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Die Grenzboten. Jg. 28, 1869, I. Semester. II. Band.

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-- Auch sonst berichtet Berkholz's Tagebuch an mehren Stellen von diesem
Manne. Am dritten Pfingsttage ebengedachten Jahres mitten unter der Pre¬
digt, welche ein aus Sibirien zurückkehrender schwedischer Prediger in dem fürst¬
lichen Quartier hielt, entstand bei dem Kammerrath Fick Feuer im Schorn¬
stein, welches aber bald durch die Flügel einer Gans, welche lebendig von
oben durch den Schornstein hinuntergelassen worden, gelöscht ward.

Ehe noch dieses vorging, schenkte Peter I. am 26. des Christmonats 1720
dem damaligen Kammerrath Heinrich von Fick das Kirchspiel Oberpahlen mit
den dazu gehörigen Gütern Schloßoberpahlen, Nemmenhof, Woiseck, Pajes,
Kurrista. Eistfer, Addafer, Lustifer, Kalliküll und Teppik. Es ging aber
mit diesem ansehnlichen Geschenk eine große Veränderung vor, denn Katha¬
rina I. schenkte 1723 und 1726 Oberpahlen, Nemmenhof und Addafer dem
schwedischen Generalfeldmarschall Grafen von Ducker; die Güter Kurnsta,
Lustifer, Kalliküll und ein Theil von Tappik dem Vicepräsidenten von Wolf,
das Gut Pajös dem Generalfeldwachtmeister, nachmals Generallieutenant
und Ritter Iwan Bibikow, und Woiseck, Eistfer und einen Theil von Tappik
dem wirklichen Staatsrath von Fick. Bald darauf erlaubte ihm Peter II.,
daß er die geschenkten Güter von Dückern, Bibikow und dem Freiherrn von
Wolf käuflich an sich bringen möchte. In der That kaufte er von dem
Grafen Ducker die Güter Oberpalen, Nemmenhof und Addafer. Peter II.
aber schenkte ihm die Güter Sosarr und Susfifer. Alle diese Güter aber
wurden 1732 bei seinem Falle eingezogen. -- Er ward 1726 Vicepräsident im
Commerzcvllegium. Man fand nach einer genauen Untersuchung im Kam-
mercollegium, daß durch seinen Fleiß die jährlichen Zolleinkünfte mit
200,000 Nub. vermehrt worden. Nachdem er Staatsrath und Vicepräsident
im Reichscommerzcollegium geworden war, ward er 1728 Kirchenrath bet
der Se. Petrigemeinde zu Petersburg. Fick fiel im Jahre 1731 in die Un¬
gnade der Kaiserin Anna und ihres Lieblings, des Birons. Ein Brief des
rigischen Rathsherrn von Caspari, welcher damals die Angelegenheiten der
Städte Riga, Dörpat und Pernau am Hofe besorgte, aus Moskow vom
5. April 1731, der in dem dörpatischen Stadtarchive verwahrt wird, meldet
folgendes: "Der Senatssecretair Schulz sitzt in seinem Hause bis in die
sechste Woche noch in Arrest, im gleichen so ist dessen Schwiegervater Fick
in der Inquisition; was selbiges vor ein Ende nehmen werde, weiß Gott
und die Kaiserin am besten."

Wir haben diesem Bericht des alten Dorpater Chronisten, auf den wir
in der Folge wieder zurückgehen, mancherlei hinzuzufügen, sowohl bezüglich
der Vorgeschichte des ehemaligen Rathsherrn der guten Stadt Flensburg,
wie in Sachen seiner Einziehung nach der Thronbesteigung der Kaiserin
Anna Jwanowna, jener denkwürdigen Katastrophe von 1731, welche be-


— Auch sonst berichtet Berkholz's Tagebuch an mehren Stellen von diesem
Manne. Am dritten Pfingsttage ebengedachten Jahres mitten unter der Pre¬
digt, welche ein aus Sibirien zurückkehrender schwedischer Prediger in dem fürst¬
lichen Quartier hielt, entstand bei dem Kammerrath Fick Feuer im Schorn¬
stein, welches aber bald durch die Flügel einer Gans, welche lebendig von
oben durch den Schornstein hinuntergelassen worden, gelöscht ward.

Ehe noch dieses vorging, schenkte Peter I. am 26. des Christmonats 1720
dem damaligen Kammerrath Heinrich von Fick das Kirchspiel Oberpahlen mit
den dazu gehörigen Gütern Schloßoberpahlen, Nemmenhof, Woiseck, Pajes,
Kurrista. Eistfer, Addafer, Lustifer, Kalliküll und Teppik. Es ging aber
mit diesem ansehnlichen Geschenk eine große Veränderung vor, denn Katha¬
rina I. schenkte 1723 und 1726 Oberpahlen, Nemmenhof und Addafer dem
schwedischen Generalfeldmarschall Grafen von Ducker; die Güter Kurnsta,
Lustifer, Kalliküll und ein Theil von Tappik dem Vicepräsidenten von Wolf,
das Gut Pajös dem Generalfeldwachtmeister, nachmals Generallieutenant
und Ritter Iwan Bibikow, und Woiseck, Eistfer und einen Theil von Tappik
dem wirklichen Staatsrath von Fick. Bald darauf erlaubte ihm Peter II.,
daß er die geschenkten Güter von Dückern, Bibikow und dem Freiherrn von
Wolf käuflich an sich bringen möchte. In der That kaufte er von dem
Grafen Ducker die Güter Oberpalen, Nemmenhof und Addafer. Peter II.
aber schenkte ihm die Güter Sosarr und Susfifer. Alle diese Güter aber
wurden 1732 bei seinem Falle eingezogen. — Er ward 1726 Vicepräsident im
Commerzcvllegium. Man fand nach einer genauen Untersuchung im Kam-
mercollegium, daß durch seinen Fleiß die jährlichen Zolleinkünfte mit
200,000 Nub. vermehrt worden. Nachdem er Staatsrath und Vicepräsident
im Reichscommerzcollegium geworden war, ward er 1728 Kirchenrath bet
der Se. Petrigemeinde zu Petersburg. Fick fiel im Jahre 1731 in die Un¬
gnade der Kaiserin Anna und ihres Lieblings, des Birons. Ein Brief des
rigischen Rathsherrn von Caspari, welcher damals die Angelegenheiten der
Städte Riga, Dörpat und Pernau am Hofe besorgte, aus Moskow vom
5. April 1731, der in dem dörpatischen Stadtarchive verwahrt wird, meldet
folgendes: „Der Senatssecretair Schulz sitzt in seinem Hause bis in die
sechste Woche noch in Arrest, im gleichen so ist dessen Schwiegervater Fick
in der Inquisition; was selbiges vor ein Ende nehmen werde, weiß Gott
und die Kaiserin am besten."

Wir haben diesem Bericht des alten Dorpater Chronisten, auf den wir
in der Folge wieder zurückgehen, mancherlei hinzuzufügen, sowohl bezüglich
der Vorgeschichte des ehemaligen Rathsherrn der guten Stadt Flensburg,
wie in Sachen seiner Einziehung nach der Thronbesteigung der Kaiserin
Anna Jwanowna, jener denkwürdigen Katastrophe von 1731, welche be-


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[0442] — Auch sonst berichtet Berkholz's Tagebuch an mehren Stellen von diesem Manne. Am dritten Pfingsttage ebengedachten Jahres mitten unter der Pre¬ digt, welche ein aus Sibirien zurückkehrender schwedischer Prediger in dem fürst¬ lichen Quartier hielt, entstand bei dem Kammerrath Fick Feuer im Schorn¬ stein, welches aber bald durch die Flügel einer Gans, welche lebendig von oben durch den Schornstein hinuntergelassen worden, gelöscht ward. Ehe noch dieses vorging, schenkte Peter I. am 26. des Christmonats 1720 dem damaligen Kammerrath Heinrich von Fick das Kirchspiel Oberpahlen mit den dazu gehörigen Gütern Schloßoberpahlen, Nemmenhof, Woiseck, Pajes, Kurrista. Eistfer, Addafer, Lustifer, Kalliküll und Teppik. Es ging aber mit diesem ansehnlichen Geschenk eine große Veränderung vor, denn Katha¬ rina I. schenkte 1723 und 1726 Oberpahlen, Nemmenhof und Addafer dem schwedischen Generalfeldmarschall Grafen von Ducker; die Güter Kurnsta, Lustifer, Kalliküll und ein Theil von Tappik dem Vicepräsidenten von Wolf, das Gut Pajös dem Generalfeldwachtmeister, nachmals Generallieutenant und Ritter Iwan Bibikow, und Woiseck, Eistfer und einen Theil von Tappik dem wirklichen Staatsrath von Fick. Bald darauf erlaubte ihm Peter II., daß er die geschenkten Güter von Dückern, Bibikow und dem Freiherrn von Wolf käuflich an sich bringen möchte. In der That kaufte er von dem Grafen Ducker die Güter Oberpalen, Nemmenhof und Addafer. Peter II. aber schenkte ihm die Güter Sosarr und Susfifer. Alle diese Güter aber wurden 1732 bei seinem Falle eingezogen. — Er ward 1726 Vicepräsident im Commerzcvllegium. Man fand nach einer genauen Untersuchung im Kam- mercollegium, daß durch seinen Fleiß die jährlichen Zolleinkünfte mit 200,000 Nub. vermehrt worden. Nachdem er Staatsrath und Vicepräsident im Reichscommerzcollegium geworden war, ward er 1728 Kirchenrath bet der Se. Petrigemeinde zu Petersburg. Fick fiel im Jahre 1731 in die Un¬ gnade der Kaiserin Anna und ihres Lieblings, des Birons. Ein Brief des rigischen Rathsherrn von Caspari, welcher damals die Angelegenheiten der Städte Riga, Dörpat und Pernau am Hofe besorgte, aus Moskow vom 5. April 1731, der in dem dörpatischen Stadtarchive verwahrt wird, meldet folgendes: „Der Senatssecretair Schulz sitzt in seinem Hause bis in die sechste Woche noch in Arrest, im gleichen so ist dessen Schwiegervater Fick in der Inquisition; was selbiges vor ein Ende nehmen werde, weiß Gott und die Kaiserin am besten." Wir haben diesem Bericht des alten Dorpater Chronisten, auf den wir in der Folge wieder zurückgehen, mancherlei hinzuzufügen, sowohl bezüglich der Vorgeschichte des ehemaligen Rathsherrn der guten Stadt Flensburg, wie in Sachen seiner Einziehung nach der Thronbesteigung der Kaiserin Anna Jwanowna, jener denkwürdigen Katastrophe von 1731, welche be-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 28, 1869, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341809_120686/442>, abgerufen am 24.07.2024.