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Die Grenzboten. Jg. 28, 1869, I. Semester. II. Band.

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auf fremden Flotten beinahe ebenso und die Unterscheidungen sind nur sehr
unbedeutend, wie z. B. der Stern in den Hemdkragenecken der Amerikaner
und der Holländer, der rothwollene Streifen um die Mützen der französischen
matelots eavollMkrs u. f. w. Daß die Marineuniform der verschiedenen
Flotten so gar ähnlich ist, während die Landarmeen zweckmäßige Verschieden¬
heit erstreben, hat offenbar seinen Grund darin, daß alle Nationen der eng¬
lischen Flotte als dem Mustertypus nicht nur in wesentlichen Stücken nach¬
eifern, sondern auch in Aeußerlichkeiten gleichzukommen suchen. Wir würden
aber im Gegentheil angemessen finden, wenn man in allen Stücken, wo nicht
Zweckmäßigkeitsgründe zur Nachahmung fremder wesentlicher Einrichtungen
zwingen, der eigenen Flotte auch ein eigenthümliches Gepräge aufzu¬
drücken wüßte, das entweder auf vorhandenen nationalen Gewohnheiten
beruht oder sich von selbst zu einer nationalen Eigenthümlichkeit macht.
So ist z. B. die vielbesprochene Pickelhaube in der Uniformirung der Land¬
armee zum preußischen Nationaltypus geworden. Auch die norddeutschen Ma¬
trosen mag man in Farbe und Schnitt von andern lieber unterscheiden, als
sie zu Copien machen. Zwar sein geliebtes Blau wird sich der Seemann
nicht gern nehmen lassen, es ist auch uns altnational und im Wetter die
dauerhafteste Farbe. Aber Anderes könnte uns eigen sein. So ist ein prak¬
tischer Vorschlag, den Matrosen einen Rettungsgürtel zu geben, etwa wie
ihn die Berliner Feuerwehr trägt, d. h. einen breiten starken Gurt um den
Leib mit einem Stahlhaken, welcher sich bei Arbeiten in der Takelage leicht
einhaken läßt und sicheren Halt gibt; dieser Gurt ließe sich dann durch rothen
Besatz zu einem ferneren augenfälligen Unterscheidungszeichen verwenden,
ähnlich wie der italienische Matrose seinen breiten rothen Shawl um den
Leib trägt. Gerade die norddeutsche Marine hätte bei der ihr innewohnen¬
den besonderen Tüchtigkeit am wenigsten Anlaß, sich durch Annahme englischer
Aeußerlichkeiten als bloße Nachahmung der englischen Flotte hinzustellen
und ihre Selbständigkeit zu verdecken. Es versteht sich indessen von selbst,
daß wir auf solche Uniforwunterschiede kein besonderes Gewicht legen.

Hauptsache ist. daß wir in allen wesentlichen Stücken das Zweck¬
mäßigste einführen.

Der Kriegsschiffmatrose führt kein Seitengewehr, während auf den
Handelsschiffen die meisten Matrosen ein langes Messer tragen, und obwohl
der Kriegsschiffmatrose mit dem Gewehr ausgebildet ist, trägt er dasselbe
doch nie. außer wenn er auf Wache steht, oder bei Landungen. Enterungen
u. s. w. Die Waffe des Seemanns: Gewehr. Enterbeil, Entersäbel u. s. w.
wird überhaupt nicht als zu seiner Person gekörig betrachtet, wie bei der
Landarmee, sondern als ein ausschließlich zum Schiff gehöriges Jnventarien-
stück, dessen sich der Mann nur im Schiffsdienst bedienen soll. Als Gewehr dient


auf fremden Flotten beinahe ebenso und die Unterscheidungen sind nur sehr
unbedeutend, wie z. B. der Stern in den Hemdkragenecken der Amerikaner
und der Holländer, der rothwollene Streifen um die Mützen der französischen
matelots eavollMkrs u. f. w. Daß die Marineuniform der verschiedenen
Flotten so gar ähnlich ist, während die Landarmeen zweckmäßige Verschieden¬
heit erstreben, hat offenbar seinen Grund darin, daß alle Nationen der eng¬
lischen Flotte als dem Mustertypus nicht nur in wesentlichen Stücken nach¬
eifern, sondern auch in Aeußerlichkeiten gleichzukommen suchen. Wir würden
aber im Gegentheil angemessen finden, wenn man in allen Stücken, wo nicht
Zweckmäßigkeitsgründe zur Nachahmung fremder wesentlicher Einrichtungen
zwingen, der eigenen Flotte auch ein eigenthümliches Gepräge aufzu¬
drücken wüßte, das entweder auf vorhandenen nationalen Gewohnheiten
beruht oder sich von selbst zu einer nationalen Eigenthümlichkeit macht.
So ist z. B. die vielbesprochene Pickelhaube in der Uniformirung der Land¬
armee zum preußischen Nationaltypus geworden. Auch die norddeutschen Ma¬
trosen mag man in Farbe und Schnitt von andern lieber unterscheiden, als
sie zu Copien machen. Zwar sein geliebtes Blau wird sich der Seemann
nicht gern nehmen lassen, es ist auch uns altnational und im Wetter die
dauerhafteste Farbe. Aber Anderes könnte uns eigen sein. So ist ein prak¬
tischer Vorschlag, den Matrosen einen Rettungsgürtel zu geben, etwa wie
ihn die Berliner Feuerwehr trägt, d. h. einen breiten starken Gurt um den
Leib mit einem Stahlhaken, welcher sich bei Arbeiten in der Takelage leicht
einhaken läßt und sicheren Halt gibt; dieser Gurt ließe sich dann durch rothen
Besatz zu einem ferneren augenfälligen Unterscheidungszeichen verwenden,
ähnlich wie der italienische Matrose seinen breiten rothen Shawl um den
Leib trägt. Gerade die norddeutsche Marine hätte bei der ihr innewohnen¬
den besonderen Tüchtigkeit am wenigsten Anlaß, sich durch Annahme englischer
Aeußerlichkeiten als bloße Nachahmung der englischen Flotte hinzustellen
und ihre Selbständigkeit zu verdecken. Es versteht sich indessen von selbst,
daß wir auf solche Uniforwunterschiede kein besonderes Gewicht legen.

Hauptsache ist. daß wir in allen wesentlichen Stücken das Zweck¬
mäßigste einführen.

Der Kriegsschiffmatrose führt kein Seitengewehr, während auf den
Handelsschiffen die meisten Matrosen ein langes Messer tragen, und obwohl
der Kriegsschiffmatrose mit dem Gewehr ausgebildet ist, trägt er dasselbe
doch nie. außer wenn er auf Wache steht, oder bei Landungen. Enterungen
u. s. w. Die Waffe des Seemanns: Gewehr. Enterbeil, Entersäbel u. s. w.
wird überhaupt nicht als zu seiner Person gekörig betrachtet, wie bei der
Landarmee, sondern als ein ausschließlich zum Schiff gehöriges Jnventarien-
stück, dessen sich der Mann nur im Schiffsdienst bedienen soll. Als Gewehr dient


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[0278] auf fremden Flotten beinahe ebenso und die Unterscheidungen sind nur sehr unbedeutend, wie z. B. der Stern in den Hemdkragenecken der Amerikaner und der Holländer, der rothwollene Streifen um die Mützen der französischen matelots eavollMkrs u. f. w. Daß die Marineuniform der verschiedenen Flotten so gar ähnlich ist, während die Landarmeen zweckmäßige Verschieden¬ heit erstreben, hat offenbar seinen Grund darin, daß alle Nationen der eng¬ lischen Flotte als dem Mustertypus nicht nur in wesentlichen Stücken nach¬ eifern, sondern auch in Aeußerlichkeiten gleichzukommen suchen. Wir würden aber im Gegentheil angemessen finden, wenn man in allen Stücken, wo nicht Zweckmäßigkeitsgründe zur Nachahmung fremder wesentlicher Einrichtungen zwingen, der eigenen Flotte auch ein eigenthümliches Gepräge aufzu¬ drücken wüßte, das entweder auf vorhandenen nationalen Gewohnheiten beruht oder sich von selbst zu einer nationalen Eigenthümlichkeit macht. So ist z. B. die vielbesprochene Pickelhaube in der Uniformirung der Land¬ armee zum preußischen Nationaltypus geworden. Auch die norddeutschen Ma¬ trosen mag man in Farbe und Schnitt von andern lieber unterscheiden, als sie zu Copien machen. Zwar sein geliebtes Blau wird sich der Seemann nicht gern nehmen lassen, es ist auch uns altnational und im Wetter die dauerhafteste Farbe. Aber Anderes könnte uns eigen sein. So ist ein prak¬ tischer Vorschlag, den Matrosen einen Rettungsgürtel zu geben, etwa wie ihn die Berliner Feuerwehr trägt, d. h. einen breiten starken Gurt um den Leib mit einem Stahlhaken, welcher sich bei Arbeiten in der Takelage leicht einhaken läßt und sicheren Halt gibt; dieser Gurt ließe sich dann durch rothen Besatz zu einem ferneren augenfälligen Unterscheidungszeichen verwenden, ähnlich wie der italienische Matrose seinen breiten rothen Shawl um den Leib trägt. Gerade die norddeutsche Marine hätte bei der ihr innewohnen¬ den besonderen Tüchtigkeit am wenigsten Anlaß, sich durch Annahme englischer Aeußerlichkeiten als bloße Nachahmung der englischen Flotte hinzustellen und ihre Selbständigkeit zu verdecken. Es versteht sich indessen von selbst, daß wir auf solche Uniforwunterschiede kein besonderes Gewicht legen. Hauptsache ist. daß wir in allen wesentlichen Stücken das Zweck¬ mäßigste einführen. Der Kriegsschiffmatrose führt kein Seitengewehr, während auf den Handelsschiffen die meisten Matrosen ein langes Messer tragen, und obwohl der Kriegsschiffmatrose mit dem Gewehr ausgebildet ist, trägt er dasselbe doch nie. außer wenn er auf Wache steht, oder bei Landungen. Enterungen u. s. w. Die Waffe des Seemanns: Gewehr. Enterbeil, Entersäbel u. s. w. wird überhaupt nicht als zu seiner Person gekörig betrachtet, wie bei der Landarmee, sondern als ein ausschließlich zum Schiff gehöriges Jnventarien- stück, dessen sich der Mann nur im Schiffsdienst bedienen soll. Als Gewehr dient

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 28, 1869, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341809_120686/278>, abgerufen am 04.07.2024.