Die Grenzboten. Jg. 28, 1869, I. Semester. II. Band.bahnen) übertragen. Um dem aus den Zeiten der Republik herübergebrachten Das Ministerium brachte demgemäß eine Vorlage in die zweite Kammer, bahnen) übertragen. Um dem aus den Zeiten der Republik herübergebrachten Das Ministerium brachte demgemäß eine Vorlage in die zweite Kammer, <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0322" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/121009"/> <p xml:id="ID_997" prev="#ID_996"> bahnen) übertragen. Um dem aus den Zeiten der Republik herübergebrachten<lb/> Provinzialismus zu genügen, mußte die Regierung mit dem Bau auf ver¬<lb/> schiedenen Punkten anfangen, so daß überall kurze Strecken ohne Zusammen¬<lb/> hang sertig wurden, die in Erwartung des späteren Anschlusses durch obige<lb/> Gesellschaft in Betrieb genommen wurden. was natürlich ungünstige finan¬<lb/> zielle Resultate lieferte. Bei Errichtung der Gesellschaft, die in eine Zeit<lb/> fiel, wo verschiedene finanzielle Unternehmungen, die jetzt ihren frühen Tod<lb/> gefunden haben, wie über Nacht entstanden, war man unvorsichtig genug,<lb/> nur die Hälfte des Grundcapitals in Actien zu emittiren, da das ganze<lb/> Capital doch erst bei herannahender Vollständigkeit des Bahnnetzes nöthig<lb/> würde. Dieser Fall ist nun seit ungefähr zwei Jahren eingetreten, aber An¬<lb/> gesichts der bisherigen schlechten Resultate und des Mißtrauens, das sich im<lb/> Publicum gegen Actiengesellschaften festgesetzt hat, war die Gesellschaft nicht<lb/> im Stande ihre weiteren Actien auszugeben. Sie wandte sich deshalb um<lb/> Hülfe an die Regierung, da ihr Interesse mit dem des Staates eng ver¬<lb/> bunden ist.</p><lb/> <p xml:id="ID_998" next="#ID_999"> Das Ministerium brachte demgemäß eine Vorlage in die zweite Kammer,<lb/> um die Gesellschaft zu unterstützen; die Kammer war zur Hülfe bereit, wollte<lb/> die Hülfe aber nicht in Form der Regierungsvorlage leisten. Sie beklagte sich<lb/> sehr über einige Maßnahmen der Eisenbahnverwaltung, hauptsächlich über<lb/> die Betriebsübernahme zweier Privatbahnen, der Linie Almelo-Salzbergen<lb/> und Lüttich-Limburg, die jährlich großen Verlust brachten, welcher in keinem<lb/> Verhältniß zu dem Vortheil des erlangten Anschlusses stand. — Die Ver¬<lb/> handlungen zwischen Regierung und Gesellschaft, um zu einer besseren Ueber-<lb/> einkunft zu gelangen, wurden fortgesetzt und schweben noch. Von Seiten<lb/> der Regierung wurde auf Lösung des Contracts mit den beiden Privat¬<lb/> bahnen, vorzüglich mit der Lüttich-Limburger Linie, gedrungen, was natürlich<lb/> wegen der geringen Ertragsfähigkeit der Bahn doppelt schwierig ist. Diesem<lb/> Druck der Regierung auf die Betriebsgesellschaft, der schon seit ungefähr<lb/> einem Jahr ausgeübt wird und hier eine allgemein bekannte Sache ist, hat<lb/> man ganz mit Unrecht politische Triebfedern untergeschoben. Die Ueberein-<lb/> kunft zwischen der französischen Ostbahn und der Lüttich-Limburger Bahn,<lb/> wodurch der Contract mit der holländischen Gesellschaft gelöst, resp, dieser<lb/> die französische substituirt wird, ist jedenfalls dem Wunsche des hiesigen Gou-<lb/> vernements gemäß; aus Vorhergehendem ist. aber deutlich, daß dabei rein<lb/> ökonomische Motive zu Grunde liegen. Für die Niederlande kommt bei dieser<lb/> beabsichtigten Uebereinkunft kein politisches, wohl ein commercielles Interesse<lb/> ins Spiel; denn was könnte uns daran liegen, ob wir die Verbindung eine<lb/> kleine Strecke über unsere Grenze auf nachbarliches Gebiet in Händen haben,<lb/> oder ein Anderer? Maastricht hat für uns durchaus keinen strategischen Werth:<lb/> seine Festungswerke sind theilweise schon demolirt. Dagegen würden wir</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0322]
bahnen) übertragen. Um dem aus den Zeiten der Republik herübergebrachten
Provinzialismus zu genügen, mußte die Regierung mit dem Bau auf ver¬
schiedenen Punkten anfangen, so daß überall kurze Strecken ohne Zusammen¬
hang sertig wurden, die in Erwartung des späteren Anschlusses durch obige
Gesellschaft in Betrieb genommen wurden. was natürlich ungünstige finan¬
zielle Resultate lieferte. Bei Errichtung der Gesellschaft, die in eine Zeit
fiel, wo verschiedene finanzielle Unternehmungen, die jetzt ihren frühen Tod
gefunden haben, wie über Nacht entstanden, war man unvorsichtig genug,
nur die Hälfte des Grundcapitals in Actien zu emittiren, da das ganze
Capital doch erst bei herannahender Vollständigkeit des Bahnnetzes nöthig
würde. Dieser Fall ist nun seit ungefähr zwei Jahren eingetreten, aber An¬
gesichts der bisherigen schlechten Resultate und des Mißtrauens, das sich im
Publicum gegen Actiengesellschaften festgesetzt hat, war die Gesellschaft nicht
im Stande ihre weiteren Actien auszugeben. Sie wandte sich deshalb um
Hülfe an die Regierung, da ihr Interesse mit dem des Staates eng ver¬
bunden ist.
Das Ministerium brachte demgemäß eine Vorlage in die zweite Kammer,
um die Gesellschaft zu unterstützen; die Kammer war zur Hülfe bereit, wollte
die Hülfe aber nicht in Form der Regierungsvorlage leisten. Sie beklagte sich
sehr über einige Maßnahmen der Eisenbahnverwaltung, hauptsächlich über
die Betriebsübernahme zweier Privatbahnen, der Linie Almelo-Salzbergen
und Lüttich-Limburg, die jährlich großen Verlust brachten, welcher in keinem
Verhältniß zu dem Vortheil des erlangten Anschlusses stand. — Die Ver¬
handlungen zwischen Regierung und Gesellschaft, um zu einer besseren Ueber-
einkunft zu gelangen, wurden fortgesetzt und schweben noch. Von Seiten
der Regierung wurde auf Lösung des Contracts mit den beiden Privat¬
bahnen, vorzüglich mit der Lüttich-Limburger Linie, gedrungen, was natürlich
wegen der geringen Ertragsfähigkeit der Bahn doppelt schwierig ist. Diesem
Druck der Regierung auf die Betriebsgesellschaft, der schon seit ungefähr
einem Jahr ausgeübt wird und hier eine allgemein bekannte Sache ist, hat
man ganz mit Unrecht politische Triebfedern untergeschoben. Die Ueberein-
kunft zwischen der französischen Ostbahn und der Lüttich-Limburger Bahn,
wodurch der Contract mit der holländischen Gesellschaft gelöst, resp, dieser
die französische substituirt wird, ist jedenfalls dem Wunsche des hiesigen Gou-
vernements gemäß; aus Vorhergehendem ist. aber deutlich, daß dabei rein
ökonomische Motive zu Grunde liegen. Für die Niederlande kommt bei dieser
beabsichtigten Uebereinkunft kein politisches, wohl ein commercielles Interesse
ins Spiel; denn was könnte uns daran liegen, ob wir die Verbindung eine
kleine Strecke über unsere Grenze auf nachbarliches Gebiet in Händen haben,
oder ein Anderer? Maastricht hat für uns durchaus keinen strategischen Werth:
seine Festungswerke sind theilweise schon demolirt. Dagegen würden wir
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