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Die Grenzboten. Jg. 28, 1869, I. Semester. II. Band.

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gelassen ist um sich zu stellen, wird durch die besonderen Verhältnisse der
Handelsmarine nöthig gemacht. Eine dreijährige Reserve und eine zwölf¬
jährige Seewehrverpflichtung waren dagegen nur in den ersten Jahren des
Bundes nöthig, wo die Dienstpflichtigen der außerpreußischen Landestheile
noch nicht vollzählig ausgebildet waren.

Für Beförderung zum Matrosen I. Classe ist neuerdings auch nicht mehr
wie früher eine ^einjährige Fahrzeit als Matrose II. Classe nöthig, und für
Beförderung zum Matrosen II. Classe ist nicht mehr vierjährige Fahrzeit über¬
haupt zur See nöthig, wenn der Betreffende sonst das Zeugniß vollständiger
seemännischer Ausbildung hat. Dagegen sind die Bedingungen für die
Matrosen III. Classe dieselben geblieben wie früher, nämlich zwei Jahre
Fahrzeit auf Schiffen oder Briggs der Handelsmarine, oder drei Jahre
Fahrzeit auf kleineren Fahrzeugen derselben. Am günstigsten wäre es aller¬
dings, wenn man vorläufig, so lange die Stammmannschaften noch nicht
zahlreich genug sind, um ausschließlich die Schiffe auf den ferneren Stationen
zu besetzen, die hierfür eingezogenen vollbefahrenen Matrosen der Handels¬
marine -- vielleicht mittelst Ersparungen im Mannschaftsstande des See¬
bataillons -- in ihrer schon 144 Thlr. betragenden Löhnung so weit erhöhte,
daß sie ebenso gut stehen wie auf den am besten zahlenden, den amerikanischen
Handelsschiffen, denn auch bei uns geht die Heuer schon bis monatlich 15 Thlr.:
die Gleichstellung in der Löhnung mit dem Landmilitair ist ja doch einmal
aufgegeben. Bei hoher Löhnung im Anfang, wo dreijährige Dienstzeit unerlä߬
lich ist, und bei kurzer Dienstzeit späterhin, wo außerdem die an den Dienst
auf Handelsschiffen nicht gewöhnten und von demselben nicht angelockten
Stammmannschaften, mit größerem specifisch militairischen Ehrgefühl aus¬
schließlich die Besatzung auf den außeratlantischen Stationen bilden sollten,
wird man die Desertionen ebenso verhindern, wie auf der englischen Flotte,
wo jetzt ganz im Gegensatz zu früher die Entlassung sogar für eine Strafe
gilt. Ueberdies ist jetzt auch, was früher nicht gestattet war, die Ableistung
des einjährigen Freiwilligen-Dienstes als Matrose für solche Seeleute ge¬
stattet, welche die erforderliche allgemeine Bildung nachweisen. Damit die
Berechtigung auch durch Zeugnisse der Navigationsschulen gewonnen werde,
ist eine gleichmäßigere Organisation der letzter/n wünschenswerth.

Vor Erlaß der norddeutschen Bundesverfassung strebte man in Preußen
vor Allem nach einer Convention mit den Hansestädten, wonach dieselben
keine Soldaten stellen, sondern blos aus ihrer seemännischen Bevölkerung
Leute liefern sollten. Jetzt ist Alles gleichmäßig geregelt, und es werden die
Marine-Ersatzmannschaften einfach nach Verhältniß der concurrirenden Anzahl
von Miiitairpflichtigen auf die Seeergänzungsbezirke oder Staaten vertheilt
und von den betreffenden Brigaden ausgehoben.


Grenzboten II. 1869. 58

gelassen ist um sich zu stellen, wird durch die besonderen Verhältnisse der
Handelsmarine nöthig gemacht. Eine dreijährige Reserve und eine zwölf¬
jährige Seewehrverpflichtung waren dagegen nur in den ersten Jahren des
Bundes nöthig, wo die Dienstpflichtigen der außerpreußischen Landestheile
noch nicht vollzählig ausgebildet waren.

Für Beförderung zum Matrosen I. Classe ist neuerdings auch nicht mehr
wie früher eine ^einjährige Fahrzeit als Matrose II. Classe nöthig, und für
Beförderung zum Matrosen II. Classe ist nicht mehr vierjährige Fahrzeit über¬
haupt zur See nöthig, wenn der Betreffende sonst das Zeugniß vollständiger
seemännischer Ausbildung hat. Dagegen sind die Bedingungen für die
Matrosen III. Classe dieselben geblieben wie früher, nämlich zwei Jahre
Fahrzeit auf Schiffen oder Briggs der Handelsmarine, oder drei Jahre
Fahrzeit auf kleineren Fahrzeugen derselben. Am günstigsten wäre es aller¬
dings, wenn man vorläufig, so lange die Stammmannschaften noch nicht
zahlreich genug sind, um ausschließlich die Schiffe auf den ferneren Stationen
zu besetzen, die hierfür eingezogenen vollbefahrenen Matrosen der Handels¬
marine — vielleicht mittelst Ersparungen im Mannschaftsstande des See¬
bataillons — in ihrer schon 144 Thlr. betragenden Löhnung so weit erhöhte,
daß sie ebenso gut stehen wie auf den am besten zahlenden, den amerikanischen
Handelsschiffen, denn auch bei uns geht die Heuer schon bis monatlich 15 Thlr.:
die Gleichstellung in der Löhnung mit dem Landmilitair ist ja doch einmal
aufgegeben. Bei hoher Löhnung im Anfang, wo dreijährige Dienstzeit unerlä߬
lich ist, und bei kurzer Dienstzeit späterhin, wo außerdem die an den Dienst
auf Handelsschiffen nicht gewöhnten und von demselben nicht angelockten
Stammmannschaften, mit größerem specifisch militairischen Ehrgefühl aus¬
schließlich die Besatzung auf den außeratlantischen Stationen bilden sollten,
wird man die Desertionen ebenso verhindern, wie auf der englischen Flotte,
wo jetzt ganz im Gegensatz zu früher die Entlassung sogar für eine Strafe
gilt. Ueberdies ist jetzt auch, was früher nicht gestattet war, die Ableistung
des einjährigen Freiwilligen-Dienstes als Matrose für solche Seeleute ge¬
stattet, welche die erforderliche allgemeine Bildung nachweisen. Damit die
Berechtigung auch durch Zeugnisse der Navigationsschulen gewonnen werde,
ist eine gleichmäßigere Organisation der letzter/n wünschenswerth.

Vor Erlaß der norddeutschen Bundesverfassung strebte man in Preußen
vor Allem nach einer Convention mit den Hansestädten, wonach dieselben
keine Soldaten stellen, sondern blos aus ihrer seemännischen Bevölkerung
Leute liefern sollten. Jetzt ist Alles gleichmäßig geregelt, und es werden die
Marine-Ersatzmannschaften einfach nach Verhältniß der concurrirenden Anzahl
von Miiitairpflichtigen auf die Seeergänzungsbezirke oder Staaten vertheilt
und von den betreffenden Brigaden ausgehoben.


Grenzboten II. 1869. 58
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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 28, 1869, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341809_120686/465>, abgerufen am 04.07.2024.