Die Grenzboten. Jg. 28, 1869, I. Semester. II. Band.marck überhaupt schon zu einem Gegenstande populärer Darstellung macht. Sehen wir uns das Buch genauer an. Wir beginnen mit dem Aeußer- Zunächst fallen die zahlreichen Illustrationen in die Augen; das Buch marck überhaupt schon zu einem Gegenstande populärer Darstellung macht. Sehen wir uns das Buch genauer an. Wir beginnen mit dem Aeußer- Zunächst fallen die zahlreichen Illustrationen in die Augen; das Buch <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0258" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/120945"/> <p xml:id="ID_798" prev="#ID_797"> marck überhaupt schon zu einem Gegenstande populärer Darstellung macht.<lb/> Vor Allem wollen wir, was sich freilich von selbst versteht, die Bemerkung<lb/> nicht unterdrücken, daß wir diese ganze lange Betrachtung nur im Interesse<lb/> unseres deutschen Staatsmannes angestellt haben, durchaus nicht um die Be¬<lb/> fähigung des Herrn Hesekiel zu prüfen, dessen anderweitige literarische Ge¬<lb/> schäftigkeit uns vollkommen gleichgültig gelassen hat. Die Novellen, märki¬<lb/> schen Rittergeschichten, Wappensagen und dergleichen — denn, wie wir sehen,<lb/> treibt seine Thätigkeit wohl vorzugsweise nach dieser Richtung hin ihre Blüthen<lb/> — stehen nicht auf dem Niveau, welches zur Lectüre lockt und Anspruch auf<lb/> eingehende Kritik gibt. Aber nicht gleichgültig ist es uns, daß Graf Bis-<lb/> marck, der Schöpfer unserer staatlichen Gegenwart, die leitende Kraft des<lb/> deutschen Staates, in solche Hände gefallen ist. Das Buch tritt mit einer<lb/> gewissen Prätension auf, es fällt in die Augen, es ist wahrscheinlich sehr<lb/> verbreitet. Und das ist uns leid; denn trotz manchem Neuen und Interessan¬<lb/> ten, das es bringt, ist seine Wirkung jedenfalls eine schädliche; es verbreitet<lb/> falsche Meinungen über unsern nationalen Staatsmann.</p><lb/> <p xml:id="ID_799"> Sehen wir uns das Buch genauer an. Wir beginnen mit dem Aeußer-<lb/> lichen, der Schale. Des zierlich geschwungenen Schwarz - Weiß-Roth auf<lb/> dem Deckel gedachten wir schon, und haben nichts dagegen einzuwenden,<lb/> Graf Bismarck ist ja doch der eigentliche Vater der neuen Nationalfarben,<lb/> er erscheine denn auch in diesem Schmucke. — Herausfordernd klingt aber<lb/> der Titel: „Das Buch vom Grafen Bismarck", das heißt doch ein Buch,<lb/> das Alles zusammenfaßt, was sich nur über den Helden desselben sagen und<lb/> denken läßt. Das wird schwerlich ein Schriftsteller der Gegenwart fertig<lb/> bringen. Hat man die ersten Seiten gelesen, so wirkt der Contrast zwischen<lb/> Titel und Inhalt durchaus komisch. Das große Format ist dem großen<lb/> Namen entsprechend; das Papier elegant und weiß, wie die loyale Seele des<lb/> Herrn Hesekiel; der Druck nicht überall correct.</p><lb/> <p xml:id="ID_800" next="#ID_801"> Zunächst fallen die zahlreichen Illustrationen in die Augen; das Buch<lb/> soll nicht nur ein Lesebuch, auch ein Bilderbuch für das Volk sein. Eine<lb/> Anzahl bildlicher Darstellungen wäre nun jedenfalls ganz willkommen, Gras<lb/> Bismarck selbst in verschiedenen Lebensaltern, die Bilder seiner Eltern, allen¬<lb/> falls auch Großeltern, das väterliche Haus u. s. w.; aber in der Auswahl<lb/> der meisten anderen hat die Geschmacklosigkeit der Zeichner das Möglichste<lb/> geleistet. Wir sprechen hier narürlich nur von der Wahl der Gegenstände;<lb/> das Künstlerische oder Unkünstlerische der Form berührt uns nicht. Da sehen wir<lb/> z. B. S. 13. Frau Bellin, gewiß eine recht brave Frau und treue Diene¬<lb/> rin des Hauses, aber interessirt es das ganze deutsche Volk, zu wissen, wie<lb/> sie aussieht? S. 47. Ein schmollendes Ehepaar im Costüm, des 16. Jahr¬<lb/> hunderts. Der Text lehrt uns, es seien die alten Bismarcke, die sich grä-</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0258]
marck überhaupt schon zu einem Gegenstande populärer Darstellung macht.
Vor Allem wollen wir, was sich freilich von selbst versteht, die Bemerkung
nicht unterdrücken, daß wir diese ganze lange Betrachtung nur im Interesse
unseres deutschen Staatsmannes angestellt haben, durchaus nicht um die Be¬
fähigung des Herrn Hesekiel zu prüfen, dessen anderweitige literarische Ge¬
schäftigkeit uns vollkommen gleichgültig gelassen hat. Die Novellen, märki¬
schen Rittergeschichten, Wappensagen und dergleichen — denn, wie wir sehen,
treibt seine Thätigkeit wohl vorzugsweise nach dieser Richtung hin ihre Blüthen
— stehen nicht auf dem Niveau, welches zur Lectüre lockt und Anspruch auf
eingehende Kritik gibt. Aber nicht gleichgültig ist es uns, daß Graf Bis-
marck, der Schöpfer unserer staatlichen Gegenwart, die leitende Kraft des
deutschen Staates, in solche Hände gefallen ist. Das Buch tritt mit einer
gewissen Prätension auf, es fällt in die Augen, es ist wahrscheinlich sehr
verbreitet. Und das ist uns leid; denn trotz manchem Neuen und Interessan¬
ten, das es bringt, ist seine Wirkung jedenfalls eine schädliche; es verbreitet
falsche Meinungen über unsern nationalen Staatsmann.
Sehen wir uns das Buch genauer an. Wir beginnen mit dem Aeußer-
lichen, der Schale. Des zierlich geschwungenen Schwarz - Weiß-Roth auf
dem Deckel gedachten wir schon, und haben nichts dagegen einzuwenden,
Graf Bismarck ist ja doch der eigentliche Vater der neuen Nationalfarben,
er erscheine denn auch in diesem Schmucke. — Herausfordernd klingt aber
der Titel: „Das Buch vom Grafen Bismarck", das heißt doch ein Buch,
das Alles zusammenfaßt, was sich nur über den Helden desselben sagen und
denken läßt. Das wird schwerlich ein Schriftsteller der Gegenwart fertig
bringen. Hat man die ersten Seiten gelesen, so wirkt der Contrast zwischen
Titel und Inhalt durchaus komisch. Das große Format ist dem großen
Namen entsprechend; das Papier elegant und weiß, wie die loyale Seele des
Herrn Hesekiel; der Druck nicht überall correct.
Zunächst fallen die zahlreichen Illustrationen in die Augen; das Buch
soll nicht nur ein Lesebuch, auch ein Bilderbuch für das Volk sein. Eine
Anzahl bildlicher Darstellungen wäre nun jedenfalls ganz willkommen, Gras
Bismarck selbst in verschiedenen Lebensaltern, die Bilder seiner Eltern, allen¬
falls auch Großeltern, das väterliche Haus u. s. w.; aber in der Auswahl
der meisten anderen hat die Geschmacklosigkeit der Zeichner das Möglichste
geleistet. Wir sprechen hier narürlich nur von der Wahl der Gegenstände;
das Künstlerische oder Unkünstlerische der Form berührt uns nicht. Da sehen wir
z. B. S. 13. Frau Bellin, gewiß eine recht brave Frau und treue Diene¬
rin des Hauses, aber interessirt es das ganze deutsche Volk, zu wissen, wie
sie aussieht? S. 47. Ein schmollendes Ehepaar im Costüm, des 16. Jahr¬
hunderts. Der Text lehrt uns, es seien die alten Bismarcke, die sich grä-
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