheit ergreife auszusprechen:
daß die körperlichen Leiden, welche Sie von Ihren Freunden, wie von der
Welt scheiden, mir höchst peinlich sind, und Sie werden meinen Zustand
schmerzlicher mitempfinden, wenn ich versichere: daß ich, bei Ihrer letzten An¬
Herkunft, mit der Hoffnung geschmeichelt habe, Sie würden die einsamen,
fast öden Stunden, die sich manchmal um mich her zu lagern drohen, durch
Ihre Gegenwart beleben und gestalten. Hiermit aber sei genug, wo nicht
zu viel gesagt!

Gönnen Sie mir Ein Wort, wo ich irgend zu Ihrer Zufriedenheit bei¬
tragen kann! Eine gestrige Absenkung nach Petersburg wird unserm Freund
ein Lächeln abgewinnen; dies verleihen Sie auch mir und bleiben einer ewigen
Anhänglichkeit versichert.

W. d. 31, Jan. 1826. unwandelbar


Goethe.
11.

„Abschriftlicher Auszug,
Schreibens des Herrn Hofrath Rochlitz,
Leipzig, d. 23. Juli 1829."

„„Bei mir meldet sich zunächst die Gräfin Egloffstein. Daß ich diese,
wie weit das in wenigen Stunden möglich, habe kennen lernen, achte ich
für ein wahres Glück. Kaum erinnere ich mich einer Dame, die, bei erster
Bekanntschaft, einen so geistig aufregenden, würdig-anmuthigen, wohlthuend-
befriedigenden Eindruck und ohne irgend ein merkliches Darausanlegen, von
der ersten Minute ihrer Gegenwart auf mich gemacht und bis zur letzten


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[0215] diese ernste Gesellschaft. Doch wird der treuen Seele unserer Guten es ge¬ wiß scherzhaft erscheinen, daß ich sie, die Allerbeständigste, daß ich sie um das Verhalten des Allerbeweglichsten befrage, Die schönsten Grüße und ein herzliches Lebewohl! Weimar, den 21. IM) 1825. Goethe." 10. Schon seit einigen Tagen gehe ich, theuerste Freundin, mit dem Ge¬ danken um, Ihnen etwas Liebes und Gutes zu erweisen; aber ich konnte nichts finden, was meinen Wünschen und Gefühlen genügt hätte. Und so will ich denn auch jetzt nur mit Worten ausdrücken, welchen Dank ich em¬ pfinde für den Antheil, mit dem Sie immerfort an mir und den Meinigen festhalten, besonders auch für die treue Neigung, die Sie Ihrem Frühge¬ spielen und Hofgenossen unverändert gönnen wollen. Sodann verzeihen Sie, wenn ich diese Gelegenheit ergreife auszusprechen: daß die körperlichen Leiden, welche Sie von Ihren Freunden, wie von der Welt scheiden, mir höchst peinlich sind, und Sie werden meinen Zustand schmerzlicher mitempfinden, wenn ich versichere: daß ich, bei Ihrer letzten An¬ Herkunft, mit der Hoffnung geschmeichelt habe, Sie würden die einsamen, fast öden Stunden, die sich manchmal um mich her zu lagern drohen, durch Ihre Gegenwart beleben und gestalten. Hiermit aber sei genug, wo nicht zu viel gesagt! Gönnen Sie mir Ein Wort, wo ich irgend zu Ihrer Zufriedenheit bei¬ tragen kann! Eine gestrige Absenkung nach Petersburg wird unserm Freund ein Lächeln abgewinnen; dies verleihen Sie auch mir und bleiben einer ewigen Anhänglichkeit versichert. W. d. 31, Jan. 1826. unwandelbar Goethe. 11. „Abschriftlicher Auszug, Schreibens des Herrn Hofrath Rochlitz, Leipzig, d. 23. Juli 1829." „„Bei mir meldet sich zunächst die Gräfin Egloffstein. Daß ich diese, wie weit das in wenigen Stunden möglich, habe kennen lernen, achte ich für ein wahres Glück. Kaum erinnere ich mich einer Dame, die, bei erster Bekanntschaft, einen so geistig aufregenden, würdig-anmuthigen, wohlthuend- befriedigenden Eindruck und ohne irgend ein merkliches Darausanlegen, von der ersten Minute ihrer Gegenwart auf mich gemacht und bis zur letzten

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 28, 1869, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341809_121220/215>, abgerufen am 26.06.2024.