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Die Grenzboten. Jg. 28, 1869, I. Semester. II. Band.

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AegWten und die ConsulatgerichtsliarKeit.

Wenn wir es versuchen, die große Reformfrage des Orients vor einem
deutschen Leserkreise zu behandeln, so sind wir uns wohl bewußt, daß wir
zuerst die entgegenkommende Theilnahme der Leser zu erbitten haben. Nach
unserer Meinung hat die deutsche Nation alle Ursache, ihre zahllosen Ange¬
hörigen, welche durch Fleiß und Geschick eine so überaus ansehnliche nommer"
nickte Stellung in jedem Welttheile erworben haben, fester und einheitlicher
an sich zu knüpfen. Aegypten ist für uns nicht nur von hoher geschichtli¬
cher, sondern ebenso von politisch - commercieller Wichtigkeit. Der deutsch-
östreichische Handel mit Aegypten bildet, nach dem englischen und französi¬
schen, den bedeutendsten Bruchtheil des ganzen ägyptischen Verkehrs und eine
zahlreiche und sehr geachtete Colonie Deutscher lebt im Lande selbst. Eng¬
land und Frankreich nehmen an Allem, was in Aegypten geschieht, den innig¬
sten Antheil; auch die Angelegenheit, welche in Ueberschrift dieser Zeilen ge¬
nannt wird, hat die französische und englische Presse seit einer Reihe von
Monaten beschäftigt, da sie in der That eine Lebensfrage für die in Aegypten
lebenden fremden Nationalitäten ist*). Nur in Deutschland schenkt man,den
Plänen der ägyptischen Regierung zu geringe Aufmerksamkeit.

Es ist bekannt, daß in Aegypten, wie in der gesammten Türkei, eine
Einrichtung besteht, die außerdem nur noch in wenigen entlegenen Colonien
existirt: die eigene Gerichtsbarkeit der Konsulate über die Angehörigen ihrer
Nation. Kein Unterthan einer fremden Macht darf in der Türkei von ein¬
heimischen Gerichten verurtheilt, der Proceß gegen ihn muß stets vor dem
Consulatgericht seiner Nationalität angestrengt werden, ^.oror Le-zMur
korum ren.



*) In den Erörterungen, welche das Journal "le ?rosr"s ^xtisn, Revue- IiobSoma-
Ssirg ü'^opes" zu Alexandria im Laufe des letzten Jahres gebracht hat. eine Bestätigung
der hier dargestellten Auffassung gesunden zu haben, versichern wir mit Vergnügen. Wir können
Allen, welche sich über hiesige Zustände unterrichten wollen, dies Journal, das einzige unab¬
hängige und gut unterrichtete Aegyptens, empfehlen.
Grenzboten II. 1869. 36
AegWten und die ConsulatgerichtsliarKeit.

Wenn wir es versuchen, die große Reformfrage des Orients vor einem
deutschen Leserkreise zu behandeln, so sind wir uns wohl bewußt, daß wir
zuerst die entgegenkommende Theilnahme der Leser zu erbitten haben. Nach
unserer Meinung hat die deutsche Nation alle Ursache, ihre zahllosen Ange¬
hörigen, welche durch Fleiß und Geschick eine so überaus ansehnliche nommer«
nickte Stellung in jedem Welttheile erworben haben, fester und einheitlicher
an sich zu knüpfen. Aegypten ist für uns nicht nur von hoher geschichtli¬
cher, sondern ebenso von politisch - commercieller Wichtigkeit. Der deutsch-
östreichische Handel mit Aegypten bildet, nach dem englischen und französi¬
schen, den bedeutendsten Bruchtheil des ganzen ägyptischen Verkehrs und eine
zahlreiche und sehr geachtete Colonie Deutscher lebt im Lande selbst. Eng¬
land und Frankreich nehmen an Allem, was in Aegypten geschieht, den innig¬
sten Antheil; auch die Angelegenheit, welche in Ueberschrift dieser Zeilen ge¬
nannt wird, hat die französische und englische Presse seit einer Reihe von
Monaten beschäftigt, da sie in der That eine Lebensfrage für die in Aegypten
lebenden fremden Nationalitäten ist*). Nur in Deutschland schenkt man,den
Plänen der ägyptischen Regierung zu geringe Aufmerksamkeit.

Es ist bekannt, daß in Aegypten, wie in der gesammten Türkei, eine
Einrichtung besteht, die außerdem nur noch in wenigen entlegenen Colonien
existirt: die eigene Gerichtsbarkeit der Konsulate über die Angehörigen ihrer
Nation. Kein Unterthan einer fremden Macht darf in der Türkei von ein¬
heimischen Gerichten verurtheilt, der Proceß gegen ihn muß stets vor dem
Consulatgericht seiner Nationalität angestrengt werden, ^.oror Le-zMur
korum ren.



*) In den Erörterungen, welche das Journal „le ?rosr«s ^xtisn, Revue- IiobSoma-
Ssirg ü'^opes" zu Alexandria im Laufe des letzten Jahres gebracht hat. eine Bestätigung
der hier dargestellten Auffassung gesunden zu haben, versichern wir mit Vergnügen. Wir können
Allen, welche sich über hiesige Zustände unterrichten wollen, dies Journal, das einzige unab¬
hängige und gut unterrichtete Aegyptens, empfehlen.
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[0289] AegWten und die ConsulatgerichtsliarKeit. Wenn wir es versuchen, die große Reformfrage des Orients vor einem deutschen Leserkreise zu behandeln, so sind wir uns wohl bewußt, daß wir zuerst die entgegenkommende Theilnahme der Leser zu erbitten haben. Nach unserer Meinung hat die deutsche Nation alle Ursache, ihre zahllosen Ange¬ hörigen, welche durch Fleiß und Geschick eine so überaus ansehnliche nommer« nickte Stellung in jedem Welttheile erworben haben, fester und einheitlicher an sich zu knüpfen. Aegypten ist für uns nicht nur von hoher geschichtli¬ cher, sondern ebenso von politisch - commercieller Wichtigkeit. Der deutsch- östreichische Handel mit Aegypten bildet, nach dem englischen und französi¬ schen, den bedeutendsten Bruchtheil des ganzen ägyptischen Verkehrs und eine zahlreiche und sehr geachtete Colonie Deutscher lebt im Lande selbst. Eng¬ land und Frankreich nehmen an Allem, was in Aegypten geschieht, den innig¬ sten Antheil; auch die Angelegenheit, welche in Ueberschrift dieser Zeilen ge¬ nannt wird, hat die französische und englische Presse seit einer Reihe von Monaten beschäftigt, da sie in der That eine Lebensfrage für die in Aegypten lebenden fremden Nationalitäten ist*). Nur in Deutschland schenkt man,den Plänen der ägyptischen Regierung zu geringe Aufmerksamkeit. Es ist bekannt, daß in Aegypten, wie in der gesammten Türkei, eine Einrichtung besteht, die außerdem nur noch in wenigen entlegenen Colonien existirt: die eigene Gerichtsbarkeit der Konsulate über die Angehörigen ihrer Nation. Kein Unterthan einer fremden Macht darf in der Türkei von ein¬ heimischen Gerichten verurtheilt, der Proceß gegen ihn muß stets vor dem Consulatgericht seiner Nationalität angestrengt werden, ^.oror Le-zMur korum ren. *) In den Erörterungen, welche das Journal „le ?rosr«s ^xtisn, Revue- IiobSoma- Ssirg ü'^opes" zu Alexandria im Laufe des letzten Jahres gebracht hat. eine Bestätigung der hier dargestellten Auffassung gesunden zu haben, versichern wir mit Vergnügen. Wir können Allen, welche sich über hiesige Zustände unterrichten wollen, dies Journal, das einzige unab¬ hängige und gut unterrichtete Aegyptens, empfehlen. Grenzboten II. 1869. 36

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 28, 1869, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341809_120686/289>, abgerufen am 04.07.2024.