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Die Grenzboten. Jg. 28, 1869, II. Semester. I. Band.

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Kirchenbuchs ausweist, am 2. Februar 1717 geboren worden (der 10. October
war sein Namenstag und wurde als solcher jährlich gefeiert); viertens hat der
berühmte Feldherr den Krimmfeldzug unter Mummies nicht als Unterofficier,
sondern bereits als Fähnrich, resp. Unterlieutenant mitgemacht. -- Gleich hier
wollen wir bemerken, daß auch das zweite Capitel in Bezug auf Laudons per¬
sönliche Geschicke einen Irrthum enthält. Gleich den älteren östreichischen
Biographen des Feldherrn weiß auch Herr v. Janko nicht, daß derselbe zwei
Mal verheirathet gewesen ist, während für diese Biographen feststeht, daß Lau¬
dons vieljährige Lebensgefährtin Clara, geb. v. Haager, keine lebenden Kinder
zur Welt gebracht habe, sind neuerdings zu Bunitsch die Grabsteine zweier
seiner Söhne entdeckt worden. Dieser Widerspruch löst sich einfach dadurch,
daß (5ideon Ernst von Laudon in erster Ehe mit Elisabeth von Essen ("aus
einer deutschen Familie in Ungarn") verheirathet war und von dieser sechs
Kinder hatte, welche sämmtlich im zarten Kindesalter verstärken. Selbst dem
gründlichen und sonst wohlunterrichteten Versasser des " Biographischen
Lexikons für das Kaiserthum Oestreich" von Wurzbach ist diese einfache That¬
fache nicht bekannt gewesen. -- Endlich sei erwähnt, daß Herr v. Janko in
einer heute nicht mehr üblichen Weise die Charakteristik seines Helden von
der übrigen Darstellung getrennt und in ein besonderes, an den Schluß ge¬
setztes Buch gebracht hat, welches in drei Unterabtheilungen, "Laudon als
Soldat und Feldherr", "Laudon als Privatmann" und "Parallelen", zer¬
fällt und dadurch einen etwas steifen und schablonenartigen Eindruck macht.
Soll das vollständige Bild eines Charakters entworfen werden, so darf der
Privatmann nicht von dem Staatsbürger getrennt werden; es ist im Gegen¬
theil nothwendig, die über den Charakter und die Eigenthümlichkeiten ge-
senkten Urtheile mit der Darstellung der Handlungen in Zusammenhang zu
bringen, und gleichsam aus dieser selbst hervortreten zu lassen. Die "Paral¬
lelen" wiederholen übrigens nur die von Hormayr, Kunitsch, Schweigerd u. s.w.
gemachten, etwas altfränkischen Vergleiche zwischen Laudon, Marcellus und
Paulus Aemilius, -- Vergleiche, die nur möglich waren, so lange Plutarchs
Biographien für Muster biographischer Darstellung und Quellen ersten
Ranges gelten konnten.

Doch das nur beiläufig. Der Hauptwerth des Janko'schen Buchs und
die Absicht des Verfassers liegen auf einer anderen Seite. Das Leben Lau¬
dons ist zum Ausgangspunkt einer selbständigen, aus bisher unbenützten
Quellen geschöpften Darstellung des siebenjährigen Krieges gemacht und diese
ist, trotz mannigfacher Ausstellungen, die von unserem Standpunkte ans ge¬
macht werden müssen, von entschiedenem Interesse. Anerkennenswert!) ist vor
Allem, daß der Verfasser trotz seines entschieden östreichischen Standpunktes
und trotz einer Beurtheilung des großen Königs, die an dem wirklichen


Kirchenbuchs ausweist, am 2. Februar 1717 geboren worden (der 10. October
war sein Namenstag und wurde als solcher jährlich gefeiert); viertens hat der
berühmte Feldherr den Krimmfeldzug unter Mummies nicht als Unterofficier,
sondern bereits als Fähnrich, resp. Unterlieutenant mitgemacht. — Gleich hier
wollen wir bemerken, daß auch das zweite Capitel in Bezug auf Laudons per¬
sönliche Geschicke einen Irrthum enthält. Gleich den älteren östreichischen
Biographen des Feldherrn weiß auch Herr v. Janko nicht, daß derselbe zwei
Mal verheirathet gewesen ist, während für diese Biographen feststeht, daß Lau¬
dons vieljährige Lebensgefährtin Clara, geb. v. Haager, keine lebenden Kinder
zur Welt gebracht habe, sind neuerdings zu Bunitsch die Grabsteine zweier
seiner Söhne entdeckt worden. Dieser Widerspruch löst sich einfach dadurch,
daß (5ideon Ernst von Laudon in erster Ehe mit Elisabeth von Essen („aus
einer deutschen Familie in Ungarn") verheirathet war und von dieser sechs
Kinder hatte, welche sämmtlich im zarten Kindesalter verstärken. Selbst dem
gründlichen und sonst wohlunterrichteten Versasser des „ Biographischen
Lexikons für das Kaiserthum Oestreich" von Wurzbach ist diese einfache That¬
fache nicht bekannt gewesen. — Endlich sei erwähnt, daß Herr v. Janko in
einer heute nicht mehr üblichen Weise die Charakteristik seines Helden von
der übrigen Darstellung getrennt und in ein besonderes, an den Schluß ge¬
setztes Buch gebracht hat, welches in drei Unterabtheilungen, „Laudon als
Soldat und Feldherr", „Laudon als Privatmann" und „Parallelen", zer¬
fällt und dadurch einen etwas steifen und schablonenartigen Eindruck macht.
Soll das vollständige Bild eines Charakters entworfen werden, so darf der
Privatmann nicht von dem Staatsbürger getrennt werden; es ist im Gegen¬
theil nothwendig, die über den Charakter und die Eigenthümlichkeiten ge-
senkten Urtheile mit der Darstellung der Handlungen in Zusammenhang zu
bringen, und gleichsam aus dieser selbst hervortreten zu lassen. Die „Paral¬
lelen" wiederholen übrigens nur die von Hormayr, Kunitsch, Schweigerd u. s.w.
gemachten, etwas altfränkischen Vergleiche zwischen Laudon, Marcellus und
Paulus Aemilius, — Vergleiche, die nur möglich waren, so lange Plutarchs
Biographien für Muster biographischer Darstellung und Quellen ersten
Ranges gelten konnten.

Doch das nur beiläufig. Der Hauptwerth des Janko'schen Buchs und
die Absicht des Verfassers liegen auf einer anderen Seite. Das Leben Lau¬
dons ist zum Ausgangspunkt einer selbständigen, aus bisher unbenützten
Quellen geschöpften Darstellung des siebenjährigen Krieges gemacht und diese
ist, trotz mannigfacher Ausstellungen, die von unserem Standpunkte ans ge¬
macht werden müssen, von entschiedenem Interesse. Anerkennenswert!) ist vor
Allem, daß der Verfasser trotz seines entschieden östreichischen Standpunktes
und trotz einer Beurtheilung des großen Königs, die an dem wirklichen


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 28, 1869, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341809_121220/124>, abgerufen am 24.08.2024.