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Die Grenzboten. Jg. 28, 1869, I. Semester. II. Band.

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Farbe den Römern als Mischung von Purpur und Schwarzbraun erschien;
esrvinug der Rehbraune. Ferner Zilbus die Jsabelle, deren charakteristische
Glasaugen um 620 nach Christi der spanische Bischof Jsidor genau beschreibt;
Lia-neuf bei den Griechen ursprünglich wohl der Blau- und Hechtschimmel,
den Römern wurde das Wort aber gleichbedeutend mit ihrem elavus der Falbe
(Gellius II-, 261). Darauf die Schimmel: seuwl-los der Apfelschimmel,
albus der Weiße, guttatus der Fliegenschimmel, eg-näiciissimus der Atlas¬
schimmel. Endlich niger der Rappe, pressus der Sommerrappe. Im ge¬
ringsten Ansehn standen varius der Schenke und Tiger und e^iius, die Art
von Schimmeln, Mausefahlen und Gestichelten, bei denen Fahlgrau mit Schwarz
gemischt war.

Die höchsten Leistungen in der Bahn wurden von den Gespannpferden
gefordert, und die allerhöchsten im großen Circus von Rom, wo die edelsten
Rosse der ganzen Welt mit einander rannten. Nächst der Schnelligkeit und Dauer
des Laufes war das gewandte Durchdrängen durch den engsten Zwischenraum
der anderen Gespanne, schnelles Ausweichen und scharfes Biegen in der innern
Bahn um die beiden Wendestellen Hauptsache. Da die innere Bahn immer
zur linken Hand lag und die schweren Bahnwendungen von rechts nach links
gemacht wurden, hatte das linke Pferd des Gespanns bei weitem die schwerste
Aufgabe und der Erfolg hing zum großen Theil von seiner Geschicklichkeit
ab. Dafür erhielt es auch die volle Ehre des Sieges, es hieß das Leitpferd,
sein Name war in aller Munde und wurde als der des siegreichen Gespanns
verzeichnet; und wenn einem ruhmvollen Viergespann durch Testament eine
Alterspenfion ausgesetzt worden war, so sollte diese nach der Meinung weiser
Rechtskundiger so lange ausgezahlt werden, als das Leitpferd lebte. Auch
die Dauer berühmter Rennpferde war erstaunlich. Wenn der Tuskus als
Leitpferd des Jockey Fortunatus von dem Lauchgrünen 386mal, und der
Braune Victor des Jockey Gutta von demselben Club 429 mal siegten, so
müssen sie nach allen überlieferten Zahlenverhältnissen wenigstens viermal so
oft am Viergespann gerannt sein, also circa 1600--1700mal, im großen
Circus fast ebensoviel Meilen. Und diese Leistungen waren nur die Thaten
ihrer gereiften Kraft, denn alle Rennen im Zweigespann sind dabei gar nicht
gerechnet. Doch galten schon hundert Siege eines Rennpferdes für eine aus¬
gezeichnete Leistung, ein solches Roß wurde durch den Titel eeutellaiius
geehrt, wahrscheinlich auch durch besonderen Schmuck.

Die beste Ehre der Bahn wurde den Jockey's zu Theil. Gefahr und
Kunst derselben waren wohl größer, als auf unserer Bahn. Aber das Preis¬
geben der Person bei öffentlichen Schauspielen jeder Art war in Rom ein an¬
rüchiges Thun; der Jockey war nicht in der Weise unehrlich, wie der unfreie
Gwdiator, aber bürgerlich respektabel wurde seine Thätigkeit zu keiner Zeit,


Farbe den Römern als Mischung von Purpur und Schwarzbraun erschien;
esrvinug der Rehbraune. Ferner Zilbus die Jsabelle, deren charakteristische
Glasaugen um 620 nach Christi der spanische Bischof Jsidor genau beschreibt;
Lia-neuf bei den Griechen ursprünglich wohl der Blau- und Hechtschimmel,
den Römern wurde das Wort aber gleichbedeutend mit ihrem elavus der Falbe
(Gellius II-, 261). Darauf die Schimmel: seuwl-los der Apfelschimmel,
albus der Weiße, guttatus der Fliegenschimmel, eg-näiciissimus der Atlas¬
schimmel. Endlich niger der Rappe, pressus der Sommerrappe. Im ge¬
ringsten Ansehn standen varius der Schenke und Tiger und e^iius, die Art
von Schimmeln, Mausefahlen und Gestichelten, bei denen Fahlgrau mit Schwarz
gemischt war.

Die höchsten Leistungen in der Bahn wurden von den Gespannpferden
gefordert, und die allerhöchsten im großen Circus von Rom, wo die edelsten
Rosse der ganzen Welt mit einander rannten. Nächst der Schnelligkeit und Dauer
des Laufes war das gewandte Durchdrängen durch den engsten Zwischenraum
der anderen Gespanne, schnelles Ausweichen und scharfes Biegen in der innern
Bahn um die beiden Wendestellen Hauptsache. Da die innere Bahn immer
zur linken Hand lag und die schweren Bahnwendungen von rechts nach links
gemacht wurden, hatte das linke Pferd des Gespanns bei weitem die schwerste
Aufgabe und der Erfolg hing zum großen Theil von seiner Geschicklichkeit
ab. Dafür erhielt es auch die volle Ehre des Sieges, es hieß das Leitpferd,
sein Name war in aller Munde und wurde als der des siegreichen Gespanns
verzeichnet; und wenn einem ruhmvollen Viergespann durch Testament eine
Alterspenfion ausgesetzt worden war, so sollte diese nach der Meinung weiser
Rechtskundiger so lange ausgezahlt werden, als das Leitpferd lebte. Auch
die Dauer berühmter Rennpferde war erstaunlich. Wenn der Tuskus als
Leitpferd des Jockey Fortunatus von dem Lauchgrünen 386mal, und der
Braune Victor des Jockey Gutta von demselben Club 429 mal siegten, so
müssen sie nach allen überlieferten Zahlenverhältnissen wenigstens viermal so
oft am Viergespann gerannt sein, also circa 1600—1700mal, im großen
Circus fast ebensoviel Meilen. Und diese Leistungen waren nur die Thaten
ihrer gereiften Kraft, denn alle Rennen im Zweigespann sind dabei gar nicht
gerechnet. Doch galten schon hundert Siege eines Rennpferdes für eine aus¬
gezeichnete Leistung, ein solches Roß wurde durch den Titel eeutellaiius
geehrt, wahrscheinlich auch durch besonderen Schmuck.

Die beste Ehre der Bahn wurde den Jockey's zu Theil. Gefahr und
Kunst derselben waren wohl größer, als auf unserer Bahn. Aber das Preis¬
geben der Person bei öffentlichen Schauspielen jeder Art war in Rom ein an¬
rüchiges Thun; der Jockey war nicht in der Weise unehrlich, wie der unfreie
Gwdiator, aber bürgerlich respektabel wurde seine Thätigkeit zu keiner Zeit,


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[0455] Farbe den Römern als Mischung von Purpur und Schwarzbraun erschien; esrvinug der Rehbraune. Ferner Zilbus die Jsabelle, deren charakteristische Glasaugen um 620 nach Christi der spanische Bischof Jsidor genau beschreibt; Lia-neuf bei den Griechen ursprünglich wohl der Blau- und Hechtschimmel, den Römern wurde das Wort aber gleichbedeutend mit ihrem elavus der Falbe (Gellius II-, 261). Darauf die Schimmel: seuwl-los der Apfelschimmel, albus der Weiße, guttatus der Fliegenschimmel, eg-näiciissimus der Atlas¬ schimmel. Endlich niger der Rappe, pressus der Sommerrappe. Im ge¬ ringsten Ansehn standen varius der Schenke und Tiger und e^iius, die Art von Schimmeln, Mausefahlen und Gestichelten, bei denen Fahlgrau mit Schwarz gemischt war. Die höchsten Leistungen in der Bahn wurden von den Gespannpferden gefordert, und die allerhöchsten im großen Circus von Rom, wo die edelsten Rosse der ganzen Welt mit einander rannten. Nächst der Schnelligkeit und Dauer des Laufes war das gewandte Durchdrängen durch den engsten Zwischenraum der anderen Gespanne, schnelles Ausweichen und scharfes Biegen in der innern Bahn um die beiden Wendestellen Hauptsache. Da die innere Bahn immer zur linken Hand lag und die schweren Bahnwendungen von rechts nach links gemacht wurden, hatte das linke Pferd des Gespanns bei weitem die schwerste Aufgabe und der Erfolg hing zum großen Theil von seiner Geschicklichkeit ab. Dafür erhielt es auch die volle Ehre des Sieges, es hieß das Leitpferd, sein Name war in aller Munde und wurde als der des siegreichen Gespanns verzeichnet; und wenn einem ruhmvollen Viergespann durch Testament eine Alterspenfion ausgesetzt worden war, so sollte diese nach der Meinung weiser Rechtskundiger so lange ausgezahlt werden, als das Leitpferd lebte. Auch die Dauer berühmter Rennpferde war erstaunlich. Wenn der Tuskus als Leitpferd des Jockey Fortunatus von dem Lauchgrünen 386mal, und der Braune Victor des Jockey Gutta von demselben Club 429 mal siegten, so müssen sie nach allen überlieferten Zahlenverhältnissen wenigstens viermal so oft am Viergespann gerannt sein, also circa 1600—1700mal, im großen Circus fast ebensoviel Meilen. Und diese Leistungen waren nur die Thaten ihrer gereiften Kraft, denn alle Rennen im Zweigespann sind dabei gar nicht gerechnet. Doch galten schon hundert Siege eines Rennpferdes für eine aus¬ gezeichnete Leistung, ein solches Roß wurde durch den Titel eeutellaiius geehrt, wahrscheinlich auch durch besonderen Schmuck. Die beste Ehre der Bahn wurde den Jockey's zu Theil. Gefahr und Kunst derselben waren wohl größer, als auf unserer Bahn. Aber das Preis¬ geben der Person bei öffentlichen Schauspielen jeder Art war in Rom ein an¬ rüchiges Thun; der Jockey war nicht in der Weise unehrlich, wie der unfreie Gwdiator, aber bürgerlich respektabel wurde seine Thätigkeit zu keiner Zeit,

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 28, 1869, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341809_120686/455>, abgerufen am 04.07.2024.